Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.Vorrede. als derer machen/ die ihre Zeit unnützlich da-mit verschwenden. So aber haben die Bege- benheiten anderer/ ihre Ausschweiffungen/ ja Ruhm und tadlens-würdige Zufälle meiner Feder die Mühe gegeben/ die müssigen und vergnügtesten Stunden damit zuzubringen/ und das Belieben Etlicher/ das sich auch zu- weilen nach etwas Unvollkommenes erstrecket/ hat sie nicht so wol unter die Presse genöthiget/ als einige Bewegungs-Gründe/ die auch kein Oedipus in Durchlesung etlicher Gedichte wohl errathen kan. Nun ist man zu Erkennung anderer Fehler Gewiß/ es ist ein schlechtes Kennzeichen ei- sich
Vorrede. als derer machen/ die ihre Zeit unnuͤtzlich da-mit verſchwenden. So aber haben die Bege- benheiten anderer/ ihre Ausſchweiffungen/ ja Ruhm und tadlens-wuͤrdige Zufaͤlle meiner Feder die Muͤhe gegeben/ die muͤſſigen und vergnuͤgteſten Stunden damit zuzubringen/ und das Belieben Etlicher/ das ſich auch zu- weilen nach etwas Unvollkommenes eꝛſtrecket/ hat ſie nicht ſo wol unter die Preſſe genoͤthiget/ als einige Bewegungs-Gruͤnde/ die auch kein Oedipus in Durchleſung etlicher Gedichte wohl errathen kan. Nun iſt man zu Erkennung anderer Fehler Gewiß/ es iſt ein ſchlechtes Kennzeichen ei- ſich
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0006"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Vorrede</hi>.</fw><lb/> als derer machen/ die ihre Zeit unnuͤtzlich da-<lb/> mit verſchwenden. So aber haben die Bege-<lb/> benheiten anderer/ ihre Ausſchweiffungen/ ja<lb/> Ruhm und tadlens-wuͤrdige Zufaͤlle meiner<lb/> Feder die Muͤhe gegeben/ die muͤſſigen und<lb/> vergnuͤgteſten Stunden damit zuzubringen/<lb/> und das Belieben Etlicher/ das ſich auch zu-<lb/> weilen nach etwas Unvollkommenes eꝛſtrecket/<lb/> hat ſie nicht ſo wol unter die Preſſe genoͤthiget/<lb/> als einige Bewegungs-Gruͤnde/ die auch kein<lb/><hi rendition="#aq">Oedipus</hi> in Durchleſung etlicher Gedichte<lb/> wohl errathen kan.</p><lb/> <p>Nun iſt man zu Erkennung anderer Fehler<lb/> gemeiniglich ſcharffſichtiger/ als bey ſeinen ei-<lb/> genen/ und dahero werden viele bey Lichte mit<lb/> ſpitzen Augen erſehen/ was den Ihrigen zuwei-<lb/> len ſelber verborgen iſt. Doch wie es eben nicht<lb/> ruͤhmlich/ dasjenige allzuſehr zu tadeln/ wel-<lb/> ches keinen Ruhm verlanget/ wenn es ſelbigen<lb/> gleich <hi rendition="#aq">meritir</hi>te: ſo verhoffe auch deswegen ei-<lb/> ne guͤtige <hi rendition="#aq">Cenſur,</hi> daß ich meine Vernunfft in<lb/> Urtheilen uͤber unvergleichliche Leute nicht ver-<lb/> pachtet/ durch deren herrliche Anleitung man<lb/> erſt ein reiffes <hi rendition="#aq">Judicium</hi> erwerben muß.</p><lb/> <p>Gewiß/ es iſt ein ſchlechtes Kennzeichen ei-<lb/> nes geſunden Verſtandes/ dasjenige unge-<lb/> reimt zu nennen/ welches durch die Vollkom-<lb/> menheit eines hohen Geiſtes bey den Kluͤgſten<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſich</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0006]
Vorrede.
als derer machen/ die ihre Zeit unnuͤtzlich da-
mit verſchwenden. So aber haben die Bege-
benheiten anderer/ ihre Ausſchweiffungen/ ja
Ruhm und tadlens-wuͤrdige Zufaͤlle meiner
Feder die Muͤhe gegeben/ die muͤſſigen und
vergnuͤgteſten Stunden damit zuzubringen/
und das Belieben Etlicher/ das ſich auch zu-
weilen nach etwas Unvollkommenes eꝛſtrecket/
hat ſie nicht ſo wol unter die Preſſe genoͤthiget/
als einige Bewegungs-Gruͤnde/ die auch kein
Oedipus in Durchleſung etlicher Gedichte
wohl errathen kan.
Nun iſt man zu Erkennung anderer Fehler
gemeiniglich ſcharffſichtiger/ als bey ſeinen ei-
genen/ und dahero werden viele bey Lichte mit
ſpitzen Augen erſehen/ was den Ihrigen zuwei-
len ſelber verborgen iſt. Doch wie es eben nicht
ruͤhmlich/ dasjenige allzuſehr zu tadeln/ wel-
ches keinen Ruhm verlanget/ wenn es ſelbigen
gleich meritirte: ſo verhoffe auch deswegen ei-
ne guͤtige Cenſur, daß ich meine Vernunfft in
Urtheilen uͤber unvergleichliche Leute nicht ver-
pachtet/ durch deren herrliche Anleitung man
erſt ein reiffes Judicium erwerben muß.
Gewiß/ es iſt ein ſchlechtes Kennzeichen ei-
nes geſunden Verſtandes/ dasjenige unge-
reimt zu nennen/ welches durch die Vollkom-
menheit eines hohen Geiſtes bey den Kluͤgſten
ſich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/6 |
Zitationshilfe: | Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/6>, abgerufen am 16.02.2025. |