Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

widerrechtlichen Anmaßung, den unedelsten selbst-
süchtigsten Leidenschaften, und dem Aberglauben
und der Einfalt des rohen Haufens. Lächeln muß
man, wenn sogar noch protestantische Pfarrer sich
für "unmittelbar von Gott berufene Diener der
Religion" ausgeben. Diese fromme Prahlerei paßt
nicht übel zu der christlichen Demuth, und steht
den Männern Gottes besonders dann sehr wohl,
wenn sie durch Schleichwege, durch Bestechungen
oder wohl gar durch die Schürze zum Besitz ihres
Schafstalls gelangt sind.

Gerne glauben wir es, daß unsere Dalai-La-
ma's, Päbste, Mufti's, Bischöfe, Pastoren, Patres,
und wie die Herren sich weiter zu nennen belieben,
für das Seelenheil der Menschheit ganz unentbehr-
lich sind; nur sollten sie in unsern Zeiten sich ja
nicht mehr das Ansehen geben, als ständen sie im
nähern vertrautern Umgange mit der Gottheit,
denn durch Aufschneidereien der Art, und wären
sie noch so leise ausgesprochen, werden sie dem Ge-
bildeten lächerlich, und hindern selbst das Gute,
was sie durch ihre Lehren bewirken könnten. Der
heilige Geist flattert nicht mehr in Taubengestalt
auf der Erde umher; er theilt an die Ehrenmän-
ner von der schwarzen Legion keine Wundergaben
mehr aus, und daß sie durch Ordination und
Priesterweihe gleichfalls nicht klüger und frömmer
werden, sieht man ja täglich. Besonders sollten

widerrechtlichen Anmaßung, den unedelſten ſelbſt-
ſuͤchtigſten Leidenſchaften, und dem Aberglauben
und der Einfalt des rohen Haufens. Laͤcheln muß
man, wenn ſogar noch proteſtantiſche Pfarrer ſich
fuͤr »unmittelbar von Gott berufene Diener der
Religion« ausgeben. Dieſe fromme Prahlerei paßt
nicht uͤbel zu der chriſtlichen Demuth, und ſteht
den Maͤnnern Gottes beſonders dann ſehr wohl,
wenn ſie durch Schleichwege, durch Beſtechungen
oder wohl gar durch die Schuͤrze zum Beſitz ihres
Schafſtalls gelangt ſind.

