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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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Rinde vor. Zerschlägt man das Gestein mit dem Hammer,
so ist es innen unversehrt, weiß, ohne Spur von Zersetzung.
Diese ungeheuren Steinmassen treten bald in viereckigen Um-
rissen auf, bald in der halbkugligen Gestalt, wie sie dem
Granitgestein eigen ist, wenn es sich in Blöcke sondert. Sie
geben der Gegend etwas eigentümlich Düsteres, da ihre Farbe
vom Wasserschaum, der sie bedeckt, und vom Pflanzenwuchs
um sie her scharf absticht. Die Indianer sagen, die Felsen
seien "von der Sonnenglut verbrannt oder verkohlt". Wir
sahen sie nicht nur im Bette des Orinoko, sonder in manchen
Punkten bis zu 970 m vom gegenwärtigen Ufer in Höhen,
bis wohin der Fluß beim höchsten Wasserstande jetzt nicht steigt.

Was ist diese schwarzbraune Kruste, die diesen Felsen,
wenn sie kugelig sind, das Ansehen von Meteorsteinen gibt?
Wie hat man sich die Wirkung des Wassers bei diesem Nieder-
schlag oder bei diesem auffallenden Farbenwechsel zu denken?
Vor allem ist zu bemerken, daß die Erscheinung nicht auf die
Katarakte des Orinoko beschränkt ist, sondern in beiden Hemi-
sphären vorkommt. Als ich, nach der Rückkehr aus Mexiko,
im Jahre 1807 die Granite von Atures und Maypures Ro-
ziere sehen ließ, der das Nilthal, die Küste des Roten Meeres
und den Berg Sinai bereist hat, so zeigte mir der gelehrte
Geolog, daß das Urgebirgsgestein bei den kleinen Katarakten
von Syene, gerade wie das am Orinoko, eine glänzende,
schwarzgraue, fast bleifarbige Oberfläche hat; manche Bruch-
stücke sehen aus wie mit Teer überzogen. Erst neuerlich,
bei der unglücklichen Expedition des Kapitän Tuckey, fiel die-
selbe Erscheinung englischen Naturforschern an den Yellala
(Stromschnellen und Klippen) auf, welche den Kongo- oder
Zairefluß verstopfen. Dr. König hat im Britischen Museum
neben Syenite vom Kongo Granite von Atures gestellt, die
einer Suite von Gebirgsarten entnommen sind, die Bonpland
und ich dem Präsidenten der Londoner königlichen Gesellschaft
überreicht hatten. "Diese Handstücke," sagt König, "sehen
beide aus wie Meteorsteine; bei beiden Gebirgsarten, bei der
vom Orinoko wie bei der afrikanischen, besteht die schwarze
Rinde, nach der Analyse von Children, aus Eisen- und Man-
ganoxyd."

Nach einigen Versuchen, die ich in Mexiko in Verbindung
mit del Rio gemacht, kam ich auf die Vermutung, das Ge-
stein von Atures, welches das Papier, in das es eingeschlagen
ist, schwarz färbt, möchte außer dem Manganoxyd Kohle und

Rinde vor. Zerſchlägt man das Geſtein mit dem Hammer,
ſo iſt es innen unverſehrt, weiß, ohne Spur von Zerſetzung.
Dieſe ungeheuren Steinmaſſen treten bald in viereckigen Um-
riſſen auf, bald in der halbkugligen Geſtalt, wie ſie dem
Granitgeſtein eigen iſt, wenn es ſich in Blöcke ſondert. Sie
geben der Gegend etwas eigentümlich Düſteres, da ihre Farbe
vom Waſſerſchaum, der ſie bedeckt, und vom Pflanzenwuchs
um ſie her ſcharf abſticht. Die Indianer ſagen, die Felſen
ſeien „von der Sonnenglut verbrannt oder verkohlt“. Wir
ſahen ſie nicht nur im Bette des Orinoko, ſonder in manchen
Punkten bis zu 970 m vom gegenwärtigen Ufer in Höhen,
bis wohin der Fluß beim höchſten Waſſerſtande jetzt nicht ſteigt.

