überkohlensaures Eisen enthalten. Am Orinoko sind 13 bis 16 m dicke Granitmassen gleichförmig mit diesen Oxyden über- zogen, und so dünn diese Rinden erscheinen, enthalten sie doch ansehnliche Mengen Eisen und Mangan, da sie über 20 qkm Fläche haben.
Es ist zu bemerken, daß alle diese Erscheinungen von Färbung des Gesteines bis jetzt nur in der heißen Zone beob- achtet worden sind, an Flüssen, deren Temperatur gewöhn- lich 24 bis 28° beträgt und die nicht über Sandstein oder Kalkstein, sondern über Granit, Gneis und Hornblendegestein laufen. Der Quarz und der Feldspat enthalten kaum 5 bis 6 Tausendteile Eisen- und Manganoxyd; dagegen im Glim- mer und in der Hornblende kommen diese Oxyde, besonders das Eisenoxyd, nach Klaproth und Herrmann, bis zu 15 und 20 Prozent vor. Die Hornblende enthält zudem Kohle, wie auch der lydische Stein und der Kieselschiefer. Bildet sich nun diese schwarze Rinde durch eine langsame Zersetzung des Granits unter dem doppelten Einfluß der Feuchtigkeit und der Sonne der Tropen, wie soll man es erklären, daß die Oxyde sich so gleichförmig über die ganze Oberfläche des Gesteines verbreiten, daß um einen Glimmer- und Hornblendekristall nicht mehr davon liegt als über dem Feldspat und dem milchigen Quarz? Der eisenschüssige Sandstein, der Granit, der Marmor, die aschfarbig, zuweilen braun werden, haben ein ganz anderes Aussehen. Der Glanz und die gleiche Dicke der Rinde lassen vielmehr vermuten, daß der Stoff ein Niederschlag aus dem Wasser des Orinoko ist, das in die Spalten des Gesteines ge- drungen. Geht man von dieser Voraussetzung aus, so fragt man sich, ob jene Oxyde im Flusse nur suspendiert sind, wie der Sand und andere erdige Substanzen, oder wirklich chemisch aufgelöst? Der ersteren Annahme widerspricht der Umstand, daß die Rinde völlig homogen ist und neben den Oxyden weder Sandkörner noch Glimmerblättchen sich darin finden. Man muß daher annehmen, daß chemische Auflösung vorliegt, und die Vorgänge, die wir täglich in unseren Laboratorien beobachten, widersprechen dieser Voraussetzung durchaus nicht. Das Wasser großer Flüsse enthält Kohlensäure, und wäre es auch ganz rein, so könnte es doch immer in sehr großen Mengen einige Teilchen Metalloxyd oder Hydrat auflösen, wenn dieselben auch für unauflöslich gelten. Im Nilschlamm, also im Niederschlag der im Flusse suspendierten Stoffe, findet sich kein Mangan; er enthält aber nach Reynaults Analyse
überkohlenſaures Eiſen enthalten. Am Orinoko ſind 13 bis 16 m dicke Granitmaſſen gleichförmig mit dieſen Oxyden über- zogen, und ſo dünn dieſe Rinden erſcheinen, enthalten ſie doch anſehnliche Mengen Eiſen und Mangan, da ſie über 20 qkm Fläche haben.
Es iſt zu bemerken, daß alle dieſe Erſcheinungen von Färbung des Geſteines bis jetzt nur in der heißen Zone beob- achtet worden ſind, an Flüſſen, deren Temperatur gewöhn- lich 24 bis 28° beträgt und die nicht über Sandſtein oder Kalkſtein, ſondern über Granit, Gneis und Hornblendegeſtein laufen. Der Quarz und der Feldſpat enthalten kaum 5 bis 6 Tauſendteile Eiſen- und Manganoxyd; dagegen im Glim- mer und in der Hornblende kommen dieſe Oxyde, beſonders das Eiſenoxyd, nach Klaproth und Herrmann, bis zu 15 und 20 Prozent vor. Die Hornblende enthält zudem Kohle, wie auch der lydiſche Stein und der Kieſelſchiefer. Bildet ſich nun dieſe ſchwarze Rinde durch eine langſame Zerſetzung des Granits unter dem doppelten Einfluß der Feuchtigkeit und der Sonne der Tropen, wie ſoll man es erklären, daß die Oxyde ſich ſo gleichförmig über die ganze Oberfläche des Geſteines verbreiten, daß um einen Glimmer- und Hornblendekriſtall nicht mehr davon liegt als über dem Feldſpat und dem milchigen Quarz? Der eiſenſchüſſige Sandſtein, der Granit, der Marmor, die