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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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gesundheit der Luft ist im Strande zu suchen, der sich west-
wärts, so weit das Auge reicht, gegen die Punta de Tucacos
beim schönen Hafen von Chichiribiche fortzieht. Dort befinden
sich die Salzwerke und dort herrschen bei Eintritt der Regen-
zeit die dreitägigen Wechselfieber, die leicht in ataktische Fieber
übergehen. Man hat die interessante Bemerkung gemacht, daß
die Mestizen, die in den Salzwerken arbeiten, dunkelfarbiger
sind und eine gelbere Haut bekommen, wenn sie mehrere Jahre
hintereinander an diesen Fiebern gelitten haben, welche die
Küstenkrankheit heißen. Die Bewohner dieses Strandes,
arme Fischer, behaupten, nicht daher, daß das Seewasser das
Land überschwemme und wieder abfließe, sei der mit Wurzel-
trägern bewachsene Boden so ungesund, das Verderbnis der
Luft rühre vielmehr vom süßen Wasser her, von den Ueber-
schwemmungen des Rio Guayguazo und des Rio Estevan, die
in den Monaten Oktober und November so plötzlich und so
stark austreten. Die Ufer des Rio Estevan sind bewohnbarer
geworden, seit man daselbst kleine Mais- und Pisangpflan-
zungen angelegt und durch Erhöhung und Befestigung des
Bodens dem Fluß ein engeres Bett angewiesen hat. Man
geht damit um, dem Estevan eine andere Mündung zu graben
und dadurch die Umgegend von Porto Cabello gesunder zu
machen. Ein Kanal soll das Wasser an den Küstenstrich leiten,
der der Insel Guayguaza gegenüberliegt.

Die Salzwerke von Porto Cabello gleichen so ziemlich
denen auf der Halbinsel Araya bei Cumana. Indessen ist
die Erde, die man auslaugt, indem man das Regenwasser in
kleinen Becken sammelt, nicht so salzhaltig. Man fragt hier
wie in Cumana, ob der Boden mit Salzteilchen geschwängert
sei, weil er seit Jahrhunderten zeitweise unter Meerwasser
gestanden, das an der Sonne verdunstet, oder ob das Salz
im Boden enthalten sei wie in einem sehr armen Steinsalz-
werk. Ich hatte nicht Zeit, den Strand hier so genau zu
untersuchen wie die Halbinsel Araya; läuft übrigens der Streit
nicht auf die höchst einfache Frage hinaus, ob das Salz von
neuen oder aber von uralten Ueberschwemmungen herrührt?
Da die Arbeit in den Salzwerken von Porto Cabello sehr
ungesund ist, geben sich nur die ärmsten Leute dazu her. Sie
bringen das Salz an Ort und Stelle in kleine Magazine und
verkaufen es dann in den Niederlagen der Stadt.

Während unseres Aufenthaltes in Porto Cabello lief die
Strömung an der Küste, die sonst gewöhnlich nach West geht,

geſundheit der Luft iſt im Strande zu ſuchen, der ſich weſt-
wärts, ſo weit das Auge reicht, gegen die Punta de Tucacos
beim ſchönen Hafen von Chichiribiche fortzieht. Dort befinden
ſich die Salzwerke und dort herrſchen bei Eintritt der Regen-
zeit die dreitägigen Wechſelfieber, die leicht in ataktiſche Fieber
übergehen. Man hat die intereſſante Bemerkung gemacht, daß
die Meſtizen, die in den Salzwerken arbeiten, dunkelfarbiger
ſind und eine gelbere Haut bekommen, wenn ſie mehrere Jahre
hintereinander an dieſen Fiebern gelitten haben, welche die
Küſtenkrankheit heißen. Die Bewohner dieſes Strandes,
arme Fiſcher, behaupten, nicht daher, daß das Seewaſſer das
Land überſchwemme und wieder abfließe, ſei der mit Wurzel-
trägern bewachſene Boden ſo ungeſund, das Verderbnis der
Luft rühre vielmehr vom ſüßen Waſſer her, von den Ueber-
ſchwemmungen des Rio Guayguazo und des Rio Eſtevan, die
in den Monaten Oktober und November ſo plötzlich und ſo
ſtark austreten. Die Ufer des Rio Eſtevan ſind bewohnbarer
geworden, ſeit man daſelbſt kleine Mais- und Piſangpflan-
zungen angelegt und durch Erhöhung und Befeſtigung des
Bodens dem Fluß ein engeres Bett angewieſen hat. Man
geht damit um, dem Eſtevan eine andere Mündung zu graben
und dadurch die Umgegend von Porto Cabello geſunder zu
machen. Ein Kanal ſoll das Waſſer an den Küſtenſtrich leiten,
der der Inſel Guayguaza gegenüberliegt.

