Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



Wein, dankt in einem kurzen Lobgebet (Birchas
ärusin, Segen der Verlobten genannt) Gott, für
das Verlöbniß, und giebt zuerst der Braut und dann
dem Bräutigam zu trinken. Jst die erstere noch eine
Jungfrau, so muß es, aus guten Gründen, ein
enges, ist sie eine Wittwe, ein weites Glas seyn;
und an einigen Orten bedient man sich dazu, mit
gleichem Unterschiede, eines irdenen Gefäßes, z. B.
bei der bräutlichen Jungfrau eines engen Topfs,
bei der Wittwe aber einer ziemlich weiten Schüssel.
Nachher zieht der Rabbi von dem Finger des Bräu-
tigams einen Ring, der von reinem Golde und
mit keinen Edelsteinen besetzt seyn muß, ruft einige
Zeugen, fragt sie, ob der Ring gut und Geldes
werth sey? und steckt ihn, wenn dies bejahet wird,
der Braut an den Finger. Darauf liest er den
Heirathsbrief laut den Anwesenden vor, nimmt so-
dann nochmal ein Glas mit Wein, dankt in einem
kurzen Gebet Gott für die geschehene eheliche Ver-
bindung, und giebt den Getraueten zu trinken. Der
Bräutigam wirft, zur Erinnerung an die Zerstö-
rung Jerusalems und des Tempels, das Glas an
einen Stein oder auf die Erde entzwei, und hiemit
ist die Trauung beendigt.

Selbst an den frohesten Tagen seines Lebens
soll ein frommer Jsraelit nicht aufhören, über die
Zerstörung Jerusalems und des Tempels zu trauern.
Darum muß der Bräutigam an seinem Hochzeit-



Wein, dankt in einem kurzen Lobgebet (Birchas
aͤruſin, Segen der Verlobten genannt) Gott, fuͤr
das Verloͤbniß, und giebt zuerſt der Braut und dann
dem Braͤutigam zu trinken. Jſt die erſtere noch eine
Jungfrau, ſo muß es, aus guten Gruͤnden, ein
enges, iſt ſie eine Wittwe, ein weites Glas ſeyn;
und an einigen Orten bedient man ſich dazu, mit
gleichem Unterſchiede, eines irdenen Gefaͤßes, z. B.
bei der braͤutlichen Jungfrau eines engen Topfs,
bei der Wittwe aber einer ziemlich weiten Schuͤſſel.
Nachher zieht der Rabbi von dem Finger des Braͤu-
tigams einen Ring, der von reinem Golde und
mit keinen Edelſteinen beſetzt ſeyn muß, ruft einige
Zeugen, fragt ſie, ob der Ring gut und Geldes
werth ſey? und ſteckt ihn, wenn dies bejahet wird,
der Braut an den Finger. Darauf liest er den
Heirathsbrief laut den Anweſenden vor, nimmt ſo-
dann nochmal ein Glas mit Wein, dankt in einem
kurzen Gebet Gott fuͤr die geſchehene eheliche Ver-
bindung, und giebt den Getraueten zu trinken. Der
Braͤutigam wirft, zur Erinnerung an die Zerſtoͤ-
rung Jeruſalems und des Tempels, das Glas an
einen Stein oder auf die Erde entzwei, und hiemit
iſt die Trauung beendigt.

