Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber die Anwendung des Galvanischen Reizmittels auf die praktische Heilkunde. Ein Schreiben des Hrn. Obergerbraths von Humboldt an den Herausgeber. In: Journal für die Chirurgie, Geburtshülfe und gerichtliche Arzneykunde, Bd. 1 (1797), S. 447-471.

Bild:
<< vorherige Seite

Stunden nach dem letzten Athemzuge den Umstehenden
das wichtige Problem lösen, ob die Wiedererweckung
des Nichtathmenden möglich oder unmöglich sey.

Die Herren Behrends und Creve schlugen zu-
erst den Metallreitz als Prüfungsmittel des wahren To-
des vor, und der letzte hat einen rühmlichen Eifer be-
wiesen, diesen Vorschlag, der durch viele Zeitschriften
verbreitet und günstig aufgenommen worden ist, durch
mühsame Versuche an Leichen zu unterstützen. Beyder
Gründe wurden durch Himly und Pfaff lebhaft be-
stritten. Jn der That ist die Untersuchung dieser Streit-
frage unendlich wichtig für das Menschengeschlecht. Je
empfehlender das neue Mittel durch seine Einfachheit
und Bequemlichkeit ist; desto ernsthafter muß man jede
Täuschung zu entfernen suchen. Jch habe Herrn Cre-
ve's
Schrift mit meinen eigenen Erfahrungen vergli-
chen, und, wenn das Resultat jener Vergleichung auch
nicht ganz zum Vortheil des neuen Prüfungsmittels aus-
fällt; so kann dieß die Achtung nicht mindern, welche
der Verfasser schon dadurch verdient, daß er eine wich-
tige Sache mit so ausharrender Thätigkeit verfolgte.
Ein Philosoph, welcher unabläßig an der Erweiterung
menschlicher Kenntnisse arbeitet, der Erzbischoff Carl
von Dalberg, Coadjutor zu Mainz, hat Herrn Creve
und mich gleichzeitig zu jenen Untersuchungen aufgefor-
dert. Auf Einem Wege sind wir beyde zu entge-
gengesetzten
Resultaten gekommen.

Stunden nach dem letzten Athemzuge den Umſtehenden
das wichtige Problem loͤſen, ob die Wiedererweckung
des Nichtathmenden moͤglich oder unmoͤglich ſey.

