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Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161.

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des Freistaats Guatemala.
im Styl und richtigen Verhältniß der menschlichen Gestalt, wesent-
lich unterscheidet. Es würde gegen den Zweck dieser Blätter sein,
diese Ueberbleibsel, oder die alte Mythe des guatemalischen Wodan
(den man mit dem asiaschen Odin zu verwechseln versucht hat)
hier kritisch zu untersuchen. Jch begnüge mich zu nennen:
1) Die Ruinen der alten Ciudad del Palenque oder Culhuacan
in dem Staate von Chiapa, an dem Fluß Micol, nord-
westlich von dem indischen Dorfe Santo Domingo Paleu-
que in der ehemals sogenannten Provincia Tzendales.
Unter der Regierung Königs Karls des Dritten wurde von
Madrid aus dem Artillerie-Kapitän Antonio del Rio im
Jahr 1786 der Befehl ertheilt, diese Ruinen, welche mehre
Meilen im Umfang haben, zu untersuchen und abzubilden.
Ein Theil seiner Arbeit ist glücklicherweise nach England
gebracht und dort unter dem Titel: Description of
the ruins of an Ancient City discovered
near. Palenque in the Kingdom of Guate-
mala by Captain Ant. del Rio with notes
by Doctor Paul Felix Cabrera.
(Lond. 1822.)

bekannt gemacht worden. Ein Basrelief, auf welchem ein
Kind einem Kreuze geweiht wird, die sonderbaren Köpfe
mit großer Nase und zurückgeworfener Stirn, die caligulae
nach römischer Art zur Fußbekleidung, die auffallende
Aehnlichkeit mit indischen Gottheiten, welche mit unterge-
schlagenen Beinen sitzen, und die etwas steifen, aber in
richtigen Verhältnissen gezeichneten Figuren*) müssen jedem,
der sich mit der Urgeschichte der Menschheit beschäftigt, ein
lebhaftes Jnteresse einflößen. Vor wenigen Tagen hat Hr.
Latour Allard (aus Neu-Orleans) eine neue Sammlung
von Zeichnungen der Ruinen des Palenque aus Mexiko

*) Ein sehr merkwürdiges Fragment dieser Art habe ich selbst zuerst
unter dem Namen Relief trouve a Oaxaca abgebildet in Vues des
Cordilleres et Monumens des Peuples indigenes de l'Amerique. Tom. I.
p. 151. (Pl. XI.
der ed. in Folio.) Am Schluß des Werkes (Tom. II.
p. 392.)
ist bemerkt, daß das Fragment den Alterthümern von Gua-
temala zugehört.


des Freiſtaats Guatemala.
im Styl und richtigen Verhaͤltniß der menſchlichen Geſtalt, weſent-
lich unterſcheidet. Es wuͤrde gegen den Zweck dieſer Blaͤtter ſein,
dieſe Ueberbleibſel, oder die alte Mythe des guatemaliſchen Wodan
(den man mit dem aſiaſchen Odin zu verwechſeln verſucht hat)
hier kritiſch zu unterſuchen. Jch begnuͤge mich zu nennen:
1) Die Ruinen der alten Ciudad del Palenque oder Culhuacan
in dem Staate von Chiapa, an dem Fluß Micol, nord-
weſtlich von dem indiſchen Dorfe Santo Domingo Paleu-
que in der ehemals ſogenannten Provincia Tzendales.
Unter der Regierung Koͤnigs Karls des Dritten wurde von
Madrid aus dem Artillerie-Kapitaͤn Antonio del Rio im
Jahr 1786 der Befehl ertheilt, dieſe Ruinen, welche mehre
Meilen im Umfang haben, zu unterſuchen und abzubilden.
Ein Theil ſeiner Arbeit iſt gluͤcklicherweiſe nach England
gebracht und dort unter dem Titel: Description of
the ruins of an Ancient City discovered
near. Palenque in the Kingdom of Guate-
mala by Captain Ant. del Rio with notes
by Doctor Paul Felix Cabrera.
(Lond. 1822.)

