gewesen waren, während meines Aufenthaltes in San Carlos del Rio Negro genaue Notizen gegeben haben. Der See Amucu ist mehrere Meilen breit und hat zwei kleine Inseln, die ich Santas Islas Ipomucena nennen hörte. Der Rupu- nuwini, an dessen Ufer Hortsmann Felsen mit hieroglyphischen Bildern entdeckt hat, kommt diesem See ganz nahe, steht aber in keiner Verbindung mit demselben. Der Trageplatz zwischen dem Rupunuwini und dem Mahu liegt weiter gegen Nord, wo der Berg Ucucuamo sich erhebt, der bei den Eingeborenen noch jetzt der Goldberg heißt. Sie gaben Hortsmann den Rat, um den Rio Mahu herum eine Silbergrube (ohne Zweifel großblätteriger Glimmer), Diamanten und Smaragde zu suchen: der Reisende fand aber nichts als Bergkristall. Aus seinem Berichte scheint hervorzugehen, daß der ganze nach Ost streichende Zug der Gebirge am oberen Orinoko (Sierra Parime) aus Graniten besteht, in denen, wie am Pik Duida, häufig Drusen und offene Gänge vorkommen. In dieser Gegend, die noch immer für sehr goldreich gilt, leben an der West- grenze von Holländisch-Guyana die Macusi, Aturajos und Acuvajos; später fand Santos diese Völkerschaften zwischen dem Rupunuwini, dem Mahu und der Bergkette Pacaraimo angesiedelt. Das glimmerreiche Gestein am Berge Ucucuamo, der Name des Rio Parime, das Aus- treten der Flüsse Urariapara, Parime und Xurumu, besonders aber der See Amucu (der nahe beim Rio Rupunuwini liegt und für die Hauptquelle des Rio Parime gilt) haben die Fabel vom Weißen Meere und dem Dorado der Parime veranlaßt. Alle diese Momente (und eben dadurch wirkten sie zu einer Vorstellung zusammen) finden sich auf einer von Nord nach Süd 36 bis 40 km breiten, von Ost nach West 180 km langen Strecke nebeneinander. Diese Lage gab man auch bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts dem Weißen Meere, nur daß man es in der Richtung eines Parallels verlängerte. Dieses Weiße Meer ist nun aber nichts anderes als der Rio Parime, der auch Weißer Fluß, Rio Branco oder de aguas blancas heißt und diesen ganzen Landstrich, über den er läuft, unter Wasser setzt. Auf den ältesten Karten heißt das Weiße Meer Rupunuwini, und daraus geht hervor, daß die Sage eben hier zu Hause ist, da unter allen Nebenflüssen des Essequibo der Rio Rupunuwini dem See Amucu am nächsten kommt. Bei seiner ersten Reise (1595)
geweſen waren, während meines Aufenthaltes in San Carlos del Rio Negro genaue Notizen gegeben haben. Der See Amucu iſt mehrere Meilen breit und hat zwei kleine Inſeln, die ich Santas Islas Ipomucena nennen hörte. Der Rupu- nuwini, an deſſen Ufer Hortsmann Felſen mit hieroglyphiſchen Bildern entdeckt hat, kommt dieſem See ganz nahe, ſteht aber in keiner Verbindung mit demſelben. Der Trageplatz zwiſchen dem Rupunuwini und dem Mahu liegt weiter gegen Nord, wo der Berg Ucucuamo ſich erhebt, der bei den Eingeborenen noch jetzt der Goldberg heißt. Sie gaben Hortsmann den Rat, um den Rio Mahu herum eine Silbergrube (ohne Zweifel großblätteriger Glimmer), Diamanten und Smaragde zu ſuchen: der Reiſende fand aber nichts als Bergkriſtall. Aus ſeinem Berichte ſcheint hervorzugehen, daß der ganze nach Oſt ſtreichende Zug der Gebirge am oberen Orinoko (Sierra Parime) aus Graniten beſteht, in denen, wie am Pik Duida, häufig Druſen und offene Gänge vorkommen. In dieſer Gegend, die noch immer für ſehr goldreich gilt, leben an der Weſt- grenze von Holländiſch-Guyana die Macuſi, Aturajos und Acuvajos; ſpäter fand Santos dieſe Völkerſchaften zwiſchen dem Rupunuwini, dem Mahu und der Bergkette