Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206.

Bild:
<< vorherige Seite

Besteigung des Chimborazo.
an einer solchen Bemühung erhalten. Das, was un-
erreichbar scheint, hat eine geheimnissvolle Ziehkraft;
man will, dass alles erspähet, dass wenigstens ver-
sucht werde, was nicht errungen werden kann. Der
Chimborazo ist der ermüdende Gegenstand aller Fra-
gen gewesen, die seit meiner ersten Rückkunft nach
Europa an mich gerichtet wurden. Die Ergründung
der wichtigsten Naturgesetze, die lebhafteste Schilde-
rung der Pflanzenzonen und der, die Objecte des
Ackerbaues bestimmenden Verschiedenheit der Klimate,
welche schichtenweise über einander liegen, waren
selten fähig, die Aufmerksamkeit von dem schnee-
bedeckten Gipfel abzulenken den man damals noch
(vor Pentlands Reise nach Bolivia) für den Culmina-
tionspunkt der gangartig ausgedehnten Andeskette
hielt.

Ich werde hier aus dem noch ungedruckten Theile
meiner Tagebücher die einfache Erzählung einer Berg-
reise ausziehen. Das ganze Detail der trigonometri-
schen Messung, die ich bei dem Neuen Riobamba in
der Ebene von Tapia angestellt habe, ist in der Ein-
leitung zu dem ersten Bande meiner astronomischen
Beobachtungen
bald nach meiner Rückkunft bekannt
gemacht worden. Die Geographie der Pflanzen an
dem Abhange des Chimborazo und dem ihm nahen
Gebirge (von dem Meeresufer an bis 14800 Fuss Höhe)
nach Kunths vortrefflichen Bestimmungen der von
Bonpland und mir gesammelten Alpengewächse der
Cordilleren, habe ich auf einer Tafel meines geogra-
phischen
und physikalischen Atlasses von Südamerika
bildlich darzustellen versucht.

Die Geschichte der Ersteigung selbst, die wenig
dramatisches Interesse darbieten kann, war dem

Besteigung des Chimborazo.
an einer solchen Bemühung erhalten. Das, was un-
erreichbar scheint, hat eine geheimnissvolle Ziehkraft;
man will, dass alles erspähet, dass wenigstens ver-
sucht werde, was nicht errungen werden kann. Der
Chimborazo ist der ermüdende Gegenstand aller Fra-
gen gewesen, die seit meiner ersten Rückkunft nach
Europa an mich gerichtet wurden. Die Ergründung
der wichtigsten Naturgesetze, die lebhafteste Schilde-
rung der Pflanzenzonen und der, die Objecte des
Ackerbaues bestimmenden Verschiedenheit der Klimate,
welche schichtenweise über einander liegen, waren
selten fähig, die Aufmerksamkeit von dem schnee-
bedeckten Gipfel abzulenken den man damals noch
(vor Pentlands Reise nach Bolivia) für den Culmina-
tionspunkt der gangartig ausgedehnten Andeskette
hielt.

Ich werde hier aus dem noch ungedruckten Theile
meiner Tagebücher die einfache Erzählung einer Berg-
reise ausziehen. Das ganze Detail der trigonometri-
schen Messung, die ich bei dem Neuen Riobamba in
der Ebene von Tapia angestellt habe, ist in der Ein-
leitung zu dem ersten Bande meiner astronomischen
Beobachtungen
bald nach meiner Rückkunft bekannt
gemacht worden. Die Geographie der Pflanzen an
dem Abhange des Chimborazo und dem ihm nahen
Gebirge (von dem Meeresufer an bis 14800 Fuss Höhe)
nach Kunths vortrefflichen Bestimmungen der von
Bonpland und mir gesammelten Alpengewächse der
Cordilleren, habe ich auf einer Tafel meines geogra-
phischen
und physikalischen Atlasses von Südamerika
bildlich darzustellen versucht.

