Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Jahre die mehlige Frucht des Pirijao für sie so gut ein San Fernando de Atabapo, San Carlos und San Fran- Jahre die mehlige Frucht des Pirijao für ſie ſo gut ein San Fernando de Atabapo, San Carlos und San Fran- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0215" n="207"/> Jahre die mehlige Frucht des Pirijao für ſie ſo gut ein<lb/> Hauptnahrungsmittel iſt als der Maniok und die Banane.<lb/> Der Baum trägt nur einmal im Jahre, aber oft drei Trauben,<lb/> alſo 150 bis 200 Früchte.</p><lb/> <p>San Fernando de Atabapo, San Carlos und San Fran-<lb/> cisco Solano ſind die bedeutendſten Miſſionen am oberen<lb/> Orinoko. In San Fernando wie in den benachbarten Dörfern<lb/> San Baltaſar und Javita fanden wir hübſche Pfarrhäuſer,<lb/> mit Schlingpflanzen bewachſen und mit Gärten umgeben. Die<lb/> ſchlanken Stämme der Pirijaopalme waren in unſeren Augen<lb/> die Hauptzierde dieſer Pflanzungen. Auf unſeren Spazier-<lb/> gängen erzählte uns der Pater Präſident ſehr lebhaft von<lb/> ſeinen Fahrten auf dem Rio Guaviare. Er ſprach davon,<lb/> wie ſehr ſich die Indianer auf Züge „zur Eroberung von<lb/> Seelen“ freuen; jedermann, ſelbſt Weiber und Greiſe, wollen<lb/> daran teilnehmen. Unter dem nichtigen Vorwande, man ver-<lb/> folge Neubekehrte, die aus dem Dorfe entlaufen, ſchleppt man<lb/> dabei acht- bis zehnjährige Kinder fort und verteilt ſie an<lb/> die Indianer in den Miſſionen als Leibeigene oder <hi rendition="#g">Poitos</hi>.<lb/> Die Reiſetagebücher, die Pater Bartolomeo Mancilla uns ge-<lb/> fällig mitteilte, enthalten ſehr wichtiges geographiſches Material.<lb/> Weiter unten, wenn von den Hauptnebenflüſſen des Orinoko<lb/> die Rede ſein wird, vom Guaviare, Ventuari, Meta, Caura<lb/> und Carony, gebe ich eine Ueberſicht dieſer Entdeckungen. Hier<lb/> nur ſo viel, daß es, nach meinen aſtronomiſchen Beobachtungen<lb/> am Atabapo und auf dem weſtlichen Abhange der Kordillere<lb/> der Anden beim Paramo de la Suma Paz, von San Fer-<lb/> nando bis zu den erſten Dörfern in den Provinzen Caguan<lb/> und San Juan de los Llanos nicht mehr als 480 <hi rendition="#aq">km</hi> iſt.<lb/> Auch verſicherten mich Indianer, die früher weſtlich von der<lb/> Inſel Amanaveni, jenſeits des Einfluſſes des Rio Supavi,<lb/> gelebt, ſie haben auf einer Luſtfahrt im Kanoe (was die Wilden<lb/> ſo heißen) auf dem Guaviare bis über die <hi rendition="#g">Angoſtura</hi> (den<lb/> Engpaß) und den Hauptwaſſerfall hinauf, in drei Tagereiſen<lb/> Entfernung bärtige und bekleidete Männer getroffen, welche<lb/> Eier der Terekey-Schildkröte ſuchten. Darüber waren die<lb/> Indianer ſo erſchrocken, daß ſie in aller Eile umkehrten und<lb/> den Guaviare wieder hinunterfuhren. Wahrſcheinlich kamen<lb/> dieſe weißen, bärtigen Männer aus den Dörfern Aroma und<lb/> San Martin, da ſich die zwei Flüſſe Ariari und Guayavero<lb/> zum Guaviare vereinigen. Es iſt nicht zu verwundern, daß<lb/> die Miſſionäre am Orinoko und Atabapo faſt keine Ahnung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0215]
Jahre die mehlige Frucht des Pirijao für ſie ſo gut ein
Hauptnahrungsmittel iſt als der Maniok und die Banane.
Der Baum trägt nur einmal im Jahre, aber oft drei Trauben,
alſo 150 bis 200 Früchte.
San Fernando de Atabapo, San Carlos und San Fran-
cisco Solano ſind die bedeutendſten Miſſionen am oberen
Orinoko. In San Fernando wie in den benachbarten Dörfern
San Baltaſar und Javita fanden wir hübſche Pfarrhäuſer,
mit Schlingpflanzen bewachſen und mit Gärten umgeben. Die
ſchlanken Stämme der Pirijaopalme waren in unſeren Augen
die Hauptzierde dieſer Pflanzungen. Auf unſeren Spazier-
gängen erzählte uns der Pater Präſident ſehr lebhaft von
ſeinen Fahrten auf dem Rio Guaviare. Er ſprach davon,
wie ſehr ſich die Indianer auf Züge „zur Eroberung von
Seelen“ freuen; jedermann, ſelbſt Weiber und Greiſe, wollen
daran teilnehmen. Unter dem nichtigen Vorwande, man ver-
folge Neubekehrte, die aus dem Dorfe entlaufen, ſchleppt man
dabei acht- bis zehnjährige Kinder fort und verteilt ſie an
die Indianer in den Miſſionen als Leibeigene oder Poitos.
Die Reiſetagebücher, die Pater Bartolomeo Mancilla uns ge-
fällig mitteilte, enthalten ſehr wichtiges geographiſches Material.
Weiter unten, wenn von den Hauptnebenflüſſen des Orinoko
die Rede ſein wird, vom Guaviare, Ventuari, Meta, Caura
und Carony, gebe ich eine Ueberſicht dieſer Entdeckungen. Hier
nur ſo viel, daß es, nach meinen aſtronomiſchen Beobachtungen
am Atabapo und auf dem weſtlichen Abhange der Kordillere
der Anden beim Paramo de la Suma Paz, von San Fer-
nando bis zu den erſten Dörfern in den Provinzen Caguan
und San Juan de los Llanos nicht mehr als 480 km iſt.
Auch verſicherten mich Indianer, die früher weſtlich von der
Inſel Amanaveni, jenſeits des Einfluſſes des Rio Supavi,
gelebt, ſie haben auf einer Luſtfahrt im Kanoe (was die Wilden
ſo heißen) auf dem Guaviare bis über die Angoſtura (den
Engpaß) und den Hauptwaſſerfall hinauf, in drei Tagereiſen
Entfernung bärtige und bekleidete Männer getroffen, welche
Eier der Terekey-Schildkröte ſuchten. Darüber waren die
Indianer ſo erſchrocken, daß ſie in aller Eile umkehrten und
den Guaviare wieder hinunterfuhren. Wahrſcheinlich kamen
dieſe weißen, bärtigen Männer aus den Dörfern Aroma und
San Martin, da ſich die zwei Flüſſe Ariari und Guayavero
zum Guaviare vereinigen. Es iſt nicht zu verwundern, daß
die Miſſionäre am Orinoko und Atabapo faſt keine Ahnung
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