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Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119.

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stehen die Wetter, im eigentlichen Sinne des Worts,
als Gewölk oft nur auf einem Theile der Stollsohle,
warum setzen sie sich nicht in ein niveau mit den um-
gebenden? Gießen Sie in Jhr Zimmer 5 -- 6 Bou-
teillen brennbares Gas aus, so vertheilt es sich gleich-
maßig an die Decke. Schütten Sie kohlensaures Gas
aus, so lagert es sich in die Tiefe, mischt sich mit der
Feuchtigkeit Jhrer Stubenluft; Sie können nicht sa-
gen: hier ist Kohlensäure, dort Wasserstoffgas; alles
ist im niveau, alles gleichmäßig vertheilt. Ganz
anders ist es im Jnnern der Erde. Auf einer Soh-
le stehen verschiedenartige Wetter, (getrennt wie Wol-
ken von +E und E), bald unsichtbar, wie alle
Gasarten, bald Licht reflektirend, und von milchigem
Ansehn mit deutlichen Conturen. -- Wir Menschen,
die wir auf dem Boden eines Luftmeers wohnen, des-
sen Tiefe wir nicht kennen, über dessen Spiegel wir
nicht den Kopf herausstrecken können; wir haschen
nach den Wolken über uns, da wir den unterirdischen
Himmel so nahe haben. Wenn es in diesem auch
nicht hagelt und schneit, so können wir doch Nebel,
Thau und Winde, (Wetterwechsel, der schlech-
terdings nicht
vom Drucke der äußern Atmosphä-
re abhängen kann,) ja selbst ein tödtendes Wetter-
leuchten
in ihm wahrnehmen! Es giebt schlagende
Wetter, die schlechterdings nur elektrischen Erscheinun-
gen zuzuschreiben sind, Gasarten, die sich in den Gru-
ben von selbst entzünden, und wenn sie auch nicht
donnern, doch, (wie ich selbst vernahm,) zischend
brennen. Mögte ich durch diese geringfügigen Be-
trachtungen die Aufmerksamkeit arbeitender Physiker

auf
G 5


stehen die Wetter, im eigentlichen Sinne des Worts,
als Gewoͤlk oft nur auf einem Theile der Stollſohle,
warum ſetzen ſie ſich nicht in ein niveau mit den um-
gebenden? Gießen Sie in Jhr Zimmer 5 — 6 Bou-
teillen brennbares Gas aus, ſo vertheilt es ſich gleich-
maßig an die Decke. Schuͤtten Sie kohlenſaures Gas
aus, ſo lagert es ſich in die Tiefe, miſcht ſich mit der
Feuchtigkeit Jhrer Stubenluft; Sie koͤnnen nicht ſa-
gen: hier iſt Kohlensaͤure, dort Waſſerſtoffgas; alles
iſt im niveau, alles gleichmaͤßig vertheilt. Ganz
anders iſt es im Jnnern der Erde. Auf einer Soh-
le ſtehen verſchiedenartige Wetter, (getrennt wie Wol-
ken von +E und −E), bald unſichtbar, wie alle
Gasarten, bald Licht reflektirend, und von milchigem
Anſehn mit deutlichen Conturen. — Wir Menſchen,
die wir auf dem Boden eines Luftmeers wohnen, deſ-
ſen Tiefe wir nicht kennen, uͤber deſſen Spiegel wir
nicht den Kopf herausſtrecken koͤnnen; wir haſchen
nach den Wolken uͤber uns, da wir den unterirdiſchen
Himmel ſo nahe haben. Wenn es in dieſem auch
nicht hagelt und ſchneit, ſo koͤnnen wir doch Nebel,
Thau und Winde, (Wetterwechſel, der schlech-
terdings nicht
vom Drucke der aͤußern Atmoſphaͤ-
re abhaͤngen kann,) ja ſelbſt ein toͤdtendes Wetter-
leuchten
in ihm wahrnehmen! Es giebt ſchlagende
Wetter, die ſchlechterdings nur elektriſchen Erſcheinun-
gen zuzuſchreiben ſind, Gasarten, die ſich in den Gru-
ben von ſelbſt entzuͤnden, und wenn ſie auch nicht
donnern, doch, (wie ich ſelbſt vernahm,) ziſchend
brennen. Moͤgte ich durch dieſe geringfuͤgigen Be-
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[105/0007] stehen die Wetter, im eigentlichen Sinne des Worts, als Gewoͤlk oft nur auf einem Theile der Stollſohle, warum ſetzen ſie ſich nicht in ein niveau mit den um- gebenden? Gießen Sie in Jhr Zimmer 5 — 6 Bou- teillen brennbares Gas aus, ſo vertheilt es ſich gleich- maßig an die Decke. Schuͤtten Sie kohlenſaures Gas aus, ſo lagert es ſich in die Tiefe, miſcht ſich mit der Feuchtigkeit Jhrer Stubenluft; Sie koͤnnen nicht ſa- gen: hier iſt Kohlensaͤure, dort Waſſerſtoffgas; alles iſt im niveau, alles gleichmaͤßig vertheilt. Ganz anders iſt es im Jnnern der Erde. Auf einer Soh- le ſtehen verſchiedenartige Wetter, (getrennt wie Wol- ken von +E und −E), bald unſichtbar, wie alle Gasarten, bald Licht reflektirend, und von milchigem Anſehn mit deutlichen Conturen. — Wir Menſchen, die wir auf dem Boden eines Luftmeers wohnen, deſ- ſen Tiefe wir nicht kennen, uͤber deſſen Spiegel wir nicht den Kopf herausſtrecken koͤnnen; wir haſchen nach den Wolken uͤber uns, da wir den unterirdiſchen Himmel ſo nahe haben. Wenn es in dieſem auch nicht hagelt und ſchneit, ſo koͤnnen wir doch Nebel, Thau und Winde, (Wetterwechſel, der schlech- terdings nicht vom Drucke der aͤußern Atmoſphaͤ- re abhaͤngen kann,) ja ſelbſt ein toͤdtendes Wetter- leuchten in ihm wahrnehmen! Es giebt ſchlagende Wetter, die ſchlechterdings nur elektriſchen Erſcheinun- gen zuzuſchreiben ſind, Gasarten, die ſich in den Gru- ben von ſelbſt entzuͤnden, und wenn ſie auch nicht donnern, doch, (wie ich ſelbſt vernahm,) ziſchend brennen. Moͤgte ich durch dieſe geringfuͤgigen Be- trachtungen die Aufmerkſamkeit arbeitender Phyſiker auf G 5

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119, hier S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grubenwetter_1795/7>, abgerufen am 23.11.2024.