Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.Vorrede. Verse anbelanget/ ist vor andern Nationen ihr unstrei-tiger Ruhm/ daß sie darinnen vollkommrn sind; doch nicht alle/ die sich aus lächerlicher Hochmuth dafür aus- geben. Dahero klinget sehr abgeschmackt: Wir über- treffen die Ausländer; und wer die harten Elisiones fast in jeder Zeilen/ die verworffene Construction, die überhüpffte Caesur oder Abschnitt in langen Versen/ ja die ümgetauffte oder neugebohrne Foeminina im Teutschen. Z. E. daß er eine Affe/ vor ein Affe ist/ und dergleichen Poetisches Auskehricht erblicket/ wird die wolfliessende Lieblichkeit mit funffzehen Laternen nicht zu finden wissen. Doch ich rede nur von dem/ was ei- nes unteutschen Versmachers Prahlerey leget/ andere gute Gedancken können bey Gescheuten nach Verdienst sich einen Beyfall erwerben. Die Schreib-Art in diesen wenigen Blättern ist Mi
Vorrede. Verſe anbelanget/ iſt vor andern Nationen ihr unſtrei-tiger Ruhm/ daß ſie darinnen vollkommrn ſind; doch nicht alle/ die ſich aus laͤcherlicher Hochmuth dafuͤr aus- geben. Dahero klinget ſehr abgeſchmackt: Wir uͤber- treffen die Auslaͤnder; und wer die harten Eliſiones faſt in jeder Zeilen/ die verworffene Conſtruction, die uͤberhuͤpffte Cæſur oder Abſchnitt in langen Verſen/ ja die uͤmgetauffte oder neugebohrne Fœminina im Teutſchen. Z. E. daß er eine Affe/ vor ein Affe iſt/ und dergleichen Poetiſches Auskehricht erblicket/ wird die wolflieſſende Lieblichkeit mit funffzehen Laternen nicht zu finden wiſſen. Doch ich rede nur von dem/ was ei- nes unteutſchen Versmachers Prahlerey leget/ andere gute Gedancken koͤnnen bey Geſcheuten nach Verdienſt ſich einen Beyfall erwerben. Die Schreib-Art in dieſen wenigen Blaͤttern iſt Mi
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0009"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Vorrede</hi>.</fw><lb/> Verſe anbelanget/ iſt vor andern Nationen ihr unſtrei-<lb/> tiger Ruhm/ daß ſie darinnen vollkommrn ſind; doch<lb/> nicht alle/ die ſich aus laͤcherlicher Hochmuth dafuͤr aus-<lb/> geben. Dahero klinget ſehr abgeſchmackt: Wir uͤber-<lb/> treffen die Auslaͤnder; und wer die harten <hi rendition="#aq">Eliſiones</hi><lb/> faſt in jeder Zeilen/ die verworffene <hi rendition="#aq">Conſtruction</hi>, die<lb/> uͤberhuͤpffte <hi rendition="#aq">Cæſur</hi> oder Abſchnitt in langen Verſen/<lb/> ja die uͤmgetauffte oder neugebohrne <hi rendition="#aq">Fœminina</hi> im<lb/> Teutſchen. Z. E. daß er eine Affe/ vor ein Affe iſt/ und<lb/> dergleichen Poetiſches Auskehricht erblicket/ wird die<lb/> wolflieſſende Lieblichkeit mit funffzehen Laternen nicht<lb/> zu finden wiſſen. Doch ich rede nur von dem/ was ei-<lb/> nes unteutſchen Versmachers Prahlerey leget/ andere<lb/> gute Gedancken koͤnnen bey Geſcheuten nach Verdienſt<lb/> ſich einen Beyfall erwerben.</p><lb/> <p>Die Schreib-Art in dieſen wenigen Blaͤttern iſt<lb/> ſonſten leicht/ und wird mich keiner beſchuldigen/ daß<lb/> ich durch dunckele und unverſtaͤndliche Redens-Arten<lb/> mich jemanden zum <hi rendition="#aq">Oracul</hi> auffdringen wil/ der mei-<lb/> ne Meinung zu faſſen gedencket. Die Satyriſche und<lb/> Schertzhaffte nun betreffend/ ſolches ſind ungeheuchel-<lb/> te Gedancken uͤber unterſchiedliche Mißgeburthen ei-<lb/> ner reiffen Vernunfft oder geſchickten Aufffuͤhrung/<lb/> davon man aus Lobwuͤrdigen Haß uͤber dergleichen<lb/> Thorheit nicht aber aus <hi rendition="#aq">Privat</hi>-Affecten ſchreiben<lb/> darff/ und ſo der geneigte Leſer manches eben ſo wol er-<lb/> kennen lernen/ wuͤrde ſeine Feder noch ſpitziger als die<lb/> Meinige geweſen ſeyn. Ich haͤtte ihrer viel noch derer<lb/> Gattung anbeyfuͤgen koͤnnen; allein die Vorſicht/<lb/> niemanden durch bekandte Umſtaͤnde zu beleidigen/ und<lb/> eine geheime Uberlegung halten mich vor dißmahl noch<lb/> ab/ der Richt-gierigen Welt ſolche zu <hi rendition="#aq">communici</hi>ren.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Mi</fw><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0009]
Vorrede.
Verſe anbelanget/ iſt vor andern Nationen ihr unſtrei-
tiger Ruhm/ daß ſie darinnen vollkommrn ſind; doch
nicht alle/ die ſich aus laͤcherlicher Hochmuth dafuͤr aus-
geben. Dahero klinget ſehr abgeſchmackt: Wir uͤber-
treffen die Auslaͤnder; und wer die harten Eliſiones
faſt in jeder Zeilen/ die verworffene Conſtruction, die
uͤberhuͤpffte Cæſur oder Abſchnitt in langen Verſen/
ja die uͤmgetauffte oder neugebohrne Fœminina im
Teutſchen. Z. E. daß er eine Affe/ vor ein Affe iſt/ und
dergleichen Poetiſches Auskehricht erblicket/ wird die
wolflieſſende Lieblichkeit mit funffzehen Laternen nicht
zu finden wiſſen. Doch ich rede nur von dem/ was ei-
nes unteutſchen Versmachers Prahlerey leget/ andere
gute Gedancken koͤnnen bey Geſcheuten nach Verdienſt
ſich einen Beyfall erwerben.
Die Schreib-Art in dieſen wenigen Blaͤttern iſt
ſonſten leicht/ und wird mich keiner beſchuldigen/ daß
ich durch dunckele und unverſtaͤndliche Redens-Arten
mich jemanden zum Oracul auffdringen wil/ der mei-
ne Meinung zu faſſen gedencket. Die Satyriſche und
Schertzhaffte nun betreffend/ ſolches ſind ungeheuchel-
te Gedancken uͤber unterſchiedliche Mißgeburthen ei-
ner reiffen Vernunfft oder geſchickten Aufffuͤhrung/
davon man aus Lobwuͤrdigen Haß uͤber dergleichen
Thorheit nicht aber aus Privat-Affecten ſchreiben
darff/ und ſo der geneigte Leſer manches eben ſo wol er-
kennen lernen/ wuͤrde ſeine Feder noch ſpitziger als die
Meinige geweſen ſeyn. Ich haͤtte ihrer viel noch derer
Gattung anbeyfuͤgen koͤnnen; allein die Vorſicht/
niemanden durch bekandte Umſtaͤnde zu beleidigen/ und
eine geheime Uberlegung halten mich vor dißmahl noch
ab/ der Richt-gierigen Welt ſolche zu communiciren.
Mi
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |