Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.(Gesegnet sey, der da kommt!) empfangen. Hier- auf führt man die Braut dreimal um den Bräuti- gam herum, weil Jeremias sagt: das Weib wird einen Mann umgeben. Sodann führt auch der Bräutigam sie einmal im Kreise herum, und die Umstehenden bestreuen das Brautpaar mit Waitzen oder andern Korn unter dem Ausruf: Pru usefu! (Seyd fruchtbar und mehret euch!) Das Bewerfen mit Waitzen soll ein Sinnbild des Friedens und Ueberflusses in der künftigen Haushaltung seyn, denn der Psalmist sagt: der deine Gränze hat in Frie- den gesetzt, und dich sättiget mit dem besten Waiz- zen. Zur kleinen Ergötzlichkeit für ihre armen Glaubensgenossen mischen die Reichen oft etwas Geld unter den Waitzen, worüber es beim Heraussuchen häufig Rippenstöße und Kopfnüsse giebt. Das Ge- sicht der Braut, welche dem Bräutigam zur Rech- ten steht, muß gegen Mittag gerichtet seyn, weil sie dann nach der Lehre des Talmuds viele Söhne bekommen wird. Mit dem Zipfel des, aus Haa- ren gewebten Tuchs, Talles genannt, welches der Bräutigam um den Hals trägt, bedeckt der Rabbiner den Kopf der Braut, denn Ezechiel spricht: ich habe meine Flügel über dich ausgebreitet und deine Scham bedeckt, und Ruth sagt zum Boas: breite deine Flügel (deinen Mantel) über deine Magd *). Nachher nimmt der Rabbi ein Glas *) Ezechiel 16, V. 8, und Ruth Kap. 3, V. 9.
(Geſegnet ſey, der da kommt!) empfangen. Hier- auf fuͤhrt man die Braut dreimal um den Braͤuti- gam herum, weil Jeremias ſagt: das Weib wird einen Mann umgeben. Sodann fuͤhrt auch der Braͤutigam ſie einmal im Kreiſe herum, und die Umſtehenden beſtreuen das Brautpaar mit Waitzen oder andern Korn unter dem Ausruf: Pru uſefu! (Seyd fruchtbar und mehret euch!) Das Bewerfen mit Waitzen ſoll ein Sinnbild des Friedens und Ueberfluſſes in der kuͤnftigen Haushaltung ſeyn, denn der Pſalmiſt ſagt: der deine Graͤnze hat in Frie- den geſetzt, und dich ſaͤttiget mit dem beſten Waiz- zen. Zur kleinen Ergoͤtzlichkeit fuͤr ihre armen Glaubensgenoſſen miſchen die Reichen oft etwas Geld unter den Waitzen, woruͤber es beim Herausſuchen haͤufig Rippenſtoͤße und Kopfnuͤſſe giebt. Das Ge- ſicht der Braut, welche dem Braͤutigam zur Rech- ten ſteht, muß gegen Mittag gerichtet ſeyn, weil ſie dann nach der Lehre des Talmuds viele Soͤhne bekommen wird. Mit dem Zipfel des, aus Haa- ren gewebten Tuchs, Talles genannt, welches der Braͤutigam um den Hals traͤgt, bedeckt der Rabbiner den Kopf der Braut, denn Ezechiel ſpricht: ich habe meine Fluͤgel uͤber dich ausgebreitet und deine Scham bedeckt, und Ruth ſagt zum Boas: breite deine Fluͤgel (deinen Mantel) uͤber deine Magd *). Nachher nimmt der Rabbi ein Glas *) Ezechiel 16, V. 8, und Ruth Kap. 3, V. 9.