mit Frau und Kindern blos vom Blumenhandel lebte, einem Buchhändler mehrere hundert Nelken- stöcke. Der letztere zog aus dem Saamen und durch Ableger eine Menge anderer, verkaufte sie wieder zu wohlfeilerem Preise, als der Gärtner die seini- gen, und dieser gerieth darüber mit seiner Familie in Armuth und Dürftigkeit. Er klagte deshalb. "Jch habe, sprach er, dem Buchhändler zwar die Nelkenstöcke verkauft, um sich an dem Geruch und dem Anblick der Blumen zu erfreuen, nicht aber um Ableger zu ziehen, und durch deren Verkauf mir in meinem Gewerbe zu schaden. Jch bitte, daß dem Buchhändler dies untersagt, und er verurtheilt wird, mir alle Schäden und Kosten zu erstatten." Nein, erwiederte der Buchhändler, einer solchen, das Eigenthum beschränkenden, Bedingung ist gar dei unserm Handel nicht gedacht worden. Jeder Käufer erlangt durch unbedingten Kauf das volle Eigenthum der Sache; er kann sie verbessern, ver- mehren, nachmachen und vervielfältigen auf alle beliebige Weise. Er darf sie mit ihren Früchten und Accessorien oder Zuwachsen verkaufen, an wen und zu welchem Preise er will. Dies und nichts mehr that ich gleichfalls. Jch that nichts anders, als was aus dem, mir mittelst des Verkaufs über- tragenen vollen Eigenthum als rechtliche Befugniß entspringt. Hat der Gärtner hiedurch Schaden erlitten, was kümmert mich das? Hätte er den
mit Frau und Kindern blos vom Blumenhandel lebte, einem Buchhaͤndler mehrere hundert Nelken- ſtoͤcke. Der letztere zog aus dem Saamen und durch Ableger eine Menge anderer, verkaufte ſie wieder zu wohlfeilerem Preiſe, als der Gaͤrtner die ſeini- gen, und dieſer gerieth daruͤber mit ſeiner Familie in Armuth und Duͤrftigkeit. Er klagte deshalb. »Jch habe, ſprach er, dem Buchhaͤndler zwar die Nelkenſtoͤcke verkauft, um ſich an dem Geruch und dem Anblick der Blumen zu erfreuen, nicht aber um Ableger zu ziehen, und durch deren Verkauf mir in meinem Gewerbe zu ſchaden. Jch bitte, daß dem Buchhaͤndler dies unterſagt, und er verurtheilt wird, mir alle Schaͤden und Koſten zu erſtatten.« Nein, erwiederte der Buchhaͤndler, einer ſolchen, das Eigenthum beſchraͤnkenden, Bedingung iſt gar dei unſerm Handel nicht gedacht worden. Jeder Kaͤufer erlangt durch unbedingten Kauf das volle Eigenthum der Sache; er kann ſie verbeſſern, ver- mehren, nachmachen und vervielfaͤltigen auf alle beliebige Weiſe. Er darf ſie mit ihren Fruͤchten und Acceſſorien oder Zuwachſen verkaufen, an wen und zu welchem Preiſe er will. Dies und nichts mehr that ich gleichfalls. Jch that nichts anders, als was aus dem, mir mittelſt des Verkaufs uͤber- tragenen vollen Eigenthum als rechtliche Befugniß entſpringt. Hat der Gaͤrtner hiedurch Schaden erlitten, was kuͤmmert mich das? Haͤtte er den
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mit Frau und Kindern blos vom Blumenhandel
lebte, einem Buchhaͤndler mehrere hundert Nelken-
ſtoͤcke. Der letztere zog aus dem Saamen und durch
Ableger eine Menge anderer, verkaufte ſie wieder
zu wohlfeilerem Preiſe, als der Gaͤrtner die ſeini-
gen, und dieſer gerieth daruͤber mit ſeiner Familie
in Armuth und Duͤrftigkeit. Er klagte deshalb.
»Jch habe, ſprach er, dem Buchhaͤndler zwar die
Nelkenſtoͤcke verkauft, um ſich an dem Geruch und
dem Anblick der Blumen zu erfreuen, nicht aber
um Ableger zu ziehen, und durch deren Verkauf
mir in meinem Gewerbe zu ſchaden. Jch bitte, daß
dem Buchhaͤndler dies unterſagt, und er verurtheilt
wird, mir alle Schaͤden und Koſten zu erſtatten.«
Nein, erwiederte der Buchhaͤndler, einer ſolchen,
das Eigenthum beſchraͤnkenden, Bedingung iſt gar
dei unſerm Handel nicht gedacht worden. Jeder
Kaͤufer erlangt durch unbedingten Kauf das volle
Eigenthum der Sache; er kann ſie verbeſſern, ver-
mehren, nachmachen und vervielfaͤltigen auf alle
beliebige Weiſe. Er darf ſie mit ihren Fruͤchten
und Acceſſorien oder Zuwachſen verkaufen, an wen
und zu welchem Preiſe er will. Dies und nichts
mehr that ich gleichfalls. Jch that nichts anders,
als was aus dem, mir mittelſt des Verkaufs uͤber-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/18>, abgerufen am 24.11.2024.
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