zu sprechen, muß man an jedem Abende der neun und vierzig Tage den Segen vorbeten, sonst wer- den nicht allein ihre Seelen, sondern auch jene der Eltern schartig, und diese müssen dafür büßen. Die Weiber sind nicht zum Zählen verpflichtet, weil sie von der Beobachtung mancher Gebote oder Mitzvos freigesprochen sind. Thun sie es aber, so rechnet der heilige, hochgelobte Gott es ihnen als ein be- sonderes Verdienst an. Von diesem Zählen, wel- ches immer stehend geschehen muß, im nächsten Ab- schnitt ein Mehreres!
Jn den ersten drei und dreißig Tagen nach dem Osterfeste sind Jsraels Kinder sehr traurig. Sie geben keine Hochzeiten, tanzen, spatzieren, spie- len und baden nicht; lassen sich weder Bart, noch Haare scheeren; ziehen keine neue Kleider an, und meiden jedes Vergnügen außer dem Wucher und Schacher. Manche nehmen es freilich nicht sehr strenge damit, und suchen, wenigstens im Aeußern zu zeigen, daß sie aufgeklärt sind; indessen herrscht doch bei ihnen gleichfalls ein größerer Ernst, als zu andern Zeiten. Zu dieser Trauer haben sie wich- tige Ursachen. Rabbi Akibha, auf welchem der Friede sey, hatte vier und zwanzig tausend Talmi- dim oder Jünger, sämmtlich große und fromme Gottesgelehrte, die aber alle zwischen Ostern und Pfingsten starben, weil sie heftig gegen einander eiferten, sich verleumdeten, schmäheten, und nicht,
zu ſprechen, muß man an jedem Abende der neun und vierzig Tage den Segen vorbeten, ſonſt wer- den nicht allein ihre Seelen, ſondern auch jene der Eltern ſchartig, und dieſe muͤſſen dafuͤr buͤßen. Die Weiber ſind nicht zum Zaͤhlen verpflichtet, weil ſie von der Beobachtung mancher Gebote oder Mitzvos freigeſprochen ſind. Thun ſie es aber, ſo rechnet der heilige, hochgelobte Gott es ihnen als ein be- ſonderes Verdienſt an. Von dieſem Zaͤhlen, wel- ches immer ſtehend geſchehen muß, im naͤchſten Ab- ſchnitt ein Mehreres!
Jn den erſten drei und dreißig Tagen nach dem Oſterfeſte ſind Jſraels Kinder ſehr traurig. Sie geben keine Hochzeiten, tanzen, ſpatzieren, ſpie- len und baden nicht; laſſen ſich weder Bart, noch Haare ſcheeren; ziehen keine neue Kleider an, und meiden jedes Vergnuͤgen außer dem Wucher und Schacher. Manche nehmen es freilich nicht ſehr ſtrenge damit, und ſuchen, wenigſtens im Aeußern zu zeigen, daß ſie aufgeklaͤrt ſind; indeſſen herrſcht doch bei ihnen gleichfalls ein groͤßerer Ernſt, als zu andern Zeiten. Zu dieſer Trauer haben ſie wich- tige Urſachen. Rabbi Akibha, auf welchem der Friede ſey, hatte vier und zwanzig tauſend Talmi- dim oder Juͤnger, ſaͤmmtlich große und fromme Gottesgelehrte, die aber alle zwiſchen Oſtern und Pfingſten ſtarben, weil ſie heftig gegen einander eiferten, ſich verleumdeten, ſchmaͤheten, und nicht,
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zu ſprechen, muß man an jedem Abende der neun
und vierzig Tage den Segen vorbeten, ſonſt wer-
den nicht allein ihre Seelen, ſondern auch jene der
Eltern ſchartig, und dieſe muͤſſen dafuͤr buͤßen. Die
Weiber ſind nicht zum Zaͤhlen verpflichtet, weil ſie
von der Beobachtung mancher Gebote oder Mitzvos
freigeſprochen ſind. Thun ſie es aber, ſo rechnet
der heilige, hochgelobte Gott es ihnen als ein be-
ſonderes Verdienſt an. Von dieſem Zaͤhlen, wel-
ches immer ſtehend geſchehen muß, im naͤchſten Ab-
ſchnitt ein Mehreres!
Jn den erſten drei und dreißig Tagen nach
dem Oſterfeſte ſind Jſraels Kinder ſehr traurig.
Sie geben keine Hochzeiten, tanzen, ſpatzieren, ſpie-
len und baden nicht; laſſen ſich weder Bart, noch
Haare ſcheeren; ziehen keine neue Kleider an, und
meiden jedes Vergnuͤgen außer dem Wucher und
Schacher. Manche nehmen es freilich nicht ſehr
ſtrenge damit, und ſuchen, wenigſtens im Aeußern
zu zeigen, daß ſie aufgeklaͤrt ſind; indeſſen herrſcht
doch bei ihnen gleichfalls ein groͤßerer Ernſt, als
zu andern Zeiten. Zu dieſer Trauer haben ſie wich-
tige Urſachen. Rabbi Akibha, auf welchem der
Friede ſey, hatte vier und zwanzig tauſend Talmi-
dim oder Juͤnger, ſaͤmmtlich große und fromme
Gottesgelehrte, die aber alle zwiſchen Oſtern und
Pfingſten ſtarben, weil ſie heftig gegen einander
eiferten, ſich verleumdeten, ſchmaͤheten, und nicht,
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/327>, abgerufen am 16.02.2025.
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