Die Geschichte der Ersteigung selbst, die wenig
dramatisches Interesse darbieten kann, war dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0005" n="178"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#i">Besteigung des Chimborazo</hi>.</fw><lb/>
an einer solchen Bemühung erhalten. Das, was un-<lb/>
erreichbar scheint, hat eine geheimnissvolle Ziehkraft;<lb/>
man will, dass alles erspähet, dass wenigstens ver-<lb/>
sucht werde, was nicht errungen werden kann. Der<lb/>
Chimborazo ist der ermüdende Gegenstand aller Fra-<lb/>
gen gewesen, die seit meiner ersten Rückkunft nach<lb/>
Europa an mich gerichtet wurden. Die Ergründung<lb/>
der wichtigsten Naturgesetze, die lebhafteste Schilde-<lb/>
rung der Pflanzenzonen und der, die Objecte des<lb/>
Ackerbaues bestimmenden Verschiedenheit der Klimate,<lb/>
welche schichtenweise über einander liegen, waren<lb/>
selten fähig, die Aufmerksamkeit von dem schnee-<lb/>
bedeckten Gipfel abzulenken den man damals noch<lb/>
(vor <hi rendition="#i">Pentlands</hi> Reise nach Bolivia) für den Culmina-<lb/>
tionspunkt der gangartig ausgedehnten Andeskette<lb/>
hielt.</p><lb/>
        <p>Ich werde hier aus dem noch ungedruckten Theile<lb/>
meiner Tagebücher<note type="editorial">Vgl. dazu Humboldts Tagebücher der Amerikanischen Reise, VIIbb et VIIc, Bl. 21r bzw. ab Bl. 23r zur eigentlichen Besteigung des Chimborazo: &#x201E;Le 23 Juin 1802 (il y a 3 ans que le même jour nous montames au Pic de Teyde) nous montames au Chimboraco. [...] Le terrain est magnifique et presente une base unie et très etendue. [&#x2026;] &#x201C; Online verfügbar: Nachl. Alexander von Humboldt (Tagebücher), VIIbb/c,Staatsbibliothek zu Berlin &#x2013; Preußischer Kulturbesitz (SBB-PK), Nachlass Alexander von Humboldt digital, <ref target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB000152B400000524">http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB000152B400000524</ref>.</note> die einfache Erzählung einer Berg-<lb/>
reise ausziehen. Das ganze Detail der trigonometri-<lb/>
schen Messung, die ich bei dem Neuen Riobamba in<lb/>
der Ebene von Tapia angestellt habe, ist in der Ein-<lb/>
leitung zu dem ersten Bande meiner <hi rendition="#i">astronomischen<lb/>
Beobachtungen</hi> bald nach meiner Rückkunft bekannt<lb/>
gemacht worden. Die Geographie der Pflanzen an<lb/>
dem Abhange des Chimborazo und dem ihm nahen<lb/>
Gebirge (von dem Meeresufer an bis 14800 Fuss Höhe)<lb/>
nach <hi rendition="#i">Kunths</hi> vortrefflichen Bestimmungen der von<lb/><hi rendition="#i">Bonpland</hi> und mir gesammelten Alpengewächse der<lb/>
Cordilleren, habe ich auf einer Tafel meines <hi rendition="#i">geogra-<lb/>
phischen</hi> und <hi rendition="#i">physikalischen Atlasses von Südamerika</hi><lb/>
bildlich darzustellen versucht.</p><lb/>
        <p>Die Geschichte der Ersteigung selbst, die wenig<lb/>
dramatisches Interesse darbieten kann, war dem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0005] Besteigung des Chimborazo. an einer solchen Bemühung erhalten. Das, was un- erreichbar scheint, hat eine geheimnissvolle Ziehkraft; man will, dass alles erspähet, dass wenigstens ver- sucht werde, was nicht errungen werden kann. Der Chimborazo ist der ermüdende Gegenstand aller Fra- gen gewesen, die seit meiner ersten Rückkunft nach Europa an mich gerichtet wurden. Die Ergründung der wichtigsten Naturgesetze, die lebhafteste Schilde- rung der Pflanzenzonen und der, die Objecte des Ackerbaues bestimmenden Verschiedenheit der Klimate, welche schichtenweise über einander liegen, waren selten fähig, die Aufmerksamkeit von dem schnee- bedeckten Gipfel abzulenken den man damals noch (vor Pentlands Reise nach Bolivia) für den Culmina- tionspunkt der gangartig ausgedehnten Andeskette hielt. Ich werde hier aus dem noch ungedruckten Theile meiner Tagebücher die einfache Erzählung einer Berg- reise ausziehen. Das ganze Detail der trigonometri- schen Messung, die ich bei dem Neuen Riobamba in der Ebene von Tapia angestellt habe, ist in der Ein- leitung zu dem ersten Bande meiner astronomischen Beobachtungen bald nach meiner Rückkunft bekannt gemacht worden. Die Geographie der Pflanzen an dem Abhange des Chimborazo und dem ihm nahen Gebirge (von dem Meeresufer an bis 14800 Fuss Höhe) nach Kunths vortrefflichen Bestimmungen der von Bonpland und mir gesammelten Alpengewächse der Cordilleren, habe ich auf einer Tafel meines geogra- phischen und physikalischen Atlasses von Südamerika bildlich darzustellen versucht. Die Geschichte der Ersteigung selbst, die wenig dramatisches Interesse darbieten kann, war dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Anmerkungen

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuche_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuche_1837/5
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206, hier S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuche_1837/5>, abgerufen am 19.04.2024.