Nachtheil nicht wollen, so hätte er bei dem Ver- kauf seiner Nelkenstöcke es ausdrücklich bedingen müs- sen, daß ich keine Ableger machen und wieder ver- kaufen sollte. Dann aber würde ich mich für den Handel bedankt haben." Der Gärtner konnte die- ser Schutzrede des Buchhändlers gar nichts entgegen setzen, und ward deshalb abgewiesen und zu den Kosten verurtheilt. Bald nachher ließ der Buch- händler eine gründliche Anleitung, Nelken zu ziehen, drucken. Der Gärtner kaufte auch ein Exemplar und bezahlte es baar. Er fand das Buch ganz vortrefflich, und weil er hoffte, seinem Schaden an den Nelkenstöcken dadurch nachzukom- men; fieng er an, von seinem erkauften Exemplar gleichfalls Ableger zu machen, d. h. es durch den Druck zu vervielfältigen, und die Ableger nachher zu verkaufen. Kaum erfuhr das der Buchhändler, als er plötzlich mit lautem Geschrei zum Richter lief, und den Gärtner verklagte. "Jch habe ihm, sprach er, blos ein Exemplar verkauft, um sich durch den Jnhalt zu belehren, keineswegs aber um es durch den Druck zu vervielfältigen, seine Able- ger, Abdrücke wollte ich sagen, zu verkaufen, und mir dadurch in meinem Absatz zu schaden, Er ist ein Dieb und ein Räuber!" Nie, antwortete der Gärtner, nie war bei dem Verkaufe des Buchs von einer Bedingung die Rede, wodurch die freieste Benutzung des, durch den Kauf von mir erworbe-
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Nachtheil nicht wollen, ſo haͤtte er bei dem Ver- kauf ſeiner Nelkenſtoͤcke es ausdruͤcklich bedingen muͤſ- ſen, daß ich keine Ableger machen und wieder ver- kaufen ſollte. Dann aber wuͤrde ich mich fuͤr den Handel bedankt haben.« Der Gaͤrtner konnte die- ſer Schutzrede des Buchhaͤndlers gar nichts entgegen ſetzen, und ward deshalb abgewieſen und zu den Koſten verurtheilt. Bald nachher ließ der Buch- haͤndler eine gruͤndliche Anleitung, Nelken zu ziehen, drucken. Der Gaͤrtner kaufte auch ein Exemplar und bezahlte es baar. Er fand das Buch ganz vortrefflich, und weil er hoffte, ſeinem Schaden an den Nelkenſtoͤcken dadurch nachzukom- men; fieng er an, von ſeinem erkauften Exemplar gleichfalls Ableger zu machen, d. h. es durch den Druck zu vervielfaͤltigen, und die Ableger nachher zu verkaufen. Kaum erfuhr das der Buchhaͤndler, als er ploͤtzlich mit lautem Geſchrei zum Richter lief, und den Gaͤrtner verklagte. »Jch habe ihm, ſprach er, blos ein Exemplar verkauft, um ſich durch den Jnhalt zu belehren, keineswegs aber um es durch den Druck zu vervielfaͤltigen, ſeine Able- ger, Abdruͤcke wollte ich ſagen, zu verkaufen, und mir dadurch in meinem Abſatz zu ſchaden, Er iſt ein Dieb und ein Raͤuber!« Nie, antwortete der Gaͤrtner, nie war bei dem Verkaufe des Buchs von einer Bedingung die Rede, wodurch die freieſte Benutzung des, durch den Kauf von mir erworbe-
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Nachtheil nicht wollen, ſo haͤtte er bei dem Ver-
kauf ſeiner Nelkenſtoͤcke es ausdruͤcklich bedingen muͤſ-
ſen, daß ich keine Ableger machen und wieder ver-
kaufen ſollte. Dann aber wuͤrde ich mich fuͤr den
Handel bedankt haben.« Der Gaͤrtner konnte die-
ſer Schutzrede des Buchhaͤndlers gar nichts entgegen
ſetzen, und ward deshalb abgewieſen und zu den
Koſten verurtheilt. Bald nachher ließ der Buch-
haͤndler eine gruͤndliche Anleitung, Nelken
zu ziehen, drucken. Der Gaͤrtner kaufte auch
ein Exemplar und bezahlte es baar. Er fand das
Buch ganz vortrefflich, und weil er hoffte, ſeinem
Schaden an den Nelkenſtoͤcken dadurch nachzukom-
men; fieng er an, von ſeinem erkauften Exemplar
gleichfalls Ableger zu machen, d. h. es durch den
Druck zu vervielfaͤltigen, und die Ableger nachher
zu verkaufen. Kaum erfuhr das der Buchhaͤndler,
als er ploͤtzlich mit lautem Geſchrei zum Richter
lief, und den Gaͤrtner verklagte. »Jch habe ihm,
ſprach er, blos ein Exemplar verkauft, um ſich
durch den Jnhalt zu belehren, keineswegs aber um
es durch den Druck zu vervielfaͤltigen, ſeine Able-
ger, Abdruͤcke wollte ich ſagen, zu verkaufen, und
mir dadurch in meinem Abſatz zu ſchaden, Er iſt
ein Dieb und ein Raͤuber!« Nie, antwortete der
Gaͤrtner, nie war bei dem Verkaufe des Buchs von
einer Bedingung die Rede, wodurch die freieſte
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/19>, abgerufen am 24.11.2024.
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