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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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der ganzen Provinz den Namen Neukatalonien zu geben.
Da auf unseren Karten häufig zwei Städte statt einer, Bar-
celona und Cumanagoto, angegeben sind, oder man diese
zwei Namen für gleichbedeutend hält, so erscheint es nicht
nutzlos, die Quelle dieses Irrtums hier anzugeben. An der
Mündung des Rio Neveri stand früher eine indianische,
von Lucas Faxardo im Jahre 1588 gebaute Stadt, unter dem
Namen San Cristoval delos Cumanagotos. Dieselbe
war nur von Eingeborenen bewohnt, die von den Salzwerken
bei Apaicuare hierher gezogen waren. Im Jahre 1637 grün-
dete Urpin 9 km herwärts vom inneren Lande mit einigen
Einwohnern von Cumanagoto und vielen Kataloniern die
spanische Stadt Nueva Barcelona. 34 Jahre lang lagen
die Nachbargemeinden in beständigem Streit, bis im Jahre
1671 der Statthalter Angulo es dahin brachte, daß sie sich
an einer dritten Baustelle vereinigten, wo nunmehr die Stadt
Barcelona steht, die nach meinen Beobachtungen unter dem
10° 6' 52" der Breite liegt. Die alte Stadt Cumanagoto
ist im Lande vielberufen wegen eines wunderthätigen Bildes
der heil. Jungfrau, 1 das, wie die Indianer erzählen, im hohlen
Stamm eines Tutumo oder alten Flaschenkürbisbaumes
(Crescentia Cujete) gefunden worden ist. Dasselbe wurde
in Prozession nach Nueva Barcelona gebracht; aber so oft die
Geistlichkeit mit den Bewohnern der neuen Stadt unzufrieden
war, entfloh es bei Nacht und kehrte in den Baumstamm an
der Mündung des Flusses zurück. Dieses Wunder hörte nicht
eher auf, als bis man den Mönchen von der Regel des hei-
ligen Franziskus ein großes Kloster (das Kollegium der Pro-
paganda) gebaut hatte. Wir haben oben gesehen, daß der
Bischof von Caracas in einem ähnlichen Fall das Bild Unserer
lieben Frau de los Valencianos in die bischöflichen Archive brin-
gen ließ, und daß es dort dreißig Jahre unter Siegel blieb.

Das Klima von Barcelona ist nicht so heiß als das von
Cumana, aber feucht und in der Regenzeit etwas ungesund.
Bonpland hatte die beschwerliche Reise über die Llanos ganz
gut ausgehalten; er war wieder ganz bei Kräften und seine
große Thätigkeit die alte; ich dagegen war in Barcelona un-
wohler als in Angostura, unmittelbar nachdem die Reise auf
den Flüssen hinter uns lag. Einer der tropischen Regen, bei

1 La milagrosa imagen de Maria Santisima del Socorro,
auch Virgen del Tutumo genannt.

der ganzen Provinz den Namen Neukatalonien zu geben.
Da auf unſeren Karten häufig zwei Städte ſtatt einer, Bar-
celona und Cumanagoto, angegeben ſind, oder man dieſe
zwei Namen für gleichbedeutend hält, ſo erſcheint es nicht
nutzlos, die Quelle dieſes Irrtums hier anzugeben. An der
Mündung des Rio Neveri ſtand früher eine indianiſche,
von Lucas Faxardo im Jahre 1588 gebaute Stadt, unter dem
Namen San Criſtoval delos Cumanagotos. Dieſelbe
war nur von Eingeborenen bewohnt, die von den Salzwerken
bei Apaicuare hierher gezogen waren. Im Jahre 1637 grün-
dete Urpin 9 km herwärts vom inneren Lande mit einigen
Einwohnern von Cumanagoto und vielen Kataloniern die
ſpaniſche Stadt Nueva Barcelona. 34 Jahre lang lagen
die Nachbargemeinden in beſtändigem Streit, bis im Jahre
1671 der Statthalter Angulo es dahin brachte, daß ſie ſich
an einer dritten Bauſtelle vereinigten, wo nunmehr die Stadt
Barcelona ſteht, die nach meinen Beobachtungen unter dem
10° 6′ 52″ der Breite liegt. Die alte Stadt Cumanagoto
iſt im Lande vielberufen wegen eines wunderthätigen Bildes
der heil. Jungfrau, 1 das, wie die Indianer erzählen, im hohlen
Stamm eines Tutumo oder alten Flaſchenkürbisbaumes
(Crescentia Cujete) gefunden worden iſt. Dasſelbe wurde
in Prozeſſion nach Nueva Barcelona gebracht; aber ſo oft die
Geiſtlichkeit mit den Bewohnern der neuen Stadt unzufrieden
war, entfloh es bei Nacht und kehrte in den Baumſtamm an
der Mündung des Fluſſes zurück. Dieſes Wunder hörte nicht
eher auf, als bis man den Mönchen von der Regel des hei-
ligen Franziskus ein großes Kloſter (das Kollegium der Pro-
paganda) gebaut hatte. Wir haben oben geſehen, daß der
Biſchof von Caracas in einem ähnlichen Fall das Bild Unſerer
lieben Frau de los Valencianos in die biſchöflichen Archive brin-
gen ließ, und daß es dort dreißig Jahre unter Siegel blieb.