aſchfarbig, zuweilen braun werden, haben ein ganz anderes Ausſehen. Der Glanz und die gleiche Dicke der Rinde laſſen vielmehr vermuten, daß der Stoff ein Niederſchlag aus dem Waſſer des Orinoko iſt, das in die Spalten des Geſteines ge- drungen. Geht man von dieſer Vorausſetzung aus, ſo fragt man ſich, ob jene Oxyde im Fluſſe nur ſuſpendiert ſind, wie der Sand und andere erdige Subſtanzen, oder wirklich chemiſch aufgelöſt? Der erſteren Annahme widerſpricht der Umſtand, daß die Rinde völlig homogen iſt und neben den Oxyden weder Sandkörner noch Glimmerblättchen ſich darin finden. Man muß daher annehmen, daß chemiſche Auflöſung vorliegt, und die Vorgänge, die wir täglich in unſeren Laboratorien beobachten, widerſprechen dieſer Vorausſetzung durchaus nicht. Das Waſſer großer Flüſſe enthält Kohlenſäure, und wäre es auch ganz rein, ſo könnte es doch immer in ſehr großen Mengen einige Teilchen Metalloxyd oder Hydrat auflöſen, wenn dieſelben auch für unauflöslich gelten. Im Nilſchlamm, alſo im Niederſchlag der im Fluſſe ſuſpendierten Stoffe, findet ſich kein Mangan; er enthält aber nach Reynaults Analyſe
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überkohlenſaures Eiſen enthalten. Am Orinoko ſind 13 bis
16 m dicke Granitmaſſen gleichförmig mit dieſen Oxyden über-
zogen, und ſo dünn dieſe Rinden erſcheinen, enthalten ſie
doch anſehnliche Mengen Eiſen und Mangan, da ſie über
20 qkm Fläche haben.
Es iſt zu bemerken, daß alle dieſe Erſcheinungen von
Färbung des Geſteines bis jetzt nur in der heißen Zone beob-
achtet worden ſind, an Flüſſen, deren Temperatur gewöhn-
lich 24 bis 28° beträgt und die nicht über Sandſtein oder
Kalkſtein, ſondern über Granit, Gneis und Hornblendegeſtein
laufen. Der Quarz und der Feldſpat enthalten kaum 5 bis
6 Tauſendteile Eiſen- und Manganoxyd; dagegen im Glim-
mer und in der Hornblende kommen dieſe Oxyde, beſonders
das Eiſenoxyd, nach Klaproth und Herrmann, bis zu 15 und
20 Prozent vor. Die Hornblende enthält zudem Kohle, wie auch
der lydiſche Stein und der Kieſelſchiefer. Bildet ſich nun
dieſe ſchwarze Rinde durch eine langſame Zerſetzung des Granits
unter dem doppelten Einfluß der Feuchtigkeit und der Sonne
der Tropen, wie ſoll man es erklären, daß die Oxyde ſich ſo
gleichförmig über die ganze Oberfläche des Geſteines verbreiten,
daß um einen Glimmer- und Hornblendekriſtall nicht mehr
davon liegt als über dem Feldſpat und dem milchigen Quarz?
Der eiſenſchüſſige Sandſtein, der Granit, der Marmor, die
aſchfarbig, zuweilen braun werden, haben ein ganz anderes
Ausſehen. Der Glanz und die gleiche Dicke der Rinde laſſen
vielmehr vermuten, daß der Stoff ein Niederſchlag aus dem
Waſſer des Orinoko iſt, das in die Spalten des Geſteines ge-
drungen. Geht man von dieſer Vorausſetzung aus, ſo fragt
man ſich, ob jene Oxyde im Fluſſe nur ſuſpendiert ſind, wie
der Sand und andere erdige Subſtanzen, oder wirklich chemiſch
aufgelöſt? Der erſteren Annahme widerſpricht der Umſtand,
daß die Rinde völlig homogen iſt und neben den Oxyden
weder Sandkörner noch Glimmerblättchen ſich darin finden.
Man muß daher annehmen, daß chemiſche Auflöſung vorliegt,
und die Vorgänge, die wir täglich in unſeren Laboratorien
beobachten, widerſprechen dieſer Vorausſetzung durchaus nicht.
Das Waſſer großer Flüſſe enthält Kohlenſäure, und wäre es
auch ganz rein, ſo könnte es doch immer in ſehr großen
Mengen einige Teilchen Metalloxyd oder Hydrat auflöſen,
wenn dieſelben auch für unauflöslich gelten. Im Nilſchlamm,
alſo im Niederſchlag der im Fluſſe ſuſpendierten Stoffe, findet
ſich kein Mangan; er enthält aber nach Reynaults Analyſe
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/118>, abgerufen am 16.02.2025.
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