gionen über, daß man durch reichliche Spenden und Vermächtnisse an die Geistlichkeit die künftigen Stra- fen der abscheulichsten Verbrechen abkaufen, und sich einen unendlichen Schatz im Himmel erwerben könnte. Um noch mehr bei der gläubigen Menge sich in Ansehen zu setzen, zugleich aber auch um bessere Schlupfwinkel und Gemächer für pfäffische Blend- und Gaukelwerke zu erhalten, brachte man Befehle von Gott, ihm, der nicht in Tempeln wohnt, die mit Händen gemacht sind, Tempel und Altäre zu bauen, weil es ihm im Winter unter freiem Himmel zu kalt, im Sommer zu heiß sey. Da mußten dann die armen Geäfften zu ihrer eigenen Schande prunkende Denkmale ihres Aberglaubens und ihrer Einfalt aufführen, zu deren Erhaltung große Ländereien angewiesen wurden, von denen die Priester die Einkünfte bezogen. Ein Tempel der Art war jener der Diana zu Ephesus. Statt der Gaben inniger Liebe und Dankbarkeit wurden dem höchsten Wesen und seinen angeblichen Dienern jetzt Hekatomben geopfert. Die schwelgerischen Pfaf- fen jubelten, fraßen und soffen; das arme betro- gene Volk hungerte, staunte, weinte und betete an. So schien dann die wahre Religion, welche auf kindliche innige Liebe, Dankbarkeit und Ehrfurcht gegen das höchste Wesen sich gründet, fast überall zu entweichen. An ihre Stelle drängten sich prunk- volle, sinnlose Formen, eben so kalt wie das, von allem Guten und Edelu verödete Herz derer, de-
gionen uͤber, daß man durch reichliche Spenden und Vermaͤchtniſſe an die Geiſtlichkeit die kuͤnftigen Stra- fen der abſcheulichſten Verbrechen abkaufen, und ſich einen unendlichen Schatz im Himmel erwerben koͤnnte. Um noch mehr bei der glaͤubigen Menge ſich in Anſehen zu ſetzen, zugleich aber auch um beſſere Schlupfwinkel und Gemaͤcher fuͤr pfaͤffiſche Blend- und Gaukelwerke zu erhalten, brachte man Befehle von Gott, ihm, der nicht in Tempeln wohnt, die mit Haͤnden gemacht ſind, Tempel und Altaͤre zu bauen, weil es ihm im Winter unter freiem Himmel zu kalt, im Sommer zu heiß ſey. Da mußten dann die armen Geaͤfften zu ihrer eigenen Schande prunkende Denkmale ihres Aberglaubens und ihrer Einfalt auffuͤhren, zu deren Erhaltung große Laͤndereien angewieſen wurden, von denen die Prieſter die Einkuͤnfte bezogen. Ein Tempel der Art war jener der Diana zu Epheſus. Statt der Gaben inniger Liebe und Dankbarkeit wurden dem hoͤchſten Weſen und ſeinen angeblichen Dienern jetzt Hekatomben geopfert. Die ſchwelgeriſchen Pfaf- fen jubelten, fraßen und ſoffen; das arme betro- gene Volk hungerte, ſtaunte, weinte und betete an. So ſchien dann die wahre Religion, welche auf kindliche innige Liebe, Dankbarkeit und Ehrfurcht gegen das hoͤchſte Weſen ſich gruͤndet, faſt uͤberall zu entweichen. An ihre Stelle draͤngten ſich prunk- volle, ſinnloſe Formen, eben ſo kalt wie das, von allem Guten und Edelu veroͤdete Herz derer, de-
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gionen uͤber, daß man durch reichliche Spenden und
Vermaͤchtniſſe an die Geiſtlichkeit die kuͤnftigen Stra-
fen der abſcheulichſten Verbrechen abkaufen, und
ſich einen unendlichen Schatz im Himmel erwerben
koͤnnte. Um noch mehr bei der glaͤubigen Menge
ſich in Anſehen zu ſetzen, zugleich aber auch um
beſſere Schlupfwinkel und Gemaͤcher fuͤr pfaͤffiſche
Blend- und Gaukelwerke zu erhalten, brachte man
Befehle von Gott, ihm, der nicht in Tempeln wohnt,
die mit Haͤnden gemacht ſind, Tempel und Altaͤre
zu bauen, weil es ihm im Winter unter freiem
Himmel zu kalt, im Sommer zu heiß ſey. Da
mußten dann die armen Geaͤfften zu ihrer eigenen
Schande prunkende Denkmale ihres Aberglaubens
und ihrer Einfalt auffuͤhren, zu deren Erhaltung
große Laͤndereien angewieſen wurden, von denen
die Prieſter die Einkuͤnfte bezogen. Ein Tempel
der Art war jener der Diana zu Epheſus. Statt
der Gaben inniger Liebe und Dankbarkeit wurden
dem hoͤchſten Weſen und ſeinen angeblichen Dienern
jetzt Hekatomben geopfert. Die ſchwelgeriſchen Pfaf-
fen jubelten, fraßen und ſoffen; das arme betro-
gene Volk hungerte, ſtaunte, weinte und betete an.
So ſchien dann die wahre Religion, welche auf
kindliche innige Liebe, Dankbarkeit und Ehrfurcht
gegen das hoͤchſte Weſen ſich gruͤndet, faſt uͤberall
zu entweichen. An ihre Stelle draͤngten ſich prunk-
volle, ſinnloſe Formen, eben ſo kalt wie das, von
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/47>, abgerufen am 23.11.2024.
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