Die Herren Behrends und Creve ſchlugen zu-
erſt den Metallreitz als Pruͤfungsmittel des wahren To-
des vor, und der letzte hat einen ruͤhmlichen Eifer be-
wieſen, dieſen Vorſchlag, der durch viele Zeitſchriften
verbreitet und guͤnſtig aufgenommen worden iſt, durch
muͤhſame Verſuche an Leichen zu unterſtuͤtzen. Beyder
Gruͤnde wurden durch Himly und Pfaff lebhaft be-
ſtritten. Jn der That iſt die Unterſuchung dieſer Streit-
frage unendlich wichtig fuͤr das Menſchengeſchlecht. Je
empfehlender das neue Mittel durch ſeine Einfachheit
und Bequemlichkeit iſt; deſto ernſthafter muß man jede
Taͤuſchung zu entfernen ſuchen. Jch habe Herrn Cre-
ve's
Schrift mit meinen eigenen Erfahrungen vergli-
chen, und, wenn das Reſultat jener Vergleichung auch
nicht ganz zum Vortheil des neuen Pruͤfungsmittels aus-
faͤllt; ſo kann dieß die Achtung nicht mindern, welche
der Verfaſſer ſchon dadurch verdient, daß er eine wich-
tige Sache mit ſo ausharrender Thaͤtigkeit verfolgte.
Ein Philoſoph, welcher unablaͤßig an der Erweiterung
menſchlicher Kenntniſſe arbeitet, der Erzbiſchoff Carl
von Dalberg, Coadjutor zu Mainz, hat Herrn Creve
und mich gleichzeitig zu jenen Unterſuchungen aufgefor-
dert. Auf Einem Wege ſind wir beyde zu entge-
gengeſetzten
Reſultaten gekommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0005" n="450"/>
Stunden nach dem letzten Athemzuge den Um&#x017F;tehenden<lb/>
das wichtige Problem lo&#x0364;&#x017F;en, ob die Wiedererweckung<lb/>
des Nichtathmenden mo&#x0364;glich oder unmo&#x0364;glich &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Die Herren <hi rendition="#g">Behrends</hi> und <hi rendition="#g">Creve</hi> &#x017F;chlugen zu-<lb/>
er&#x017F;t den Metallreitz als Pru&#x0364;fungsmittel des wahren To-<lb/>
des vor, und der letzte hat einen ru&#x0364;hmlichen Eifer be-<lb/>
wie&#x017F;en, die&#x017F;en Vor&#x017F;chlag, der durch viele Zeit&#x017F;chriften<lb/>
verbreitet und gu&#x0364;n&#x017F;tig aufgenommen worden i&#x017F;t, durch<lb/>
mu&#x0364;h&#x017F;ame Ver&#x017F;uche an Leichen zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen. Beyder<lb/>
Gru&#x0364;nde wurden durch <hi rendition="#g">Himly</hi> und <hi rendition="#g">Pfaff</hi> lebhaft be-<lb/>
&#x017F;tritten. Jn der That i&#x017F;t die Unter&#x017F;uchung die&#x017F;er Streit-<lb/>
frage unendlich wichtig fu&#x0364;r das Men&#x017F;chenge&#x017F;chlecht. Je<lb/>
empfehlender das neue Mittel durch &#x017F;eine Einfachheit<lb/>
und Bequemlichkeit i&#x017F;t; de&#x017F;to ern&#x017F;thafter muß man jede<lb/>
Ta&#x0364;u&#x017F;chung zu entfernen &#x017F;uchen. Jch habe Herrn <hi rendition="#g">Cre-<lb/>
ve's</hi> Schrift mit meinen eigenen Erfahrungen vergli-<lb/>
chen, und, wenn das Re&#x017F;ultat jener Vergleichung auch<lb/>
nicht ganz zum Vortheil des neuen Pru&#x0364;fungsmittels aus-<lb/>
fa&#x0364;llt; &#x017F;o kann dieß die Achtung nicht mindern, welche<lb/>
der Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chon dadurch verdient, daß er eine wich-<lb/>
tige Sache mit &#x017F;o ausharrender Tha&#x0364;tigkeit verfolgte.<lb/>
Ein Philo&#x017F;oph, welcher unabla&#x0364;ßig an der Erweiterung<lb/>
men&#x017F;chlicher Kenntni&#x017F;&#x017F;e arbeitet, der Erzbi&#x017F;choff <hi rendition="#g">Carl</hi><lb/>
von <hi rendition="#g">Dalberg</hi>, Coadjutor zu Mainz, hat Herrn <hi rendition="#g">Creve</hi><lb/>
und mich gleichzeitig zu jenen Unter&#x017F;uchungen aufgefor-<lb/>
dert. Auf <hi rendition="#g">Einem</hi> Wege &#x017F;ind wir beyde zu <hi rendition="#g">entge-<lb/>
genge&#x017F;etzten</hi> Re&#x017F;ultaten gekommen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[450/0005] Stunden nach dem letzten Athemzuge den Umſtehenden das wichtige Problem loͤſen, ob die Wiedererweckung des Nichtathmenden moͤglich oder unmoͤglich ſey. Die Herren Behrends und Creve ſchlugen zu- erſt den Metallreitz als Pruͤfungsmittel des wahren To- des vor, und der letzte hat einen ruͤhmlichen Eifer be- wieſen, dieſen Vorſchlag, der durch viele Zeitſchriften verbreitet und guͤnſtig aufgenommen worden iſt, durch muͤhſame Verſuche an Leichen zu unterſtuͤtzen. Beyder Gruͤnde wurden durch Himly und Pfaff lebhaft be- ſtritten. Jn der That iſt die Unterſuchung dieſer Streit- frage unendlich wichtig fuͤr das Menſchengeſchlecht. Je empfehlender das neue Mittel durch ſeine Einfachheit und Bequemlichkeit iſt; deſto ernſthafter muß man jede Taͤuſchung zu entfernen ſuchen. Jch habe Herrn Cre- ve's Schrift mit meinen eigenen Erfahrungen vergli- chen, und, wenn das Reſultat jener Vergleichung auch nicht ganz zum Vortheil des neuen Pruͤfungsmittels aus- faͤllt; ſo kann dieß die Achtung nicht mindern, welche der Verfaſſer ſchon dadurch verdient, daß er eine wich- tige Sache mit ſo ausharrender Thaͤtigkeit verfolgte. Ein Philoſoph, welcher unablaͤßig an der Erweiterung menſchlicher Kenntniſſe arbeitet, der Erzbiſchoff Carl von Dalberg, Coadjutor zu Mainz, hat Herrn Creve und mich gleichzeitig zu jenen Unterſuchungen aufgefor- dert. Auf Einem Wege ſind wir beyde zu entge- gengeſetzten Reſultaten gekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_reizmittel_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_reizmittel_1797/5
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Anwendung des Galvanischen Reizmittels auf die praktische Heilkunde. Ein Schreiben des Hrn. Obergerbraths von Humboldt an den Herausgeber. In: Journal für die Chirurgie, Geburtshülfe und gerichtliche Arzneykunde, Bd. 1 (1797), S. 447-471, hier S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_reizmittel_1797/5>, abgerufen am 27.04.2024.