Pacaraimo angeſiedelt. Das glimmerreiche Geſtein am Berge Ucucuamo, der Name des Rio Parime, das Aus- treten der Flüſſe Urariapara, Parime und Xurumu, beſonders aber der See Amucu (der nahe beim Rio Rupunuwini liegt und für die Hauptquelle des Rio Parime gilt) haben die Fabel vom Weißen Meere und dem Dorado der Parime veranlaßt. Alle dieſe Momente (und eben dadurch wirkten ſie zu einer Vorſtellung zuſammen) finden ſich auf einer von Nord nach Süd 36 bis 40 km breiten, von Oſt nach Weſt 180 km langen Strecke nebeneinander. Dieſe Lage gab man auch bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts dem Weißen Meere, nur daß man es in der Richtung eines Parallels verlängerte. Dieſes Weiße Meer iſt nun aber nichts anderes als der Rio Parime, der auch Weißer Fluß, Rio Branco oder de aguas blancas heißt und dieſen ganzen Landſtrich, über den er läuft, unter Waſſer ſetzt. Auf den älteſten Karten heißt das Weiße Meer Rupunuwini, und daraus geht hervor, daß die Sage eben hier zu Hauſe iſt, da unter allen Nebenflüſſen des Eſſequibo der Rio Rupunuwini dem See Amucu am nächſten kommt. Bei ſeiner erſten Reiſe (1595)
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geweſen waren, während meines Aufenthaltes in San Carlos
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nuwini, an deſſen Ufer Hortsmann Felſen mit hieroglyphiſchen
Bildern entdeckt hat, kommt dieſem See ganz nahe, ſteht aber
in keiner Verbindung mit demſelben. Der Trageplatz zwiſchen
dem Rupunuwini und dem Mahu liegt weiter gegen Nord,
wo der Berg Ucucuamo ſich erhebt, der bei den Eingeborenen
noch jetzt der Goldberg heißt. Sie gaben Hortsmann den
Rat, um den Rio Mahu herum eine Silbergrube (ohne Zweifel
großblätteriger Glimmer), Diamanten und Smaragde zu ſuchen:
der Reiſende fand aber nichts als Bergkriſtall. Aus ſeinem
Berichte ſcheint hervorzugehen, daß der ganze nach Oſt ſtreichende
Zug der Gebirge am oberen Orinoko (Sierra Parime) aus
Graniten beſteht, in denen, wie am Pik Duida, häufig
Druſen und offene Gänge vorkommen. In dieſer Gegend,
die noch immer für ſehr goldreich gilt, leben an der Weſt-
grenze von Holländiſch-Guyana die Macuſi, Aturajos und
Acuvajos; ſpäter fand Santos dieſe Völkerſchaften zwiſchen
dem Rupunuwini, dem Mahu und der Bergkette Pacaraimo
angeſiedelt. Das glimmerreiche Geſtein am Berge
Ucucuamo, der Name des Rio Parime, das Aus-
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beſonders aber der See Amucu (der nahe beim
Rio Rupunuwini liegt und für die Hauptquelle
des Rio Parime gilt) haben die Fabel vom Weißen
Meere und dem Dorado der Parime veranlaßt.
Alle dieſe Momente (und eben dadurch wirkten ſie zu einer
Vorſtellung zuſammen) finden ſich auf einer von Nord nach
Süd 36 bis 40 km breiten, von Oſt nach Weſt 180 km
langen Strecke nebeneinander. Dieſe Lage gab man auch bis
zum Anfange des 16. Jahrhunderts dem Weißen Meere,
nur daß man es in der Richtung eines Parallels verlängerte.
Dieſes Weiße Meer iſt nun aber nichts anderes als der
Rio Parime, der auch Weißer Fluß, Rio Branco oder
de aguas blancas heißt und dieſen ganzen Landſtrich, über
den er läuft, unter Waſſer ſetzt. Auf den älteſten Karten
heißt das Weiße Meer Rupunuwini, und daraus geht
hervor, daß die Sage eben hier zu Hauſe iſt, da unter allen
Nebenflüſſen des Eſſequibo der Rio Rupunuwini dem See
Amucu am nächſten kommt. Bei ſeiner erſten Reiſe (1595)
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/202>, abgerufen am 15.06.2024.
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