bekannt gemacht worden. Ein Basrelief, auf welchem ein
Kind einem Kreuze geweiht wird, die ſonderbaren Koͤpfe
mit großer Naſe und zuruͤckgeworfener Stirn, die caligulae
nach roͤmiſcher Art zur Fußbekleidung, die auffallende
Aehnlichkeit mit indiſchen Gottheiten, welche mit unterge-
ſchlagenen Beinen ſitzen, und die etwas ſteifen, aber in
richtigen Verhaͤltniſſen gezeichneten Figuren*) muͤſſen jedem,
der ſich mit der Urgeſchichte der Menſchheit beſchaͤftigt, ein
lebhaftes Jntereſſe einfloͤßen. Vor wenigen Tagen hat Hr.
Latour Allard (aus Neu-Orleans) eine neue Sammlung
von Zeichnungen der Ruinen des Palenque aus Mexiko

*) Ein ſehr merkwuͤrdiges Fragment dieſer Art habe ich ſelbſt zuerſt
unter dem Namen Relief trouvé à Oaxaca abgebildet in Vues des
Cordilleres et Monumens des Peuples indigènes de l'Amerique. Tom. I.
p. 151. (Pl. XI.
der ed. in Folio.) Am Schluß des Werkes (Tom. II.
p. 392.)
iſt bemerkt, daß das Fragment den Alterthuͤmern von Gua-
temala zugehoͤrt.
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[159/0031] des Freiſtaats Guatemala. im Styl und richtigen Verhaͤltniß der menſchlichen Geſtalt, weſent- lich unterſcheidet. Es wuͤrde gegen den Zweck dieſer Blaͤtter ſein, dieſe Ueberbleibſel, oder die alte Mythe des guatemaliſchen Wodan (den man mit dem aſiaſchen Odin zu verwechſeln verſucht hat) hier kritiſch zu unterſuchen. Jch begnuͤge mich zu nennen: 1) Die Ruinen der alten Ciudad del Palenque oder Culhuacan in dem Staate von Chiapa, an dem Fluß Micol, nord- weſtlich von dem indiſchen Dorfe Santo Domingo Paleu- que in der ehemals ſogenannten Provincia Tzendales. Unter der Regierung Koͤnigs Karls des Dritten wurde von Madrid aus dem Artillerie-Kapitaͤn Antonio del Rio im Jahr 1786 der Befehl ertheilt, dieſe Ruinen, welche mehre Meilen im Umfang haben, zu unterſuchen und abzubilden. Ein Theil ſeiner Arbeit iſt gluͤcklicherweiſe nach England gebracht und dort unter dem Titel: Description of the ruins of an Ancient City discovered near. Palenque in the Kingdom of Guate- mala by Captain Ant. del Rio with notes by Doctor Paul Felix Cabrera. (Lond. 1822.) bekannt gemacht worden. Ein Basrelief, auf welchem ein Kind einem Kreuze geweiht wird, die ſonderbaren Koͤpfe mit großer Naſe und zuruͤckgeworfener Stirn, die caligulae nach roͤmiſcher Art zur Fußbekleidung, die auffallende Aehnlichkeit mit indiſchen Gottheiten, welche mit unterge- ſchlagenen Beinen ſitzen, und die etwas ſteifen, aber in richtigen Verhaͤltniſſen gezeichneten Figuren *) muͤſſen jedem, der ſich mit der Urgeſchichte der Menſchheit beſchaͤftigt, ein lebhaftes Jntereſſe einfloͤßen. Vor wenigen Tagen hat Hr. Latour Allard (aus Neu-Orleans) eine neue Sammlung von Zeichnungen der Ruinen des Palenque aus Mexiko *) Ein ſehr merkwuͤrdiges Fragment dieſer Art habe ich ſelbſt zuerſt unter dem Namen Relief trouvé à Oaxaca abgebildet in Vues des Cordilleres et Monumens des Peuples indigènes de l'Amerique. Tom. I. p. 151. (Pl. XI. der ed. in Folio.) Am Schluß des Werkes (Tom. II. p. 392.) iſt bemerkt, daß das Fragment den Alterthuͤmern von Gua- temala zugehoͤrt.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161, hier S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_zustand_1826/31>, abgerufen am 24.11.2024.