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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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Durch Verfinsterung, Aberglauben und Einfalt
der Völker, durch die Einführung einer Menge
eben so verderblicher, als unvernünftiger Glaubens-
lehren und kirchlichen Gebräuche, und besonders
durch die, den meisten positiven Religionssekten ei-
genen, schändlichen und für die Sittlichkeit nach-

standes bedienen, und jedem Lichtstrahl ängstlich
zu wehren suchen, der von irgend einer Seite in
ihren Schaf- oder Gänsestall eindringen könnte.
Es giebt in fast allen christlichen Konfessionen geist-
reiche Männer, die auch den bloß kirchlichen, durch
Pfaffengeist, Eigennutz, Ehrsucht und Dummheit
eingeführten Lehrsätzen und Gebräuchen eine edlere
Beziehung und Deutung zu geben suchen, um da-
durch die Gemüther nach und nach von den rohen,
abergläubischen Begriffen und Ansichten abzuziehen
und auf etwas Besseres zu leiten. Mögen auch
Bemühungen der Art häufig verkannt werden, oder
bei den ungebildetern Gemeindegliedern, die gewöhn-
lich an Buchstaben und äußern Zeichen kleben, und
unfähig sind, den Seim ihrer Lehrer zu fassen, we-
nig Nutzen schaffen, so verdienen sie doch immer
Achtung und Anerkennung. Nur sollte man, statt
zu stützen, fallen lassen, was sich von kirchlichen
Formen und Lehrsätzen länger nicht halten kann,
und wo es irgend thunlich wäre, den alten Sauer-
teig ganz auskehren. Jn den Händen des Dummen
und Bösen ist er tödtliches Gift, und selbst in den
Händen des Klugen und Bessern kann er wenig
mehr nützen.

Durch Verfinſterung, Aberglauben und Einfalt
der Voͤlker, durch die Einfuͤhrung einer Menge
eben ſo verderblicher, als unvernuͤnftiger Glaubens-
lehren und kirchlichen Gebraͤuche, und beſonders
durch die, den meiſten poſitiven Religionsſekten ei-
genen, ſchaͤndlichen und fuͤr die Sittlichkeit nach-

ſtandes bedienen, und jedem Lichtſtrahl aͤngſtlich
zu wehren ſuchen, der von irgend einer Seite in
ihren Schaf- oder Gaͤnſeſtall eindringen koͤnnte.
Es giebt in faſt allen chriſtlichen Konfeſſionen geiſt-
reiche Maͤnner, die auch den bloß kirchlichen, durch
Pfaffengeiſt, Eigennutz, Ehrſucht und Dummheit
eingefuͤhrten Lehrſaͤtzen und Gebraͤuchen eine edlere
Beziehung und Deutung zu geben ſuchen, um da-
durch die Gemuͤther nach und nach von den rohen,
aberglaͤubiſchen Begriffen und Anſichten abzuziehen
und auf etwas Beſſeres zu leiten. Moͤgen auch
Bemuͤhungen der Art haͤufig verkannt werden, oder
bei den ungebildetern Gemeindegliedern, die gewoͤhn-
lich an Buchſtaben und aͤußern Zeichen kleben, und
unfaͤhig ſind, den Seim ihrer Lehrer zu faſſen, we-
nig Nutzen ſchaffen, ſo verdienen ſie doch immer
Achtung und Anerkennung. Nur ſollte man, ſtatt
zu ſtuͤtzen, fallen laſſen, was ſich von kirchlichen
Formen und Lehrſaͤtzen laͤnger nicht halten kann,
und wo es irgend thunlich waͤre, den alten Sauer-
teig ganz auskehren. Jn den Haͤnden des Dummen
und Boͤſen iſt er toͤdtliches Gift, und ſelbſt in den
Haͤnden des Klugen und Beſſern kann er wenig
mehr nuͤtzen.
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[196/0196] Durch Verfinſterung, Aberglauben und Einfalt der Voͤlker, durch die Einfuͤhrung einer Menge eben ſo verderblicher, als unvernuͤnftiger Glaubens- lehren und kirchlichen Gebraͤuche, und beſonders durch die, den meiſten poſitiven Religionsſekten ei- genen, ſchaͤndlichen und fuͤr die Sittlichkeit nach- *) *) ſtandes bedienen, und jedem Lichtſtrahl aͤngſtlich zu wehren ſuchen, der von irgend einer Seite in ihren Schaf- oder Gaͤnſeſtall eindringen koͤnnte. Es giebt in faſt allen chriſtlichen Konfeſſionen geiſt- reiche Maͤnner, die auch den bloß kirchlichen, durch Pfaffengeiſt, Eigennutz, Ehrſucht und Dummheit eingefuͤhrten Lehrſaͤtzen und Gebraͤuchen eine edlere Beziehung und Deutung zu geben ſuchen, um da- durch die Gemuͤther nach und nach von den rohen, aberglaͤubiſchen Begriffen und Anſichten abzuziehen und auf etwas Beſſeres zu leiten. Moͤgen auch Bemuͤhungen der Art haͤufig verkannt werden, oder bei den ungebildetern Gemeindegliedern, die gewoͤhn- lich an Buchſtaben und aͤußern Zeichen kleben, und unfaͤhig ſind, den Seim ihrer Lehrer zu faſſen, we- nig Nutzen ſchaffen, ſo verdienen ſie doch immer Achtung und Anerkennung. Nur ſollte man, ſtatt zu ſtuͤtzen, fallen laſſen, was ſich von kirchlichen Formen und Lehrſaͤtzen laͤnger nicht halten kann, und wo es irgend thunlich waͤre, den alten Sauer- teig ganz auskehren. Jn den Haͤnden des Dummen und Boͤſen iſt er toͤdtliches Gift, und ſelbſt in den Haͤnden des Klugen und Beſſern kann er wenig mehr nuͤtzen.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/196>, abgerufen am 28.11.2024.