Gerne glauben wir es, daß unſere Dalai-La-
ma’s, Paͤbſte, Mufti’s, Biſchoͤfe, Paſtoren, Patres,
und wie die Herren ſich weiter zu nennen belieben,
fuͤr das Seelenheil der Menſchheit ganz unentbehr-
lich ſind; nur ſollten ſie in unſern Zeiten ſich ja
nicht mehr das Anſehen geben, als ſtaͤnden ſie im
naͤhern vertrautern Umgange mit der Gottheit,
denn durch Aufſchneidereien der Art, und waͤren
ſie noch ſo leiſe ausgeſprochen, werden ſie dem Ge-
bildeten laͤcherlich, und hindern ſelbſt das Gute,
was ſie durch ihre Lehren bewirken koͤnnten. Der
heilige Geiſt flattert nicht mehr in Taubengeſtalt
auf der Erde umher; er theilt an die Ehrenmaͤn-
ner von der ſchwarzen Legion keine Wundergaben
mehr aus, und daß ſie durch Ordination und
Prieſterweihe gleichfalls nicht kluͤger und froͤmmer
werden, ſieht man ja taͤglich. Beſonders ſollten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0238" n="238"/>
widerrechtlichen Anmaßung, den unedel&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;chtig&#x017F;ten Leiden&#x017F;chaften, und dem Aberglauben<lb/>
und der Einfalt des rohen Haufens. La&#x0364;cheln muß<lb/>
man, wenn &#x017F;ogar noch prote&#x017F;tanti&#x017F;che Pfarrer &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;r »unmittelbar von Gott berufene Diener der<lb/>
Religion« ausgeben. Die&#x017F;e fromme Prahlerei paßt<lb/>
nicht u&#x0364;bel zu der chri&#x017F;tlichen Demuth, und &#x017F;teht<lb/>
den Ma&#x0364;nnern Gottes be&#x017F;onders dann &#x017F;ehr wohl,<lb/>
wenn &#x017F;ie durch Schleichwege, durch Be&#x017F;techungen<lb/>
oder wohl gar durch die Schu&#x0364;rze zum Be&#x017F;itz ihres<lb/>
Schaf&#x017F;talls gelangt &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Gerne glauben wir es, daß un&#x017F;ere Dalai-La-<lb/>
ma&#x2019;s, Pa&#x0364;b&#x017F;te, Mufti&#x2019;s, Bi&#x017F;cho&#x0364;fe, Pa&#x017F;toren, Patres,<lb/>
und wie die Herren &#x017F;ich weiter zu nennen belieben,<lb/>
fu&#x0364;r das Seelenheil der Men&#x017F;chheit ganz unentbehr-<lb/>
lich &#x017F;ind; nur &#x017F;ollten &#x017F;ie in un&#x017F;ern Zeiten &#x017F;ich ja<lb/>
nicht mehr das An&#x017F;ehen geben, als &#x017F;ta&#x0364;nden &#x017F;ie im<lb/>
na&#x0364;hern vertrautern Umgange mit der Gottheit,<lb/>
denn durch Auf&#x017F;chneidereien der Art, und wa&#x0364;ren<lb/>
&#x017F;ie noch &#x017F;o lei&#x017F;e ausge&#x017F;prochen, werden &#x017F;ie dem Ge-<lb/>
bildeten la&#x0364;cherlich, und hindern &#x017F;elb&#x017F;t das Gute,<lb/>
was &#x017F;ie durch ihre Lehren bewirken ko&#x0364;nnten. Der<lb/>
heilige Gei&#x017F;t flattert nicht mehr in Taubenge&#x017F;talt<lb/>
auf der Erde umher; er theilt an die Ehrenma&#x0364;n-<lb/>
ner von der &#x017F;chwarzen Legion keine Wundergaben<lb/>
mehr aus, und daß &#x017F;ie durch Ordination und<lb/>
Prie&#x017F;terweihe gleichfalls nicht klu&#x0364;ger und fro&#x0364;mmer<lb/>
werden, &#x017F;ieht man ja ta&#x0364;glich. Be&#x017F;onders &#x017F;ollten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0238] widerrechtlichen Anmaßung, den unedelſten ſelbſt- ſuͤchtigſten Leidenſchaften, und dem Aberglauben und der Einfalt des rohen Haufens. Laͤcheln muß man, wenn ſogar noch proteſtantiſche Pfarrer ſich fuͤr »unmittelbar von Gott berufene Diener der Religion« ausgeben. Dieſe fromme Prahlerei paßt nicht uͤbel zu der chriſtlichen Demuth, und ſteht den Maͤnnern Gottes beſonders dann ſehr wohl, wenn ſie durch Schleichwege, durch Beſtechungen oder wohl gar durch die Schuͤrze zum Beſitz ihres Schafſtalls gelangt ſind. Gerne glauben wir es, daß unſere Dalai-La- ma’s, Paͤbſte, Mufti’s, Biſchoͤfe, Paſtoren, Patres, und wie die Herren ſich weiter zu nennen belieben, fuͤr das Seelenheil der Menſchheit ganz unentbehr- lich ſind; nur ſollten ſie in unſern Zeiten ſich ja nicht mehr das Anſehen geben, als ſtaͤnden ſie im naͤhern vertrautern Umgange mit der Gottheit, denn durch Aufſchneidereien der Art, und waͤren ſie noch ſo leiſe ausgeſprochen, werden ſie dem Ge- bildeten laͤcherlich, und hindern ſelbſt das Gute, was ſie durch ihre Lehren bewirken koͤnnten. Der heilige Geiſt flattert nicht mehr in Taubengeſtalt auf der Erde umher; er theilt an die Ehrenmaͤn- ner von der ſchwarzen Legion keine Wundergaben mehr aus, und daß ſie durch Ordination und Prieſterweihe gleichfalls nicht kluͤger und froͤmmer werden, ſieht man ja taͤglich. Beſonders ſollten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/238
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/238>, abgerufen am 03.05.2024.