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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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von West nach Ost. Diese Strömung nach oben (corriente
por arriba)
, von der bereits die Rede war, kommt zwei bis
drei Monate im Jahr, vom September bis November, häufig
vor. Man glaubt, sie trete ein, wenn zwischen Jamaika und
dem Kap San Antonio auf Cuba Nordwestwinde geweht
haben.

Die militärische Verteidigung der Küsten von Terra Firma
stützt sich auf sechs Punkte, das Schloß San Antonio bei Cu-
mana, den Morro bei Nueva Barcelona, die Werke (mit 134
Geschützen) bei Guayra, Porto Cabello, das Fort San Carlos
an der Ausmündung des Sees Maracaybo und Cartagena.
Nach Cartagena ist Porto Cabello der wichtigste feste Platz;
die Stadt ist ganz neu und der Hafen einer der schönsten in
beiden Welten. Die Lage ist so günstig, daß die Kunst fast
nichts hinzuzuthun hatte. Eine Erdzunge läuft anfangs gegen
Nord und dann nach West. Die westliche Spitze derselben
liegt einer Reihe von Inseln gegenüber, die durch Brücken
verbunden und so nahe bei einander sind, daß man sie für
eine zweite Landzunge halten kann. Diese Inseln bestehen
sämtlich aus Kalkbreccien von sehr neuer Bildung, ähnlich der
an der Küste von Cumana und am Schloß Araya. Es ist
ein Konglomerat von Madreporen und anderen Korallenbruch-
stücken, die durch ein kalkiges Bindemittel und Sandkörner
verkittet sind. Wir hatten dasselbe Konglomerat bereits am
Rio Guayguazo gesehen. Infolge der eigentümlichen Bildung
des Landes stellt sich der Hafen als ein Becken oder als eine
innere Lagune dar, an deren südlichem Ende eine Menge mit
Manglebäumen bewachsener Eilande liegen. Daß der Hafen-
eingang gegen West liegt, trägt viel zur Ruhe des Wassers
bei. Es kann nur ein Fahrzeug auf einmal einlaufen, aber
die größten Linienschiffe können dicht am Lande ankern, um
Wasser einzunehmen. Die einzige Gefahr beim Einlaufen
bieten die Riffe bei Punta Brava, denen gegenüber eine Bat-
terie von acht Geschützen steht. Gegen West und Südwest
erblickt man das Fort, ein regelmäßiges Fünfeck mit fünf Ba-
stionen, die Batterie beim Riff und die Werke um die alte
Stadt, welche auf einer Insel liegt, die ein verschobenes Viereck
bildet. Ueber eine Brücke und das befestigte Thor der Esta-
cada gelangt man aus der alten Stadt in die neue, welche
bereits größer ist als jene, aber dennoch nur als Vorstadt gilt.
Zuhinterst läuft das Hafenbecken oder die Lagune um diese
Vorstadt herum gegen Südwest, und hier ist der Boden sumpfig,

von Weſt nach Oſt. Dieſe Strömung nach oben (corriente
por arriba)
, von der bereits die Rede war, kommt zwei bis
drei Monate im Jahr, vom September bis November, häufig
vor. Man glaubt, ſie trete ein, wenn zwiſchen Jamaika und
dem Kap San Antonio auf Cuba Nordweſtwinde geweht
haben.

