Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.denen bei Sonnenuntergang weit auseinander außerordentlich Neun Kilometer südostwärts von Nueva Barcelona er- denen bei Sonnenuntergang weit auseinander außerordentlich Neun Kilometer ſüdoſtwärts von Nueva Barcelona er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0277" n="269"/> denen bei Sonnenuntergang weit auseinander außerordentlich<lb/> große Tropfen fallen, hatte mir ein Unwohlſein zugezogen,<lb/> das einen Anfall des Typhus, der eben auf der Küſte herrſchte,<lb/> befürchten ließ. Wir verweilten faſt einen Monat in Barce-<lb/> lona, im Genuß aller Bequemlichkeiten, welche die aufmerk-<lb/> ſamſte Freundſchaft bieten kann. Wir trafen hier auch wie-<lb/> der den trefflichen Ordensmann, Fray Juan Gonzales, deſſen<lb/> ich ſchon erwähnt habe, und der vor uns am oberen Orinoko ge-<lb/> weſen war. Er bedauerte, und mit Recht, daß wir auf den<lb/> Beſuch dieſes unbekannten Landes nur ſo wenige Zeit hatten<lb/> verwenden können; er muſterte unſere Pflanzen und Tiere<lb/> mit dem Intereſſe, das auch der Ungebildetſte für die Pro-<lb/> dukte eines Landes hat, wo er lange gelebt. Fray Juan<lb/> hatte beſchloſſen, nach Europa zurückzukehren und uns dabei<lb/> bis auf die Inſel Cuba zu begleiten. Wir bleiben fortan<lb/> ſieben Monate beiſammen; der Mann war munter, geiſtreich<lb/> und dienſtfertig. Wer mochte ahnen, welches Unglück ſeiner<lb/> wartete! Er nahm einen Teil unſerer Sammlungen mit; ein<lb/> gemeinſchaftlicher Freund vertraute ihm ein Kind an, das<lb/> man in Spanien erziehen laſſen wollte; die Sammlungen,<lb/> das Kind, der junge Geiſtliche, alles wurde von den Wellen<lb/> verſchlungen.</p><lb/> <p>Neun Kilometer ſüdoſtwärts von Nueva Barcelona er-<lb/> hebt ſich eine hohe Bergkette, die ſich an den Cerro del Ber-<lb/> gantin lehnt, den man von Cumana aus ſieht. Der Ort<lb/> iſt unter dem Namen <hi rendition="#aq">Aguas calientes</hi> bekannt. Als ich<lb/> mich gehörig hergeſtellt fühlte, unternahmen wir an einem<lb/> friſchen, nebeligen Morgen einen Ausflug dahin. Das mit<lb/> Schwefelwaſſerſtoff geſchwängerte Waſſer kommt aus einem<lb/> quarzigen Sandſtein, der demſelben dichten Kalkſtein aufge-<lb/> lagert iſt, den wir beim Morro unterſucht hatten. Die Tem-<lb/> peratur desſelben iſt nur 43,2° (bei einer Lufttemperatur von<lb/> 27°); es fließt zuerſt 78 <hi rendition="#aq">m</hi> weit über den Felsboden, ſtürzt<lb/> ſich dann in eine natürliche Höhle, dringt durch den Kalkſtein<lb/> und kommt am Fuß des Berges, am linken Ufer des kleinen<lb/> Fluſſes Narigual wieder zu Tage. Durch die Berührung<lb/> mit dem Sauerſtoff der Luft ſchlagen die Quellen viel Schwefel<lb/> nieder. Die Luftblaſen, welche ſich ſtoßweiſe aus den Ther-<lb/> men entwickeln, habe ich hier nicht geſammelt, wie in Mariara.<lb/> Sie enthalten ohne Zweifel viel Stickſtoff, weil der Schwefel-<lb/> waſſerſtoff das in der Quelle aufgelöſte Gemenge von Sauer-<lb/> ſtoff und Stickſtoff zerſetzt. Die Schwefelwaſſer von San<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0277]
denen bei Sonnenuntergang weit auseinander außerordentlich
große Tropfen fallen, hatte mir ein Unwohlſein zugezogen,
das einen Anfall des Typhus, der eben auf der Küſte herrſchte,
befürchten ließ. Wir verweilten faſt einen Monat in Barce-
lona, im Genuß aller Bequemlichkeiten, welche die aufmerk-
ſamſte Freundſchaft bieten kann. Wir trafen hier auch wie-
der den trefflichen Ordensmann, Fray Juan Gonzales, deſſen
ich ſchon erwähnt habe, und der vor uns am oberen Orinoko ge-
weſen war. Er bedauerte, und mit Recht, daß wir auf den
Beſuch dieſes unbekannten Landes nur ſo wenige Zeit hatten
verwenden können; er muſterte unſere Pflanzen und Tiere
mit dem Intereſſe, das auch der Ungebildetſte für die Pro-
dukte eines Landes hat, wo er lange gelebt. Fray Juan
hatte beſchloſſen, nach Europa zurückzukehren und uns dabei
bis auf die Inſel Cuba zu begleiten. Wir bleiben fortan
ſieben Monate beiſammen; der Mann war munter, geiſtreich
und dienſtfertig. Wer mochte ahnen, welches Unglück ſeiner
wartete! Er nahm einen Teil unſerer Sammlungen mit; ein
gemeinſchaftlicher Freund vertraute ihm ein Kind an, das
man in Spanien erziehen laſſen wollte; die Sammlungen,
das Kind, der junge Geiſtliche, alles wurde von den Wellen
verſchlungen.
Neun Kilometer ſüdoſtwärts von Nueva Barcelona er-
hebt ſich eine hohe Bergkette, die ſich an den Cerro del Ber-
gantin lehnt, den man von Cumana aus ſieht. Der Ort
iſt unter dem Namen Aguas calientes bekannt. Als ich
mich gehörig hergeſtellt fühlte, unternahmen wir an einem
friſchen, nebeligen Morgen einen Ausflug dahin. Das mit
Schwefelwaſſerſtoff geſchwängerte Waſſer kommt aus einem
quarzigen Sandſtein, der demſelben dichten Kalkſtein aufge-
lagert iſt, den wir beim Morro unterſucht hatten. Die Tem-
peratur desſelben iſt nur 43,2° (bei einer Lufttemperatur von
27°); es fließt zuerſt 78 m weit über den Felsboden, ſtürzt
ſich dann in eine natürliche Höhle, dringt durch den Kalkſtein
und kommt am Fuß des Berges, am linken Ufer des kleinen
Fluſſes Narigual wieder zu Tage. Durch die Berührung
mit dem Sauerſtoff der Luft ſchlagen die Quellen viel Schwefel
nieder. Die Luftblaſen, welche ſich ſtoßweiſe aus den Ther-
men entwickeln, habe ich hier nicht geſammelt, wie in Mariara.
Sie enthalten ohne Zweifel viel Stickſtoff, weil der Schwefel-
waſſerſtoff das in der Quelle aufgelöſte Gemenge von Sauer-
ſtoff und Stickſtoff zerſetzt. Die Schwefelwaſſer von San
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