nen sie ihren Ursprung verdankten. Aus den from- men, zutraulichen Kindern des allgütigen Vaters, waren böse, furchtsame, von geistlichen Zwingher- ren gequälte und verblendete Sklaven geworden. Diese geistlichen Hirten und Leiter wurden jedoch bald eifersüchtig gegen einander, denn Jedem ward es in seinem Schafstall zu enge; Jeder suchte seine Heerde zu vergrößern. Da entstanden die ersten Religions- oder Pfaffenkriege. Der mächtigere Prie- ster bekriegte und vertilgte den mindermächtigen un- ter dem Vorwande, daß er ein Abgötter sey, weil der Name Gottes in seiner Mundart etwas anders klang, als in jener seines Ueberwinders. *) Auf solche Weise vereinigten sich nach und nach die prie- sterliche und die königliche Würde häufig in Einer Person. Priesterkönige der Art waren, wenn auch nicht alle dem Namen, doch der That nach, Melchi- sedek, Eli, Samuel. Diese Regierungen hat man in neuern Zeiten -- ich weiß nicht, mit welchem Rechte -- Theokratieen oder Gottesregierungen ge- nanut, da Alles, was die Machthaber thaten und anordneten, unter dem Vorwande: Gott habe es befohlen, geschah.
Ausser den Pfaffen der Urzeit herrschten noch andere große Parforzjäger des Menschengeschlechts,
*) So müßten jetzt gleichfalls die Deutschen und die Franzosen in ewigem Kriege mit einander leben, weil diese einen Dieu, jene einen Gott anbeten.
nen ſie ihren Urſprung verdankten. Aus den from- men, zutraulichen Kindern des allguͤtigen Vaters, waren boͤſe, furchtſame, von geiſtlichen Zwingher- ren gequaͤlte und verblendete Sklaven geworden. Dieſe geiſtlichen Hirten und Leiter wurden jedoch bald eiferſuͤchtig gegen einander, denn Jedem ward es in ſeinem Schafſtall zu enge; Jeder ſuchte ſeine Heerde zu vergroͤßern. Da entſtanden die erſten Religions- oder Pfaffenkriege. Der maͤchtigere Prie- ſter bekriegte und vertilgte den mindermaͤchtigen un- ter dem Vorwande, daß er ein Abgoͤtter ſey, weil der Name Gottes in ſeiner Mundart etwas anders klang, als in jener ſeines Ueberwinders. *) Auf ſolche Weiſe vereinigten ſich nach und nach die prie- ſterliche und die koͤnigliche Wuͤrde haͤufig in Einer Perſon. Prieſterkoͤnige der Art waren, wenn auch nicht alle dem Namen, doch der That nach, Melchi- ſedek, Eli, Samuel. Dieſe Regierungen hat man in neuern Zeiten — ich weiß nicht, mit welchem Rechte — Theokratieen oder Gottesregierungen ge- nanut, da Alles, was die Machthaber thaten und anordneten, unter dem Vorwande: Gott habe es befohlen, geſchah.
Auſſer den Pfaffen der Urzeit herrſchten noch andere große Parforzjaͤger des Menſchengeſchlechts,
*) So muͤßten jetzt gleichfalls die Deutſchen und die Franzoſen in ewigem Kriege mit einander leben, weil dieſe einen Dieu, jene einen Gott anbeten.
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nen ſie ihren Urſprung verdankten. Aus den from-
men, zutraulichen Kindern des allguͤtigen Vaters,
waren boͤſe, furchtſame, von geiſtlichen Zwingher-
ren gequaͤlte und verblendete Sklaven geworden.
Dieſe geiſtlichen Hirten und Leiter wurden jedoch
bald eiferſuͤchtig gegen einander, denn Jedem ward
es in ſeinem Schafſtall zu enge; Jeder ſuchte ſeine
Heerde zu vergroͤßern. Da entſtanden die erſten
Religions- oder Pfaffenkriege. Der maͤchtigere Prie-
ſter bekriegte und vertilgte den mindermaͤchtigen un-
ter dem Vorwande, daß er ein Abgoͤtter ſey, weil
der Name Gottes in ſeiner Mundart etwas anders
klang, als in jener ſeines Ueberwinders. *) Auf
ſolche Weiſe vereinigten ſich nach und nach die prie-
ſterliche und die koͤnigliche Wuͤrde haͤufig in Einer
Perſon. Prieſterkoͤnige der Art waren, wenn auch
nicht alle dem Namen, doch der That nach, Melchi-
ſedek, Eli, Samuel. Dieſe Regierungen hat man
in neuern Zeiten — ich weiß nicht, mit welchem
Rechte — Theokratieen oder Gottesregierungen ge-
nanut, da Alles, was die Machthaber thaten und
anordneten, unter dem Vorwande: Gott habe es
befohlen, geſchah.
Auſſer den Pfaffen der Urzeit herrſchten noch
andere große Parforzjaͤger des Menſchengeſchlechts,
*) So muͤßten jetzt gleichfalls die Deutſchen und die
Franzoſen in ewigem Kriege mit einander leben,
weil dieſe einen Dieu, jene einen Gott anbeten.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/48>, abgerufen am 16.07.2024.
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