Das Klima von Barcelona iſt nicht ſo heiß als das von
Cumana, aber feucht und in der Regenzeit etwas ungeſund.
Bonpland hatte die beſchwerliche Reiſe über die Llanos ganz
gut ausgehalten; er war wieder ganz bei Kräften und ſeine
große Thätigkeit die alte; ich dagegen war in Barcelona un-
wohler als in Angoſtura, unmittelbar nachdem die Reiſe auf
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auch Virgen del Tutumo genannt.
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[268/0276] der ganzen Provinz den Namen Neukatalonien zu geben. Da auf unſeren Karten häufig zwei Städte ſtatt einer, Bar- celona und Cumanagoto, angegeben ſind, oder man dieſe zwei Namen für gleichbedeutend hält, ſo erſcheint es nicht nutzlos, die Quelle dieſes Irrtums hier anzugeben. An der Mündung des Rio Neveri ſtand früher eine indianiſche, von Lucas Faxardo im Jahre 1588 gebaute Stadt, unter dem Namen San Criſtoval delos Cumanagotos. Dieſelbe war nur von Eingeborenen bewohnt, die von den Salzwerken bei Apaicuare hierher gezogen waren. Im Jahre 1637 grün- dete Urpin 9 km herwärts vom inneren Lande mit einigen Einwohnern von Cumanagoto und vielen Kataloniern die ſpaniſche Stadt Nueva Barcelona. 34 Jahre lang lagen die Nachbargemeinden in beſtändigem Streit, bis im Jahre 1671 der Statthalter Angulo es dahin brachte, daß ſie ſich an einer dritten Bauſtelle vereinigten, wo nunmehr die Stadt Barcelona ſteht, die nach meinen Beobachtungen unter dem 10° 6′ 52″ der Breite liegt. Die alte Stadt Cumanagoto iſt im Lande vielberufen wegen eines wunderthätigen Bildes der heil. Jungfrau, 1 das, wie die Indianer erzählen, im hohlen Stamm eines Tutumo oder alten Flaſchenkürbisbaumes (Crescentia Cujete) gefunden worden iſt. Dasſelbe wurde in Prozeſſion nach Nueva Barcelona gebracht; aber ſo oft die Geiſtlichkeit mit den Bewohnern der neuen Stadt unzufrieden war, entfloh es bei Nacht und kehrte in den Baumſtamm an der Mündung des Fluſſes zurück. Dieſes Wunder hörte nicht eher auf, als bis man den Mönchen von der Regel des hei- ligen Franziskus ein großes Kloſter (das Kollegium der Pro- paganda) gebaut hatte. Wir haben oben geſehen, daß der Biſchof von Caracas in einem ähnlichen Fall das Bild Unſerer lieben Frau de los Valencianos in die biſchöflichen Archive brin- gen ließ, und daß es dort dreißig Jahre unter Siegel blieb. Das Klima von Barcelona iſt nicht ſo heiß als das von Cumana, aber feucht und in der Regenzeit etwas ungeſund. Bonpland hatte die beſchwerliche Reiſe über die Llanos ganz gut ausgehalten; er war wieder ganz bei Kräften und ſeine große Thätigkeit die alte; ich dagegen war in Barcelona un- wohler als in Angoſtura, unmittelbar nachdem die Reiſe auf den Flüſſen hinter uns lag. Einer der tropiſchen Regen, bei 1 La milagrosa imagen de Maria Santisima del Socorro, auch Virgen del Tutumo genannt.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/276>, abgerufen am 22.11.2024.