Die militäriſche Verteidigung der Küſten von Terra Firma
ſtützt ſich auf ſechs Punkte, das Schloß San Antonio bei Cu-
mana, den Morro bei Nueva Barcelona, die Werke (mit 134
Geſchützen) bei Guayra, Porto Cabello, das Fort San Carlos
an der Ausmündung des Sees Maracaybo und Cartagena.
Nach Cartagena iſt Porto Cabello der wichtigſte feſte Platz;
die Stadt iſt ganz neu und der Hafen einer der ſchönſten in
beiden Welten. Die Lage iſt ſo günſtig, daß die Kunſt faſt
nichts hinzuzuthun hatte. Eine Erdzunge läuft anfangs gegen
Nord und dann nach Weſt. Die weſtliche Spitze derſelben
liegt einer Reihe von Inſeln gegenüber, die durch Brücken
verbunden und ſo nahe bei einander ſind, daß man ſie für
eine zweite Landzunge halten kann. Dieſe Inſeln beſtehen
ſämtlich aus Kalkbreccien von ſehr neuer Bildung, ähnlich der
an der Küſte von Cumana und am Schloß Araya. Es iſt
ein Konglomerat von Madreporen und anderen Korallenbruch-
ſtücken, die durch ein kalkiges Bindemittel und Sandkörner
verkittet ſind. Wir hatten dasſelbe Konglomerat bereits am
Rio Guayguazo geſehen. Infolge der eigentümlichen Bildung
des Landes ſtellt ſich der Hafen als ein Becken oder als eine
innere Lagune dar, an deren ſüdlichem Ende eine Menge mit
Manglebäumen bewachſener Eilande liegen. Daß der Hafen-
eingang gegen Weſt liegt, trägt viel zur Ruhe des Waſſers
bei. Es kann nur ein Fahrzeug auf einmal einlaufen, aber
die größten Linienſchiffe können dicht am Lande ankern, um
Waſſer einzunehmen. Die einzige Gefahr beim Einlaufen
bieten die Riffe bei Punta Brava, denen gegenüber eine Bat-
terie von acht Geſchützen ſteht. Gegen Weſt und Südweſt
erblickt man das Fort, ein regelmäßiges Fünfeck mit fünf Ba-
ſtionen, die Batterie beim Riff und die Werke um die alte
Stadt, welche auf einer Inſel liegt, die ein verſchobenes Viereck
bildet. Ueber eine Brücke und das befeſtigte Thor der Eſta-
cada gelangt man aus der alten Stadt in die neue, welche
bereits größer iſt als jene, aber dennoch nur als Vorſtadt gilt.
Zuhinterſt läuft das Hafenbecken oder die Lagune um dieſe
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[238/0246] von Weſt nach Oſt. Dieſe Strömung nach oben (corriente por arriba), von der bereits die Rede war, kommt zwei bis drei Monate im Jahr, vom September bis November, häufig vor. Man glaubt, ſie trete ein, wenn zwiſchen Jamaika und dem Kap San Antonio auf Cuba Nordweſtwinde geweht haben. Die militäriſche Verteidigung der Küſten von Terra Firma ſtützt ſich auf ſechs Punkte, das Schloß San Antonio bei Cu- mana, den Morro bei Nueva Barcelona, die Werke (mit 134 Geſchützen) bei Guayra, Porto Cabello, das Fort San Carlos an der Ausmündung des Sees Maracaybo und Cartagena. Nach Cartagena iſt Porto Cabello der wichtigſte feſte Platz; die Stadt iſt ganz neu und der Hafen einer der ſchönſten in beiden Welten. Die Lage iſt ſo günſtig, daß die Kunſt faſt nichts hinzuzuthun hatte. Eine Erdzunge läuft anfangs gegen Nord und dann nach Weſt. Die weſtliche Spitze derſelben liegt einer Reihe von Inſeln gegenüber, die durch Brücken verbunden und ſo nahe bei einander ſind, daß man ſie für eine zweite Landzunge halten kann. Dieſe Inſeln beſtehen ſämtlich aus Kalkbreccien von ſehr neuer Bildung, ähnlich der an der Küſte von Cumana und am Schloß Araya. Es iſt ein Konglomerat von Madreporen und anderen Korallenbruch- ſtücken, die durch ein kalkiges Bindemittel und Sandkörner verkittet ſind. Wir hatten dasſelbe Konglomerat bereits am Rio Guayguazo geſehen. Infolge der eigentümlichen Bildung des Landes ſtellt ſich der Hafen als ein Becken oder als eine innere Lagune dar, an deren ſüdlichem Ende eine Menge mit Manglebäumen bewachſener Eilande liegen. Daß der Hafen- eingang gegen Weſt liegt, trägt viel zur Ruhe des Waſſers bei. Es kann nur ein Fahrzeug auf einmal einlaufen, aber die größten Linienſchiffe können dicht am Lande ankern, um Waſſer einzunehmen. Die einzige Gefahr beim Einlaufen bieten die Riffe bei Punta Brava, denen gegenüber eine Bat- terie von acht Geſchützen ſteht. Gegen Weſt und Südweſt erblickt man das Fort, ein regelmäßiges Fünfeck mit fünf Ba- ſtionen, die Batterie beim Riff und die Werke um die alte Stadt, welche auf einer Inſel liegt, die ein verſchobenes Viereck bildet. Ueber eine Brücke und das befeſtigte Thor der Eſta- cada gelangt man aus der alten Stadt in die neue, welche bereits größer iſt als jene, aber dennoch nur als Vorſtadt gilt. Zuhinterſt läuft das Hafenbecken oder die Lagune um dieſe Vorſtadt herum gegen Südweſt, und hier iſt der Boden ſumpfig,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/246>, abgerufen am 23.11.2024.