Selbſt an den froheſten Tagen ſeines Lebens
ſoll ein frommer Jſraelit nicht aufhoͤren, uͤber die
Zerſtoͤrung Jeruſalems und des Tempels zu trauern.
Darum muß der Braͤutigam an ſeinem Hochzeit-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="207"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Wein, dankt in einem kurzen Lobgebet (Birchas<lb/>
a&#x0364;ru&#x017F;in, Segen der Verlobten genannt) Gott, fu&#x0364;r<lb/>
das Verlo&#x0364;bniß, und giebt zuer&#x017F;t der Braut und dann<lb/>
dem Bra&#x0364;utigam zu trinken. J&#x017F;t die er&#x017F;tere noch eine<lb/>
Jungfrau, &#x017F;o muß es, aus guten Gru&#x0364;nden, ein<lb/>
enges, i&#x017F;t &#x017F;ie eine Wittwe, ein weites Glas &#x017F;eyn;<lb/>
und an einigen Orten bedient man &#x017F;ich dazu, mit<lb/>
gleichem Unter&#x017F;chiede, eines irdenen Gefa&#x0364;ßes, z. B.<lb/>
bei der bra&#x0364;utlichen Jungfrau eines engen Topfs,<lb/>
bei der Wittwe aber einer ziemlich weiten Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el.<lb/>
Nachher zieht der Rabbi von dem Finger des Bra&#x0364;u-<lb/>
tigams einen Ring, der von reinem Golde und<lb/>
mit keinen Edel&#x017F;teinen be&#x017F;etzt &#x017F;eyn muß, ruft einige<lb/>
Zeugen, fragt &#x017F;ie, ob der Ring gut und Geldes<lb/>
werth &#x017F;ey? und &#x017F;teckt ihn, wenn dies bejahet wird,<lb/>
der Braut an den Finger. Darauf liest er den<lb/>
Heirathsbrief laut den Anwe&#x017F;enden vor, nimmt &#x017F;o-<lb/>
dann nochmal ein Glas mit Wein, dankt in einem<lb/>
kurzen Gebet Gott fu&#x0364;r die ge&#x017F;chehene eheliche Ver-<lb/>
bindung, und giebt den Getraueten zu trinken. Der<lb/>
Bra&#x0364;utigam wirft, zur Erinnerung an die Zer&#x017F;to&#x0364;-<lb/>
rung Jeru&#x017F;alems und des Tempels, das Glas an<lb/>
einen Stein oder auf die Erde entzwei, und hiemit<lb/>
i&#x017F;t die Trauung beendigt.</p><lb/>
        <p>Selb&#x017F;t an den frohe&#x017F;ten Tagen &#x017F;eines Lebens<lb/>
&#x017F;oll ein frommer J&#x017F;raelit nicht aufho&#x0364;ren, u&#x0364;ber die<lb/>
Zer&#x017F;to&#x0364;rung Jeru&#x017F;alems und des Tempels zu trauern.<lb/>
Darum muß der Bra&#x0364;utigam an &#x017F;einem Hochzeit-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0207] Wein, dankt in einem kurzen Lobgebet (Birchas aͤruſin, Segen der Verlobten genannt) Gott, fuͤr das Verloͤbniß, und giebt zuerſt der Braut und dann dem Braͤutigam zu trinken. Jſt die erſtere noch eine Jungfrau, ſo muß es, aus guten Gruͤnden, ein enges, iſt ſie eine Wittwe, ein weites Glas ſeyn; und an einigen Orten bedient man ſich dazu, mit gleichem Unterſchiede, eines irdenen Gefaͤßes, z. B. bei der braͤutlichen Jungfrau eines engen Topfs, bei der Wittwe aber einer ziemlich weiten Schuͤſſel. Nachher zieht der Rabbi von dem Finger des Braͤu- tigams einen Ring, der von reinem Golde und mit keinen Edelſteinen beſetzt ſeyn muß, ruft einige Zeugen, fragt ſie, ob der Ring gut und Geldes werth ſey? und ſteckt ihn, wenn dies bejahet wird, der Braut an den Finger. Darauf liest er den Heirathsbrief laut den Anweſenden vor, nimmt ſo- dann nochmal ein Glas mit Wein, dankt in einem kurzen Gebet Gott fuͤr die geſchehene eheliche Ver- bindung, und giebt den Getraueten zu trinken. Der Braͤutigam wirft, zur Erinnerung an die Zerſtoͤ- rung Jeruſalems und des Tempels, das Glas an einen Stein oder auf die Erde entzwei, und hiemit iſt die Trauung beendigt. Selbſt an den froheſten Tagen ſeines Lebens ſoll ein frommer Jſraelit nicht aufhoͤren, uͤber die Zerſtoͤrung Jeruſalems und des Tempels zu trauern. Darum muß der Braͤutigam an ſeinem Hochzeit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/207
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/207>, abgerufen am 23.11.2024.