Was iſt dieſe ſchwarzbraune Kruſte, die dieſen Felſen,
wenn ſie kugelig ſind, das Anſehen von Meteorſteinen gibt?
Wie hat man ſich die Wirkung des Waſſers bei dieſem Nieder-
ſchlag oder bei dieſem auffallenden Farbenwechſel zu denken?
Vor allem iſt zu bemerken, daß die Erſcheinung nicht auf die
Katarakte des Orinoko beſchränkt iſt, ſondern in beiden Hemi-
ſphären vorkommt. Als ich, nach der Rückkehr aus Mexiko,
im Jahre 1807 die Granite von Atures und Maypures Ro-
zière ſehen ließ, der das Nilthal, die Küſte des Roten Meeres
und den Berg Sinai bereiſt hat, ſo zeigte mir der gelehrte
Geolog, daß das Urgebirgsgeſtein bei den kleinen Katarakten
von Syene, gerade wie das am Orinoko, eine glänzende,
ſchwarzgraue, faſt bleifarbige Oberfläche hat; manche Bruch-
ſtücke ſehen aus wie mit Teer überzogen. Erſt neuerlich,
bei der unglücklichen Expedition des Kapitän Tuckey, fiel die-
ſelbe Erſcheinung engliſchen Naturforſchern an den Yellala
(Stromſchnellen und Klippen) auf, welche den Kongo- oder
Zairefluß verſtopfen. Dr. König hat im Britiſchen Muſeum
neben Syenite vom Kongo Granite von Atures geſtellt, die
einer Suite von Gebirgsarten entnommen ſind, die Bonpland
und ich dem Präſidenten der Londoner königlichen Geſellſchaft
überreicht hatten. „Dieſe Handſtücke,“ ſagt König, „ſehen
beide aus wie Meteorſteine; bei beiden Gebirgsarten, bei der
vom Orinoko wie bei der afrikaniſchen, beſteht die ſchwarze
Rinde, nach der Analyſe von Children, aus Eiſen- und Man-
ganoxyd.“

Nach einigen Verſuchen, die ich in Mexiko in Verbindung
mit del Rio gemacht, kam ich auf die Vermutung, das Ge-
ſtein von Atures, welches das Papier, in das es eingeſchlagen
iſt, ſchwarz färbt, möchte außer dem Manganoxyd Kohle und

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[109/0117] Rinde vor. Zerſchlägt man das Geſtein mit dem Hammer, ſo iſt es innen unverſehrt, weiß, ohne Spur von Zerſetzung. Dieſe ungeheuren Steinmaſſen treten bald in viereckigen Um- riſſen auf, bald in der halbkugligen Geſtalt, wie ſie dem Granitgeſtein eigen iſt, wenn es ſich in Blöcke ſondert. Sie geben der Gegend etwas eigentümlich Düſteres, da ihre Farbe vom Waſſerſchaum, der ſie bedeckt, und vom Pflanzenwuchs um ſie her ſcharf abſticht. Die Indianer ſagen, die Felſen ſeien „von der Sonnenglut verbrannt oder verkohlt“. Wir ſahen ſie nicht nur im Bette des Orinoko, ſonder in manchen Punkten bis zu 970 m vom gegenwärtigen Ufer in Höhen, bis wohin der Fluß beim höchſten Waſſerſtande jetzt nicht ſteigt. Was iſt dieſe ſchwarzbraune Kruſte, die dieſen Felſen, wenn ſie kugelig ſind, das Anſehen von Meteorſteinen gibt? Wie hat man ſich die Wirkung des Waſſers bei dieſem Nieder- ſchlag oder bei dieſem auffallenden Farbenwechſel zu denken? Vor allem iſt zu bemerken, daß die Erſcheinung nicht auf die Katarakte des Orinoko beſchränkt iſt, ſondern in beiden Hemi- ſphären vorkommt. Als ich, nach der Rückkehr aus Mexiko, im Jahre 1807 die Granite von Atures und Maypures Ro- zière ſehen ließ, der das Nilthal, die Küſte des Roten Meeres und den Berg Sinai bereiſt hat, ſo zeigte mir der gelehrte Geolog, daß das Urgebirgsgeſtein bei den kleinen Katarakten von Syene, gerade wie das am Orinoko, eine glänzende, ſchwarzgraue, faſt bleifarbige Oberfläche hat; manche Bruch- ſtücke ſehen aus wie mit Teer überzogen. Erſt neuerlich, bei der unglücklichen Expedition des Kapitän Tuckey, fiel die- ſelbe Erſcheinung engliſchen Naturforſchern an den Yellala (Stromſchnellen und Klippen) auf, welche den Kongo- oder Zairefluß verſtopfen. Dr. König hat im Britiſchen Muſeum neben Syenite vom Kongo Granite von Atures geſtellt, die einer Suite von Gebirgsarten entnommen ſind, die Bonpland und ich dem Präſidenten der Londoner königlichen Geſellſchaft überreicht hatten. „Dieſe Handſtücke,“ ſagt König, „ſehen beide aus wie Meteorſteine; bei beiden Gebirgsarten, bei der vom Orinoko wie bei der afrikaniſchen, beſteht die ſchwarze Rinde, nach der Analyſe von Children, aus Eiſen- und Man- ganoxyd.“ Nach einigen Verſuchen, die ich in Mexiko in Verbindung mit del Rio gemacht, kam ich auf die Vermutung, das Ge- ſtein von Atures, welches das Papier, in das es eingeſchlagen iſt, ſchwarz färbt, möchte außer dem Manganoxyd Kohle und

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/117>, abgerufen am 20.04.2024.