Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.19
Mathematik Bd. IV. (1829) S. 205-231; vergl. auch mein Examen crit. de l'hist. de la Geographie T. IV. p. 275. "In der einfachen Herzählung der verschiedenen Methoden, welche Völker, denen die indische Positions-Arithmetik unbekannt war, angewandt haben, um die multipla der Fundamental-Gruppen auszudrücken, liegt, glaube ich, die Erklärung von der allmäligen Entstehung des indischen Systems. Wenn man die Zahl 3568 perpendicular oder horizontal durch Hülfe von Indicatoren ausdrückt, welche den verschiedenen Abtheilungen des Abacus entsprechen (also M C X I), so erkennt man leicht, daß die Gruppenzeichen (M, C ...) weggelassen werden können. Unsere indischen Zahlen sind aber nichts anderes als jene Indicatoren; sie sind Multiplicatoren der verschiedenen Gruppen. An diese alleinige Bezeichnung durch Indicatoren erinnert auch der alt-asiatische Suanpan (die Rechenmaschine, welche die Mongolen in Rußland eingeführt haben) mit auf einander folgenden Reihen von Schnüren der Tausende, Hunderte, Zehner und Einheiten. Diese Schnüre würden bei dem eben angeführten numerischen Beispiele 3, 5, 6 und 8 Kugeln darbieten. Im Suanpan ist kein Gruppenzeichen sichtbar; die Gruppenzeichen sind die Stellen selbst, und diese Stellen (Schnüre) werden mit Einheiten (3, 5, 6 und 8), als Multiplicatoren oder Indicatoren, angefüllt. Auf beiden Wegen, dem der figurativen (schreibenden) und dem der palpablen (betastenden) Arithmetik, gelangt man demnach zur Position, zum Stellenwerth, zum einfachen Gebrauch von neun Zahlen. Ist die Schnur leer, so bleibt die Stelle im Schreiben offen; fehlt eine Gruppe (ein Glied der Progression), so wird graphisch die Leere durch die Hieroglyphen der Leere (saunya, sifron, tzüphra) ausgefüllt. In der Methode des Eutocius finde ich bei der Gruppe der Myriaden die erste Spur des für den Orient so wichtigen Exponential- oder vielmehr Indications-Systems unter den Griechen. M a , M b , M g bezeichnen 10000, 20000, 30000. Was hier bei den Myriaden allein angewandt wird, geht bei den Chinesen und den Japanesen, die ihre Cultur von den Chinesen erst 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung erhielten, durch alle multipla der Gruppen hindurch. Im Gobar, der arabischen Staubschrift, welche von meinem verewigten Freunde und Lehrer Silvestre de 19
Mathematik Bd. IV. (1829) S. 205–231; vergl. auch mein Examen crit. de l'hist. de la Géographie T. IV. p. 275. „In der einfachen Herzählung der verschiedenen Methoden, welche Völker, denen die indische Positions-Arithmetik unbekannt war, angewandt haben, um die multipla der Fundamental-Gruppen auszudrücken, liegt, glaube ich, die Erklärung von der allmäligen Entstehung des indischen Systems. Wenn man die Zahl 3568 perpendicular oder horizontal durch Hülfe von Indicatoren ausdrückt, welche den verschiedenen Abtheilungen des Abacus entsprechen (also M C X I), so erkennt man leicht, daß die Gruppenzeichen (M, C ...) weggelassen werden können. Unsere indischen Zahlen sind aber nichts anderes als jene Indicatoren; sie sind Multiplicatoren der verschiedenen Gruppen. An diese alleinige Bezeichnung durch Indicatoren erinnert auch der alt-asiatische Suanpan (die Rechenmaschine, welche die Mongolen in Rußland eingeführt haben) mit auf einander folgenden Reihen von Schnüren der Tausende, Hunderte, Zehner und Einheiten. Diese Schnüre würden bei dem eben angeführten numerischen Beispiele 3, 5, 6 und 8 Kugeln darbieten. Im Suanpan ist kein Gruppenzeichen sichtbar; die Gruppenzeichen sind die Stellen selbst, und diese Stellen (Schnüre) werden mit Einheiten (3, 5, 6 und 8), als Multiplicatoren oder Indicatoren, angefüllt. Auf beiden Wegen, dem der figurativen (schreibenden) und dem der palpablen (betastenden) Arithmetik, gelangt man demnach zur Position, zum Stellenwerth, zum einfachen Gebrauch von neun Zahlen. Ist die Schnur leer, so bleibt die Stelle im Schreiben offen; fehlt eine Gruppe (ein Glied der Progression), so wird graphisch die Leere durch die Hieroglyphen der Leere (sûnya, sifron, tzüphra) ausgefüllt. In der Methode des Eutocius finde ich bei der Gruppe der Myriaden die erste Spur des für den Orient so wichtigen Exponential- oder vielmehr Indications-Systems unter den Griechen. M α , M β , M γ bezeichnen 10000, 20000, 30000. Was hier bei den Myriaden allein angewandt wird, geht bei den Chinesen und den Japanesen, die ihre Cultur von den Chinesen erst 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung erhielten, durch alle multipla der Gruppen hindurch. Im Gobar, der arabischen Staubschrift, welche von meinem verewigten Freunde und Lehrer Silvestre de <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note xml:id="ftn358-text" prev="#ftn358" place="end" n="19"><hi rendition="#g"><pb facs="#f0460" n="455"/> Mathematik</hi> Bd. IV. (1829) S. 205–231; vergl. auch mein <hi rendition="#g">Examen crit. de l'hist. de la Géographie</hi> T. 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