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Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161.

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A. v. Humboldt, über den neuesten Zustand
nach Paris gebracht. Diese Zeichnungen sind die Früchte
der Reise des Hauptmanns Dupe, eines mexikanischen
Alterthumsforschers, mit dem ich mehre interessante Exkur-
sionen gemacht. Jch besitze selbst eine Zeichnung von der
Anbetung eines heiligen Kreuzes aus dem Palenque,
von denen, die in dem engländischen Werke abgebildet sind,
ganz verschieden.

2) Die Ruinen eines mit Bildsäulen gezierten Tempels von
Copan und die mit Säulen gezierte Höhle von Tibulca
in dem Staate von Honduras. Die Figuren sollen einige
Aehnlichkeit mit europa'scher Kleidung haben, ob es gleich
ganz unwahrscheinlich ist, daß sie nach der Ankunft der
Spanier in Stein gehauen worden sind. --

3) Die Ruinen der Jnsel Peten, mitten in der Laguna von
Jtza, auf der Gränze zwischen Verapaz, Chiapa und Yu-
catan. Diese Jnsel ist von den Spaniern befestigt worden,
und war ein alter Wohnsitz der sehr gebildeten Nation
Jtzair.

4) Die Ruinen der Stadt Utatlan, gegenwärtig Santa Cruz
del Quiche genannt. Diese Ruinen bezeugen die wunder-
bare Größe der guatemalischen Bauwerke, die man nur
mit denen von Mexiko und Cuzco vergleichen kann. Der
eine Pallast der Könige von Quiche war 728 geometrische
Schritte lang und 376 solcher Schritte breit.

5) Die Ruinen der alten Festungen Tepanguatemala, Mixco,
Paraxquin, Socoleo, Uspantlan, Chalchitan u. s. w.

Das sind die Nachrichten, welche ich über den Freistaat von
Centro-Amerika bisher habe sammeln können. Das Land, mit
den herrlichsten Naturerzeugnissen ausgestattet, ist dem europa'schen
Handel fast noch uneröffnet. Seine Jngebornen, die sogenannten
kupferfarbnen Jndier, sind arbeitsamer und gebildeter als in
irgend einem andern Theile des spanischen Amerika's, selbst Cuzco
und Michoacan nicht ausgeschlossen. Die politische Freiheit ist
ohne alle innere Erschütterung erlangt worden, da kaum einige
hundert reguläre Truppen im Lande waren. Die kleinen Gränz-
streitigkeiten mit Mexiko wegen Chiapa und mit Colombia wegen
der Mosquitoküste können leicht beigelegt werden. Nationalrivali-

tät

A. v. Humboldt, uͤber den neueſten Zuſtand
nach Paris gebracht. Dieſe Zeichnungen ſind die Fruͤchte
der Reiſe des Hauptmanns Dupe, eines mexikaniſchen
Alterthumsforſchers, mit dem ich mehre intereſſante Exkur-
ſionen gemacht. Jch beſitze ſelbſt eine Zeichnung von der
Anbetung eines heiligen Kreuzes aus dem Palenque,
von denen, die in dem englaͤndiſchen Werke abgebildet ſind,
ganz verſchieden.

2) Die Ruinen eines mit Bildſaͤulen gezierten Tempels von
Copan und die mit Saͤulen gezierte Hoͤhle von Tibulca
in dem Staate von Honduras. Die Figuren ſollen einige
Aehnlichkeit mit europa'ſcher Kleidung haben, ob es gleich
ganz unwahrſcheinlich iſt, daß ſie nach der Ankunft der
Spanier in Stein gehauen worden ſind. —

3) Die Ruinen der Jnſel Peten, mitten in der Laguna von
Jtza, auf der Graͤnze zwiſchen Verapaz, Chiapa und Yu-
catan. Dieſe Jnſel iſt von den Spaniern befeſtigt worden,
und war ein alter Wohnſitz der ſehr gebildeten Nation
Jtzair.

4) Die Ruinen der Stadt Utatlan, gegenwaͤrtig Santa Cruz
del Quiche genannt. Dieſe Ruinen bezeugen die wunder-
bare Groͤße der guatemaliſchen Bauwerke, die man nur
mit denen von Mexiko und Cuzco vergleichen kann. Der
eine Pallaſt der Koͤnige von Quiche war 728 geometriſche
Schritte lang und 376 ſolcher Schritte breit.

