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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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sen; dann ist es Pflicht jeder vernünftigen Regie-
rung, sowohl gegen die Verblendeten selbst, als ge-
gen deren Angehörige und Mitbürger, dem Unwe-
sen Einhalt zu thun. Will man hier den Schein
einer willkührlichen Gewaltsamkeit vermeiden, den
man doch bei andern Gelegenheiten, wenn z. B.
von demagogischen Umtrieben die Rede ist, gar
nicht scheuet, so wähle man den Weg der Beleh-
rung, und suche nach Möglichkeit die Wall-
fahrten zu erschweren. Häufig haben die letztern
mehr noch den Zweck, künftige Bosheiten zu ver-
söhnen *), als jene, die schon vollbracht sind. Mit
dem, am Wallfahrtsort gekauften Ablaß in der
Hand geht der abergläubische Sünder in seine Hei-
math zurück, und raubt, brennt, mordet und
stiehlt, was er sonst nimmer gethan haben würde,
wenn er nicht sein Gewissen vorher durch einen
geistlichen Schlaftrunk in Sicherheit gebracht hätte.
Betrachtet man außerdem noch die Lebensweise der

*) Eine junge Tyrolerin erzählte mir einst ganz un-
befangen, sie sey vor mehreren Jahren schwanger
gewesen, und deshalb nach Einsiedeln gewallfahrtet,
um nachher ihr Kind umbringen zu können, wel-
ches sie auch wirklich gleich nach ihrer Niederkunft
gethan hatte. Jch schauderte bei diesem eben so ab-
scheulichen, als arglosen Geständnisse! O, Pfaffen,
wie viel unschuldiges Blut ist durch euch schon ver-
gossen!
27 *

ſen; dann iſt es Pflicht jeder vernuͤnftigen Regie-
rung, ſowohl gegen die Verblendeten ſelbſt, als ge-
gen deren Angehoͤrige und Mitbuͤrger, dem Unwe-
ſen Einhalt zu thun. Will man hier den Schein
einer willkuͤhrlichen Gewaltſamkeit vermeiden, den
man doch bei andern Gelegenheiten, wenn z. B.
von demagogiſchen Umtrieben die Rede iſt, gar
nicht ſcheuet, ſo waͤhle man den Weg der Beleh-
rung, und ſuche nach Moͤglichkeit die Wall-
fahrten zu erſchweren. Haͤufig haben die letztern
mehr noch den Zweck, kuͤnftige Bosheiten zu ver-
ſoͤhnen *), als jene, die ſchon vollbracht ſind. Mit
dem, am Wallfahrtsort gekauften Ablaß in der
Hand geht der aberglaͤubiſche Suͤnder in ſeine Hei-
math zuruͤck, und raubt, brennt, mordet und
ſtiehlt, was er ſonſt nimmer gethan haben wuͤrde,
wenn er nicht ſein Gewiſſen vorher durch einen
geiſtlichen Schlaftrunk in Sicherheit gebracht haͤtte.
Betrachtet man außerdem noch die Lebensweiſe der

*) Eine junge Tyrolerin erzaͤhlte mir einſt ganz un-
befangen, ſie ſey vor mehreren Jahren ſchwanger
geweſen, und deshalb nach Einſiedeln gewallfahrtet,
um nachher ihr Kind umbringen zu koͤnnen, wel-
ches ſie auch wirklich gleich nach ihrer Niederkunft
gethan hatte. Jch ſchauderte bei dieſem eben ſo ab-
ſcheulichen, als argloſen Geſtaͤndniſſe! O, Pfaffen,
wie viel unſchuldiges Blut iſt durch euch ſchon ver-
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27 *
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[315/0315] ſen; dann iſt es Pflicht jeder vernuͤnftigen Regie- rung, ſowohl gegen die Verblendeten ſelbſt, als ge- gen deren Angehoͤrige und Mitbuͤrger, dem Unwe- ſen Einhalt zu thun. Will man hier den Schein einer willkuͤhrlichen Gewaltſamkeit vermeiden, den man doch bei andern Gelegenheiten, wenn z. B. von demagogiſchen Umtrieben die Rede iſt, gar nicht ſcheuet, ſo waͤhle man den Weg der Beleh- rung, und ſuche nach Moͤglichkeit die Wall- fahrten zu erſchweren. Haͤufig haben die letztern mehr noch den Zweck, kuͤnftige Bosheiten zu ver- ſoͤhnen *), als jene, die ſchon vollbracht ſind. Mit dem, am Wallfahrtsort gekauften Ablaß in der Hand geht der aberglaͤubiſche Suͤnder in ſeine Hei- math zuruͤck, und raubt, brennt, mordet und ſtiehlt, was er ſonſt nimmer gethan haben wuͤrde, wenn er nicht ſein Gewiſſen vorher durch einen geiſtlichen Schlaftrunk in Sicherheit gebracht haͤtte. Betrachtet man außerdem noch die Lebensweiſe der *) Eine junge Tyrolerin erzaͤhlte mir einſt ganz un- befangen, ſie ſey vor mehreren Jahren ſchwanger geweſen, und deshalb nach Einſiedeln gewallfahrtet, um nachher ihr Kind umbringen zu koͤnnen, wel- ches ſie auch wirklich gleich nach ihrer Niederkunft gethan hatte. Jch ſchauderte bei dieſem eben ſo ab- ſcheulichen, als argloſen Geſtaͤndniſſe! O, Pfaffen, wie viel unſchuldiges Blut iſt durch euch ſchon ver- goſſen! 27 *

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/315>, abgerufen am 25.11.2024.