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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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besonderes Verfahren genau beobachtet werden mußte.
Er wünschte hievon, außer der Anwendung in sei-
ner eigenen Praxis, einen Vortheil zu ziehen, und
schrieb deshalb ein Büchelchen, worin er sowohl das
Mittel selbst, als die Art des Gebrauchs und das
Verhalten des Kranken umständlich angab. Dies
Buch ließ er unter seinen Augen drucken, nahm die
abgezogenen Exemplare zu sich, und verkaufte sie,
eins hier, das andere dort zu sehr hohem Preise
ohne alle weitere Bedingung. Einer der Käufer
fand es vortheilhaft für sich und nützlich für An-
dere, die ihm von dem Arzt verkaufte Vorschrift,
durch mehrere hundert Abdrücke zu vervielfältigen,
und zu einem weit geringern Preise zu verkaufen.
Der Käufer kamen bald sehr viele, denn gerade
war jene schreckliche Krankheit an mehreren Orten
ausgebrochen, und der Arzt, der Verfasser und
Urverleger, hielt fortwährend die Urabdrücke seines
Buchs in so unerschwinglichem Preise, daß manche
arme Leute sie gar nicht, manche sie nur mit der
größten Beschwerde kaufen konnten. Sie wandten
sich deshalb sämmtlich an den Nachdrucker, und der
Herr Doktor Prellhans, so hieß der Arzt, blieb
mit einem großen Theil seiner starken Auflage
sitzen. Jetzt klagte er gegen den Nachdrucker, der
ihm, wie er behauptete, nicht allein durch die Ver-
breitung seiner ärztlichen Vorschrift an dem Absatze
seiner Urabdrücke, sondern sogar in seiner Praxis

beſonderes Verfahren genau beobachtet werden mußte.
Er wuͤnſchte hievon, außer der Anwendung in ſei-
ner eigenen Praxis, einen Vortheil zu ziehen, und
ſchrieb deshalb ein Buͤchelchen, worin er ſowohl das
Mittel ſelbſt, als die Art des Gebrauchs und das
Verhalten des Kranken umſtaͤndlich angab. Dies
Buch ließ er unter ſeinen Augen drucken, nahm die
abgezogenen Exemplare zu ſich, und verkaufte ſie,
eins hier, das andere dort zu ſehr hohem Preiſe
ohne alle weitere Bedingung. Einer der Kaͤufer
fand es vortheilhaft fuͤr ſich und nuͤtzlich fuͤr An-
dere, die ihm von dem Arzt verkaufte Vorſchrift,
durch mehrere hundert Abdruͤcke zu vervielfaͤltigen,
und zu einem weit geringern Preiſe zu verkaufen.
Der Kaͤufer kamen bald ſehr viele, denn gerade
war jene ſchreckliche Krankheit an mehreren Orten
ausgebrochen, und der Arzt, der Verfaſſer und
Urverleger, hielt fortwaͤhrend die Urabdruͤcke ſeines
Buchs in ſo unerſchwinglichem Preiſe, daß manche
arme Leute ſie gar nicht, manche ſie nur mit der
groͤßten Beſchwerde kaufen konnten. Sie wandten
ſich deshalb ſaͤmmtlich an den Nachdrucker, und der
Herr Doktor Prellhans, ſo hieß der Arzt, blieb
mit einem großen Theil ſeiner ſtarken Auflage
ſitzen. Jetzt klagte er gegen den Nachdrucker, der
ihm, wie er behauptete, nicht allein durch die Ver-
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[58/0058] beſonderes Verfahren genau beobachtet werden mußte. Er wuͤnſchte hievon, außer der Anwendung in ſei- ner eigenen Praxis, einen Vortheil zu ziehen, und ſchrieb deshalb ein Buͤchelchen, worin er ſowohl das Mittel ſelbſt, als die Art des Gebrauchs und das Verhalten des Kranken umſtaͤndlich angab. Dies Buch ließ er unter ſeinen Augen drucken, nahm die abgezogenen Exemplare zu ſich, und verkaufte ſie, eins hier, das andere dort zu ſehr hohem Preiſe ohne alle weitere Bedingung. Einer der Kaͤufer fand es vortheilhaft fuͤr ſich und nuͤtzlich fuͤr An- dere, die ihm von dem Arzt verkaufte Vorſchrift, durch mehrere hundert Abdruͤcke zu vervielfaͤltigen, und zu einem weit geringern Preiſe zu verkaufen. Der Kaͤufer kamen bald ſehr viele, denn gerade war jene ſchreckliche Krankheit an mehreren Orten ausgebrochen, und der Arzt, der Verfaſſer und Urverleger, hielt fortwaͤhrend die Urabdruͤcke ſeines Buchs in ſo unerſchwinglichem Preiſe, daß manche arme Leute ſie gar nicht, manche ſie nur mit der groͤßten Beſchwerde kaufen konnten. Sie wandten ſich deshalb ſaͤmmtlich an den Nachdrucker, und der Herr Doktor Prellhans, ſo hieß der Arzt, blieb mit einem großen Theil ſeiner ſtarken Auflage ſitzen. Jetzt klagte er gegen den Nachdrucker, der ihm, wie er behauptete, nicht allein durch die Ver- breitung ſeiner aͤrztlichen Vorſchrift an dem Abſatze ſeiner Urabdruͤcke, ſondern ſogar in ſeiner Praxis

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/58>, abgerufen am 06.05.2024.