5) Die Ruinen der alten Feſtungen Tepanguatemala, Mixco,
Paraxquin, Socoleo, Uſpantlan, Chalchitan u. ſ. w.

Das ſind die Nachrichten, welche ich uͤber den Freiſtaat von
Centro-Amerika bisher habe ſammeln koͤnnen. Das Land, mit
den herrlichſten Naturerzeugniſſen ausgeſtattet, iſt dem europa'ſchen
Handel faſt noch uneroͤffnet. Seine Jngebornen, die ſogenannten
kupferfarbnen Jndier, ſind arbeitſamer und gebildeter als in
irgend einem andern Theile des ſpaniſchen Amerika's, ſelbſt Cuzco
und Michoacan nicht ausgeſchloſſen. Die politiſche Freiheit iſt
ohne alle innere Erſchuͤtterung erlangt worden, da kaum einige
hundert regulaͤre Truppen im Lande waren. Die kleinen Graͤnz-
ſtreitigkeiten mit Mexiko wegen Chiapa und mit Colombia wegen
der Mosquitokuͤſte koͤnnen leicht beigelegt werden. Nationalrivali-

taͤt
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[160/0032] A. v. Humboldt, uͤber den neueſten Zuſtand nach Paris gebracht. Dieſe Zeichnungen ſind die Fruͤchte der Reiſe des Hauptmanns Dupe, eines mexikaniſchen Alterthumsforſchers, mit dem ich mehre intereſſante Exkur- ſionen gemacht. Jch beſitze ſelbſt eine Zeichnung von der Anbetung eines heiligen Kreuzes aus dem Palenque, von denen, die in dem englaͤndiſchen Werke abgebildet ſind, ganz verſchieden. 2) Die Ruinen eines mit Bildſaͤulen gezierten Tempels von Copan und die mit Saͤulen gezierte Hoͤhle von Tibulca in dem Staate von Honduras. Die Figuren ſollen einige Aehnlichkeit mit europa'ſcher Kleidung haben, ob es gleich ganz unwahrſcheinlich iſt, daß ſie nach der Ankunft der Spanier in Stein gehauen worden ſind. — 3) Die Ruinen der Jnſel Peten, mitten in der Laguna von Jtza, auf der Graͤnze zwiſchen Verapaz, Chiapa und Yu- catan. Dieſe Jnſel iſt von den Spaniern befeſtigt worden, und war ein alter Wohnſitz der ſehr gebildeten Nation Jtzair. 4) Die Ruinen der Stadt Utatlan, gegenwaͤrtig Santa Cruz del Quiche genannt. Dieſe Ruinen bezeugen die wunder- bare Groͤße der guatemaliſchen Bauwerke, die man nur mit denen von Mexiko und Cuzco vergleichen kann. Der eine Pallaſt der Koͤnige von Quiche war 728 geometriſche Schritte lang und 376 ſolcher Schritte breit. 5) Die Ruinen der alten Feſtungen Tepanguatemala, Mixco, Paraxquin, Socoleo, Uſpantlan, Chalchitan u. ſ. w. Das ſind die Nachrichten, welche ich uͤber den Freiſtaat von Centro-Amerika bisher habe ſammeln koͤnnen. Das Land, mit den herrlichſten Naturerzeugniſſen ausgeſtattet, iſt dem europa'ſchen Handel faſt noch uneroͤffnet. Seine Jngebornen, die ſogenannten kupferfarbnen Jndier, ſind arbeitſamer und gebildeter als in irgend einem andern Theile des ſpaniſchen Amerika's, ſelbſt Cuzco und Michoacan nicht ausgeſchloſſen. Die politiſche Freiheit iſt ohne alle innere Erſchuͤtterung erlangt worden, da kaum einige hundert regulaͤre Truppen im Lande waren. Die kleinen Graͤnz- ſtreitigkeiten mit Mexiko wegen Chiapa und mit Colombia wegen der Mosquitokuͤſte koͤnnen leicht beigelegt werden. Nationalrivali- taͤt

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161, hier S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_zustand_1826/32>, abgerufen am 24.11.2024.