Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.Beten und eine besondere Frömmigkeit Milderung der harten Urtheile zu bewirken, die etwa im Him- mel über sie gefällt worden. Darum schleichen sie dann mit demüthig gesenktem Haupt und kummer- vollen Mienen einher, nehmen weniger Zinsen als sonst, betrügen und stehlen nicht so arg, verklagen Niemanden, thun keinen ihrer Glaubensgenossen in den Bann, und beichten an jedem Morgen dreimal. Sehr früh beginnt am neunten Tage in der *) Weil sie nemlich nicht wissen, ob sie einen Sohn
oder eine Tochter gebähren werden. Einen Hahn nehmen die Männer, weil das hebräische Wort Gebher sowohl einen Hahn, als einen Mann bedeutet. Beten und eine beſondere Froͤmmigkeit Milderung der harten Urtheile zu bewirken, die etwa im Him- mel uͤber ſie gefaͤllt worden. Darum ſchleichen ſie dann mit demuͤthig geſenktem Haupt und kummer- vollen Mienen einher, nehmen weniger Zinſen als ſonſt, betruͤgen und ſtehlen nicht ſo arg, verklagen Niemanden, thun keinen ihrer Glaubensgenoſſen in den Bann, und beichten an jedem Morgen dreimal. Sehr fruͤh beginnt am neunten Tage in der *) Weil ſie nemlich nicht wiſſen, ob ſie einen Sohn
oder eine Tochter gebaͤhren werden. Einen Hahn nehmen die Maͤnner, weil das hebraͤiſche Wort Gebher ſowohl einen Hahn, als einen Mann bedeutet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0369" n="369"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Beten und eine beſondere Froͤmmigkeit Milderung<lb/> der harten Urtheile zu bewirken, die etwa im Him-<lb/> mel uͤber ſie gefaͤllt worden. Darum ſchleichen ſie<lb/> dann mit demuͤthig geſenktem Haupt und kummer-<lb/> vollen Mienen einher, nehmen weniger Zinſen als<lb/> ſonſt, betruͤgen und ſtehlen nicht ſo arg, verklagen<lb/> Niemanden, thun keinen ihrer Glaubensgenoſſen in<lb/> den Bann, und beichten an jedem Morgen dreimal.</p><lb/> <p>Sehr fruͤh beginnt am neunten Tage in der<lb/> Synagoge das Morgengebet, welches ziemlich lange<lb/> dauert. Sobald man heim koͤmmt, nimmt jeder<lb/> der Maͤnner und Knaben einen Hahn, jede der<lb/> Frauen und Maͤdchen eine Henne, und die Schwan-<lb/> gern einen Hahn und eine Henne zugleich <note place="foot" n="*)">Weil ſie nemlich nicht wiſſen, ob ſie einen Sohn<lb/> oder eine Tochter gebaͤhren werden. Einen Hahn<lb/> nehmen die Maͤnner, weil das hebraͤiſche Wort<lb/><hi rendition="#g">Gebher</hi> ſowohl einen Hahn, als einen Mann<lb/> bedeutet.</note> bei<lb/> den Beinen. Der Hausherr tritt mit ſeinem Hahn<lb/> hervor und ſpricht in feierlichem Ton: »Die Nar-<lb/> ren, ſo um ihrer Suͤnde und Uebertretung willen<lb/> geplagt waren, daß ihnen eckelte vor aller Speiſe,<lb/> wurden todtkrank, und riefen den Herrn an in<lb/> ihrer Roth. Da half er ihnen aus ihrer Angſt;<lb/> er ſandte ihnen ſein Wort und machte ſie geſund,<lb/> und errettete ſie, daß ſie nicht ſtarben. Darum<lb/> ſollen ſie dem Herrn danken fuͤr ſeine Guͤte und fuͤr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [369/0369]
Beten und eine beſondere Froͤmmigkeit Milderung
der harten Urtheile zu bewirken, die etwa im Him-
mel uͤber ſie gefaͤllt worden. Darum ſchleichen ſie
dann mit demuͤthig geſenktem Haupt und kummer-
vollen Mienen einher, nehmen weniger Zinſen als
ſonſt, betruͤgen und ſtehlen nicht ſo arg, verklagen
Niemanden, thun keinen ihrer Glaubensgenoſſen in
den Bann, und beichten an jedem Morgen dreimal.
Sehr fruͤh beginnt am neunten Tage in der
Synagoge das Morgengebet, welches ziemlich lange
dauert. Sobald man heim koͤmmt, nimmt jeder
der Maͤnner und Knaben einen Hahn, jede der
Frauen und Maͤdchen eine Henne, und die Schwan-
gern einen Hahn und eine Henne zugleich *) bei
den Beinen. Der Hausherr tritt mit ſeinem Hahn
hervor und ſpricht in feierlichem Ton: »Die Nar-
ren, ſo um ihrer Suͤnde und Uebertretung willen
geplagt waren, daß ihnen eckelte vor aller Speiſe,
wurden todtkrank, und riefen den Herrn an in
ihrer Roth. Da half er ihnen aus ihrer Angſt;
er ſandte ihnen ſein Wort und machte ſie geſund,
und errettete ſie, daß ſie nicht ſtarben. Darum
ſollen ſie dem Herrn danken fuͤr ſeine Guͤte und fuͤr
*) Weil ſie nemlich nicht wiſſen, ob ſie einen Sohn
oder eine Tochter gebaͤhren werden. Einen Hahn
nehmen die Maͤnner, weil das hebraͤiſche Wort
Gebher ſowohl einen Hahn, als einen Mann
bedeutet.
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