Die Salzwerke von Porto Cabello gleichen ſo ziemlich
denen auf der Halbinſel Araya bei Cumana. Indeſſen iſt
die Erde, die man auslaugt, indem man das Regenwaſſer in
kleinen Becken ſammelt, nicht ſo ſalzhaltig. Man fragt hier
wie in Cumana, ob der Boden mit Salzteilchen geſchwängert
ſei, weil er ſeit Jahrhunderten zeitweiſe unter Meerwaſſer
geſtanden, das an der Sonne verdunſtet, oder ob das Salz
im Boden enthalten ſei wie in einem ſehr armen Steinſalz-
werk. Ich hatte nicht Zeit, den Strand hier ſo genau zu
unterſuchen wie die Halbinſel Araya; läuft übrigens der Streit
nicht auf die höchſt einfache Frage hinaus, ob das Salz von
neuen oder aber von uralten Ueberſchwemmungen herrührt?
Da die Arbeit in den Salzwerken von Porto Cabello ſehr
ungeſund iſt, geben ſich nur die ärmſten Leute dazu her. Sie
bringen das Salz an Ort und Stelle in kleine Magazine und
verkaufen es dann in den Niederlagen der Stadt.

Während unſeres Aufenthaltes in Porto Cabello lief die
Strömung an der Küſte, die ſonſt gewöhnlich nach Weſt geht,

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[237/0245] geſundheit der Luft iſt im Strande zu ſuchen, der ſich weſt- wärts, ſo weit das Auge reicht, gegen die Punta de Tucacos beim ſchönen Hafen von Chichiribiche fortzieht. Dort befinden ſich die Salzwerke und dort herrſchen bei Eintritt der Regen- zeit die dreitägigen Wechſelfieber, die leicht in ataktiſche Fieber übergehen. Man hat die intereſſante Bemerkung gemacht, daß die Meſtizen, die in den Salzwerken arbeiten, dunkelfarbiger ſind und eine gelbere Haut bekommen, wenn ſie mehrere Jahre hintereinander an dieſen Fiebern gelitten haben, welche die Küſtenkrankheit heißen. Die Bewohner dieſes Strandes, arme Fiſcher, behaupten, nicht daher, daß das Seewaſſer das Land überſchwemme und wieder abfließe, ſei der mit Wurzel- trägern bewachſene Boden ſo ungeſund, das Verderbnis der Luft rühre vielmehr vom ſüßen Waſſer her, von den Ueber- ſchwemmungen des Rio Guayguazo und des Rio Eſtevan, die in den Monaten Oktober und November ſo plötzlich und ſo ſtark austreten. Die Ufer des Rio Eſtevan ſind bewohnbarer geworden, ſeit man daſelbſt kleine Mais- und Piſangpflan- zungen angelegt und durch Erhöhung und Befeſtigung des Bodens dem Fluß ein engeres Bett angewieſen hat. Man geht damit um, dem Eſtevan eine andere Mündung zu graben und dadurch die Umgegend von Porto Cabello geſunder zu machen. Ein Kanal ſoll das Waſſer an den Küſtenſtrich leiten, der der Inſel Guayguaza gegenüberliegt. Die Salzwerke von Porto Cabello gleichen ſo ziemlich denen auf der Halbinſel Araya bei Cumana. Indeſſen iſt die Erde, die man auslaugt, indem man das Regenwaſſer in kleinen Becken ſammelt, nicht ſo ſalzhaltig. Man fragt hier wie in Cumana, ob der Boden mit Salzteilchen geſchwängert ſei, weil er ſeit Jahrhunderten zeitweiſe unter Meerwaſſer geſtanden, das an der Sonne verdunſtet, oder ob das Salz im Boden enthalten ſei wie in einem ſehr armen Steinſalz- werk. Ich hatte nicht Zeit, den Strand hier ſo genau zu unterſuchen wie die Halbinſel Araya; läuft übrigens der Streit nicht auf die höchſt einfache Frage hinaus, ob das Salz von neuen oder aber von uralten Ueberſchwemmungen herrührt? Da die Arbeit in den Salzwerken von Porto Cabello ſehr ungeſund iſt, geben ſich nur die ärmſten Leute dazu her. Sie bringen das Salz an Ort und Stelle in kleine Magazine und verkaufen es dann in den Niederlagen der Stadt. Während unſeres Aufenthaltes in Porto Cabello lief die Strömung an der Küſte, die ſonſt gewöhnlich nach Weſt geht,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/245>, abgerufen am 06.05.2024.