Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

"Sey es eine Parabel -- Parabeln versinnlichen
und lehren!"

Und Sie, meine Herren Buchhändler, hätten
Sie doch früher beherziget, wie reich an fruchtbaren
praktischen Folgerungen der unumstößliche Grund-
satz ist, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr
und Absatze, sey es auch durch die erlaubteste und
rechtmäßigste Handlung von der Welt, im Minde-
sten nachtheilig wird, der schlechteste Mensch und
der ärgste Dieb und Räuber ist, so würden Sie
nicht allein gegen die Nachdrucker, sondern mit
gleichem Rechte gegen die Bücherverleiher und gegen
Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er
blos geliehen hat, über Raub und Diebstahl geklagt
haben. Auf jeden Fall thaten Sie sehr unrecht
gegen Sich Selbst und Jhren Verkehr, daß Sie
Jhrer Beschwerde nicht diese Ausdehnung gaben.
Da übrigens nach Jhrer eigenen Behaup-
tung alles Unrechtmäßige und Ehrlose
des Nachdrucks nicht in der Handlung des
Nachdruckens selbst, sondern blos in dem
vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen
dadurch entsteht, so frägt sich immer:
mit welchem Recht soll der Sittenlehrer
wohl den Nachdruck als unmoralisch ver-
dammen, und der Gesetzgeber ihn als

die Debatten über den Büchernachdruck
(Stuttgart 1822) S. 1207.

»Sey es eine Parabel — Parabeln verſinnlichen
und lehren!«

Und Sie, meine Herren Buchhaͤndler, haͤtten
Sie doch fruͤher beherziget, wie reich an fruchtbaren
praktiſchen Folgerungen der unumſtoͤßliche Grund-
ſatz iſt, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr
und Abſatze, ſey es auch durch die erlaubteſte und
rechtmaͤßigſte Handlung von der Welt, im Minde-
ſten nachtheilig wird, der ſchlechteſte Menſch und
der aͤrgſte Dieb und Raͤuber iſt, ſo wuͤrden Sie
nicht allein gegen die Nachdrucker, ſondern mit
gleichem Rechte gegen die Buͤcherverleiher und gegen
Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er
blos geliehen hat, uͤber Raub und Diebſtahl geklagt
haben. Auf jeden Fall thaten Sie ſehr unrecht
gegen Sich Selbſt und Jhren Verkehr, daß Sie
Jhrer Beſchwerde nicht dieſe Ausdehnung gaben.
Da uͤbrigens nach Jhrer eigenen Behaup-
tung alles Unrechtmaͤßige und Ehrloſe
des Nachdrucks nicht in der Handlung des
Nachdruckens ſelbſt, ſondern blos in dem
vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen
dadurch entſteht, ſo fraͤgt ſich immer:
mit welchem Recht ſoll der Sittenlehrer
wohl den Nachdruck als unmoraliſch ver-
dammen, und der Geſetzgeber ihn als

die Debatten uͤber den Buͤchernachdruck
(Stuttgart 1822) S. 1207.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033" n="33"/>
»Sey es eine Parabel &#x2014; Parabeln ver&#x017F;innlichen<lb/>
und lehren!«</p><lb/>
        <p>Und Sie, meine Herren Buchha&#x0364;ndler, ha&#x0364;tten<lb/>
Sie doch fru&#x0364;her beherziget, wie reich an fruchtbaren<lb/>
prakti&#x017F;chen Folgerungen der unum&#x017F;to&#x0364;ßliche Grund-<lb/>
&#x017F;atz i&#x017F;t, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr<lb/>
und Ab&#x017F;atze, &#x017F;ey es auch durch die erlaubte&#x017F;te und<lb/>
rechtma&#x0364;ßig&#x017F;te Handlung von der Welt, im Minde-<lb/>
&#x017F;ten nachtheilig wird, der &#x017F;chlechte&#x017F;te Men&#x017F;ch und<lb/>
der a&#x0364;rg&#x017F;te Dieb und Ra&#x0364;uber i&#x017F;t, &#x017F;o wu&#x0364;rden Sie<lb/>
nicht allein gegen die Nachdrucker, &#x017F;ondern mit<lb/>
gleichem Rechte gegen die Bu&#x0364;cherverleiher und gegen<lb/>
Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er<lb/>
blos geliehen hat, u&#x0364;ber Raub und Dieb&#x017F;tahl geklagt<lb/>
haben. Auf jeden Fall thaten Sie &#x017F;ehr unrecht<lb/>
gegen Sich Selb&#x017F;t und <hi rendition="#g">Jhren Verkehr,</hi> daß Sie<lb/>
Jhrer Be&#x017F;chwerde nicht die&#x017F;e Ausdehnung gaben.<lb/><hi rendition="#g">Da u&#x0364;brigens nach Jhrer eigenen Behaup-<lb/>
tung alles Unrechtma&#x0364;ßige und Ehrlo&#x017F;e<lb/>
des Nachdrucks nicht in der Handlung des<lb/>
Nachdruckens &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern blos in dem<lb/>
vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen<lb/>
dadurch ent&#x017F;teht, &#x017F;o fra&#x0364;gt &#x017F;ich immer:<lb/>
mit welchem Recht &#x017F;oll der Sittenlehrer<lb/>
wohl den Nachdruck als unmorali&#x017F;ch ver-<lb/>
dammen, und der Ge&#x017F;etzgeber ihn als</hi><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="*)">die <hi rendition="#g">Debatten u&#x0364;ber den Bu&#x0364;chernachdruck</hi><lb/>
(Stuttgart 1822) S. 1207.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0033] »Sey es eine Parabel — Parabeln verſinnlichen und lehren!« Und Sie, meine Herren Buchhaͤndler, haͤtten Sie doch fruͤher beherziget, wie reich an fruchtbaren praktiſchen Folgerungen der unumſtoͤßliche Grund- ſatz iſt, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr und Abſatze, ſey es auch durch die erlaubteſte und rechtmaͤßigſte Handlung von der Welt, im Minde- ſten nachtheilig wird, der ſchlechteſte Menſch und der aͤrgſte Dieb und Raͤuber iſt, ſo wuͤrden Sie nicht allein gegen die Nachdrucker, ſondern mit gleichem Rechte gegen die Buͤcherverleiher und gegen Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er blos geliehen hat, uͤber Raub und Diebſtahl geklagt haben. Auf jeden Fall thaten Sie ſehr unrecht gegen Sich Selbſt und Jhren Verkehr, daß Sie Jhrer Beſchwerde nicht dieſe Ausdehnung gaben. Da uͤbrigens nach Jhrer eigenen Behaup- tung alles Unrechtmaͤßige und Ehrloſe des Nachdrucks nicht in der Handlung des Nachdruckens ſelbſt, ſondern blos in dem vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen dadurch entſteht, ſo fraͤgt ſich immer: mit welchem Recht ſoll der Sittenlehrer wohl den Nachdruck als unmoraliſch ver- dammen, und der Geſetzgeber ihn als *) *) die Debatten uͤber den Buͤchernachdruck (Stuttgart 1822) S. 1207.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/33
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/33>, abgerufen am 24.04.2024.