plötzlich in einen Esel verwandelt, auf welchen der Rabbi sich setzte und auf den Markt ritt. Als aber eine Freundin der Zauberin ihn reuten sah, löste sie den Zauber, und nun stand die Wirthin, statt des Esels, auf dem Markt *)."
Nicht so glücklich gieng es einem andern Ju- den, der dem Herzog Albrecht von Sachsen einen mit seltsamen Charakteren und Zeichen bemalten Knopf brachte, welcher zum Festmachen gegen Schuß- Hieb- und Stichwunden dienen sollte. Der Herzog antwortete: Er wolle die Kraft des Knopfes ver- suchen, und wenn sie sich bewähre, ihn kaufen. Darauf ließ er den Juden vor das Thor führen, und durchstach ihn. Ob diese Geschichte wahr ist, weiß ich nicht. Luther erzählt sie in seinen Tisch- reden (Kap. 75. von Juden). Jst sie gegründet, so war der Jude ein abergläubischer Betrogener, oder -- im schlimmsten Fall -- ein Betrüger; der Herzog Albrecht aber, der eine solche Probe mach- te, war dann ein grausamer Bösewicht, verab- scheuungswerther, da er ein Christ seyn wollte, als die heidnischen Tyrannen Phalaris, Nero und Ca- ligula. Und -- konnte Luther wirklich -- wie ich kaum glaube, dergleichen mit Wohlgefallen erzäh- len, so bewies dies, daß er mehr von dem barba-
*) Pesachim.
17 *
ploͤtzlich in einen Eſel verwandelt, auf welchen der Rabbi ſich ſetzte und auf den Markt ritt. Als aber eine Freundin der Zauberin ihn reuten ſah, loͤste ſie den Zauber, und nun ſtand die Wirthin, ſtatt des Eſels, auf dem Markt *).«
Nicht ſo gluͤcklich gieng es einem andern Ju- den, der dem Herzog Albrecht von Sachſen einen mit ſeltſamen Charakteren und Zeichen bemalten Knopf brachte, welcher zum Feſtmachen gegen Schuß- Hieb- und Stichwunden dienen ſollte. Der Herzog antwortete: Er wolle die Kraft des Knopfes ver- ſuchen, und wenn ſie ſich bewaͤhre, ihn kaufen. Darauf ließ er den Juden vor das Thor fuͤhren, und durchſtach ihn. Ob dieſe Geſchichte wahr iſt, weiß ich nicht. Luther erzaͤhlt ſie in ſeinen Tiſch- reden (Kap. 75. von Juden). Jſt ſie gegruͤndet, ſo war der Jude ein aberglaͤubiſcher Betrogener, oder — im ſchlimmſten Fall — ein Betruͤger; der Herzog Albrecht aber, der eine ſolche Probe mach- te, war dann ein grauſamer Boͤſewicht, verab- ſcheuungswerther, da er ein Chriſt ſeyn wollte, als die heidniſchen Tyrannen Phalaris, Nero und Ca- ligula. Und — konnte Luther wirklich — wie ich kaum glaube, dergleichen mit Wohlgefallen erzaͤh- len, ſo bewies dies, daß er mehr von dem barba-
*) Peſachim.
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ploͤtzlich in einen Eſel verwandelt, auf welchen der
Rabbi ſich ſetzte und auf den Markt ritt. Als
aber eine Freundin der Zauberin ihn reuten ſah,
loͤste ſie den Zauber, und nun ſtand die Wirthin,
ſtatt des Eſels, auf dem Markt *).«
Nicht ſo gluͤcklich gieng es einem andern Ju-
den, der dem Herzog Albrecht von Sachſen einen
mit ſeltſamen Charakteren und Zeichen bemalten
Knopf brachte, welcher zum Feſtmachen gegen Schuß-
Hieb- und Stichwunden dienen ſollte. Der Herzog
antwortete: Er wolle die Kraft des Knopfes ver-
ſuchen, und wenn ſie ſich bewaͤhre, ihn kaufen.
Darauf ließ er den Juden vor das Thor fuͤhren,
und durchſtach ihn. Ob dieſe Geſchichte wahr iſt,
weiß ich nicht. Luther erzaͤhlt ſie in ſeinen Tiſch-
reden (Kap. 75. von Juden). Jſt ſie gegruͤndet,
ſo war der Jude ein aberglaͤubiſcher Betrogener,
oder — im ſchlimmſten Fall — ein Betruͤger; der
Herzog Albrecht aber, der eine ſolche Probe mach-
te, war dann ein grauſamer Boͤſewicht, verab-
ſcheuungswerther, da er ein Chriſt ſeyn wollte, als
die heidniſchen Tyrannen Phalaris, Nero und Ca-
ligula. Und — konnte Luther wirklich — wie ich
kaum glaube, dergleichen mit Wohlgefallen erzaͤh-
len, ſo bewies dies, daß er mehr von dem barba-
*) Peſachim.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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