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Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119.

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men
Meeresfläche eine so reine, den vegetations-
armen
Sandwüsten eine so irrespirable Luft giebt.
Wasserstoffgas, welches in Glocken über oft erneuer-
tes Wasser stand, ist nur zwar oft theilweise in Knall-
luft verwandelt worden, aber nur theilweise. Die Na-
tur muß noch durch andere mir unbekannte Mittel die
Wasserzersetzung im Jnnern der Gebirge befördern.

Jch habe das Gießen des Wassers in Schächte
trefflich wirken sehn, wo das Hydrogene pesant sehr
leicht war, d. h. wo der brennbaren Luft wenig fixe
beygemischt war. Was ist das? Hier scheint das Was-
ser blos mechanisch, durch Stoß, durch Verdrängen,
durch Beförderung des Wetterwechsels zu wirken.
Eben so das Buschen mit Tannenreisern, welches auf
unsrer Wunsiedler-Refier sehr gebräuchlich ist.

Jch erwähne noch einmal der Umhüllungen, der
unerkannten Gesetze, nach denen gemengte Gasarten
sich gegenseitig etwas von ihren Eigenschaften rauben!
Jch fragte schon in meinen Aphorismis ex doctri-
na physiologiae chemicae plantarum,
wie Stickstoff
und Sauerstoffgas bey ungleichen specifischen Gewich-
ten sich in einem niveau in der Atmosphäre erhalten
könnten, warum das eine nicht gegen die wogende
Oberfläche unsers Luftmeers emporsteige? Jn der Gru-
be erneuert sich mir diese Frage täglich. Warum zieht
das gas hydrogene, mit so wenig Kohlensäure um-
hüllt, nicht zu den Schächten hinaus, warum fand
ich es in ziemlicher Reinheit bisweilen nahe am Füll-
orte? Warum, ich rede als Augenzeuge, warum

ste


men
Meeresflaͤche eine ſo reine, den vegetations-
armen
Sandwuͤsten eine ſo irreſpirable Luft giebt.
Waſſerſtoffgas, welches in Glocken uͤber oft erneuer-
tes Waſſer ſtand, iſt nur zwar oft theilweiſe in Knall-
luft verwandelt worden, aber nur theilweiſe. Die Na-
tur muß noch durch andere mir unbekannte Mittel die
Waſſerzerſetzung im Jnnern der Gebirge befoͤrdern.

Jch habe das Gießen des Waſſers in Schaͤchte
trefflich wirken ſehn, wo das Hydrogene pesant ſehr
leicht war, d. h. wo der brennbaren Luft wenig fixe
beygemiſcht war. Was iſt das? Hier ſcheint das Waſ-
ſer blos mechaniſch, durch Stoß, durch Verdraͤngen,
durch Befoͤrderung des Wetterwechſels zu wirken.
Eben ſo das Buſchen mit Tannenreiſern, welches auf
unſrer Wunſiedler-Refier ſehr gebraͤuchlich iſt.

Jch erwaͤhne noch einmal der Umhuͤllungen, der
unerkannten Geſetze, nach denen gemengte Gasarten
ſich gegenſeitig etwas von ihren Eigenſchaften rauben!
Jch fragte ſchon in meinen Aphorismis ex doctri-
na phyſiologiae chemicae plantarum,
wie Stickſtoff
und Sauerſtoffgas bey ungleichen ſpecifiſchen Gewich-
ten ſich in einem niveau in der Atmoſphaͤre erhalten
koͤnnten, warum das eine nicht gegen die wogende
Oberflaͤche unſers Luftmeers emporſteige? Jn der Gru-
be erneuert ſich mir dieſe Frage taͤglich. Warum zieht
das gas hydrogene, mit ſo wenig Kohlensaͤure um-
huͤllt, nicht zu den Schaͤchten hinaus, warum fand
ich es in ziemlicher Reinheit bisweilen nahe am Fuͤll-
orte? Warum, ich rede als Augenzeuge, warum

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[104/0006] men Meeresflaͤche eine ſo reine, den vegetations- armen Sandwuͤsten eine ſo irreſpirable Luft giebt. Waſſerſtoffgas, welches in Glocken uͤber oft erneuer- tes Waſſer ſtand, iſt nur zwar oft theilweiſe in Knall- luft verwandelt worden, aber nur theilweiſe. Die Na- tur muß noch durch andere mir unbekannte Mittel die Waſſerzerſetzung im Jnnern der Gebirge befoͤrdern. Jch habe das Gießen des Waſſers in Schaͤchte trefflich wirken ſehn, wo das Hydrogene pesant ſehr leicht war, d. h. wo der brennbaren Luft wenig fixe beygemiſcht war. Was iſt das? Hier ſcheint das Waſ- ſer blos mechaniſch, durch Stoß, durch Verdraͤngen, durch Befoͤrderung des Wetterwechſels zu wirken. Eben ſo das Buſchen mit Tannenreiſern, welches auf unſrer Wunſiedler-Refier ſehr gebraͤuchlich iſt. Jch erwaͤhne noch einmal der Umhuͤllungen, der unerkannten Geſetze, nach denen gemengte Gasarten ſich gegenſeitig etwas von ihren Eigenſchaften rauben! Jch fragte ſchon in meinen Aphorismis ex doctri- na phyſiologiae chemicae plantarum, wie Stickſtoff und Sauerſtoffgas bey ungleichen ſpecifiſchen Gewich- ten ſich in einem niveau in der Atmoſphaͤre erhalten koͤnnten, warum das eine nicht gegen die wogende Oberflaͤche unſers Luftmeers emporſteige? Jn der Gru- be erneuert ſich mir dieſe Frage taͤglich. Warum zieht das gas hydrogene, mit ſo wenig Kohlensaͤure um- huͤllt, nicht zu den Schaͤchten hinaus, warum fand ich es in ziemlicher Reinheit bisweilen nahe am Fuͤll- orte? Warum, ich rede als Augenzeuge, warum ste

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119, hier S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grubenwetter_1795/6>, abgerufen am 28.03.2024.