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0206" n="206"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> (Geſegnet ſey, der da kommt!) empfangen. Hier-<lb/> auf fuͤhrt man die Braut dreimal um den Braͤuti-<lb/> gam herum, weil Jeremias ſagt: das Weib wird<lb/> einen Mann umgeben. Sodann fuͤhrt auch der<lb/> Braͤutigam ſie einmal im Kreiſe herum, und die<lb/> Umſtehenden beſtreuen das Brautpaar mit Waitzen<lb/> oder andern Korn unter dem Ausruf: Pru uſefu!<lb/> (Seyd fruchtbar und mehret euch!) Das Bewerfen<lb/> mit Waitzen ſoll ein Sinnbild des Friedens und<lb/> Ueberfluſſes in der kuͤnftigen Haushaltung ſeyn, denn<lb/> der Pſalmiſt ſagt: der deine Graͤnze hat in Frie-<lb/> den geſetzt, und dich ſaͤttiget mit dem beſten Waiz-<lb/> zen. Zur kleinen Ergoͤtzlichkeit fuͤr ihre armen<lb/> Glaubensgenoſſen miſchen die Reichen oft etwas Geld<lb/> unter den Waitzen, woruͤber es beim Herausſuchen<lb/> haͤufig Rippenſtoͤße und Kopfnuͤſſe giebt. Das Ge-<lb/> ſicht der Braut, welche dem Braͤutigam zur Rech-<lb/> ten ſteht, muß gegen Mittag gerichtet ſeyn, weil<lb/> ſie dann nach der Lehre des Talmuds viele Soͤhne<lb/> bekommen wird. Mit dem Zipfel des, aus Haa-<lb/> ren gewebten Tuchs, <hi rendition="#g">Talles</hi> genannt, welches<lb/> der Braͤutigam um den Hals traͤgt, bedeckt der<lb/> Rabbiner den Kopf der Braut, denn Ezechiel ſpricht:<lb/> ich habe meine Fluͤgel uͤber dich ausgebreitet und<lb/> deine Scham bedeckt, und Ruth ſagt zum Boas:<lb/> breite deine Fluͤgel (deinen Mantel) uͤber deine<lb/> Magd <note place="foot" n="*)">Ezechiel 16, V. 8, und Ruth Kap. 3, V. 9.</note>. Nachher nimmt der Rabbi ein Glas<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [206/0206]
(Geſegnet ſey, der da kommt!) empfangen. Hier-
auf fuͤhrt man die Braut dreimal um den Braͤuti-
gam herum, weil Jeremias ſagt: das Weib wird
einen Mann umgeben. Sodann fuͤhrt auch der
Braͤutigam ſie einmal im Kreiſe herum, und die
Umſtehenden beſtreuen das Brautpaar mit Waitzen
oder andern Korn unter dem Ausruf: Pru uſefu!
(Seyd fruchtbar und mehret euch!) Das Bewerfen
mit Waitzen ſoll ein Sinnbild des Friedens und
Ueberfluſſes in der kuͤnftigen Haushaltung ſeyn, denn
der Pſalmiſt ſagt: der deine Graͤnze hat in Frie-
den geſetzt, und dich ſaͤttiget mit dem beſten Waiz-
zen. Zur kleinen Ergoͤtzlichkeit fuͤr ihre armen
Glaubensgenoſſen miſchen die Reichen oft etwas Geld
unter den Waitzen, woruͤber es beim Herausſuchen
haͤufig Rippenſtoͤße und Kopfnuͤſſe giebt. Das Ge-
ſicht der Braut, welche dem Braͤutigam zur Rech-
ten ſteht, muß gegen Mittag gerichtet ſeyn, weil
ſie dann nach der Lehre des Talmuds viele Soͤhne
bekommen wird. Mit dem Zipfel des, aus Haa-
ren gewebten Tuchs, Talles genannt, welches
der Braͤutigam um den Hals traͤgt, bedeckt der
Rabbiner den Kopf der Braut, denn Ezechiel ſpricht:
ich habe meine Fluͤgel uͤber dich ausgebreitet und
deine Scham bedeckt, und Ruth ſagt zum Boas:
breite deine Fluͤgel (deinen Mantel) uͤber deine
Magd *). Nachher nimmt der Rabbi ein Glas
*) Ezechiel 16, V. 8, und Ruth Kap. 3, V. 9.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |