von Mariara nicht vor. Man findet Frösche darin, die, von Schlangen verfolgt, hineingesprungen sind und den Tod ge- funden haben.
Südlich von der Schlucht, in der Ebene, die sich zum Seeufer erstreckt, kommt eine andere schwefelwasserstoffhaltige, nicht so warme und weniger Gas enthaltende Quelle zu Tage. Die Spalte, aus der das Wasser läuft, liegt 12 m höher als die eben beschriebenen Trichter. Der Thermometer stieg in der Spalte nur auf 42°. Das Wasser sammelt sich in einem mit großen Bäumen umgebenen, fast kreisrunden, 5 bis 6 m weiten und 1 m tiefen Becken. In dieses Bad werfen sich die unglücklichen Sklaven, wenn sie gegen Sonnenuntergang, mit Staub bedeckt, ihr Tagewerk auf den benachbarten Indigo- und Zuckerfeldern vollbracht haben. Obgleich das Wasser des Banno gewöhnlich 10 bis 14° wärmer ist als die Luft, nennen es die Schwarzen doch erfrischend, weil in der heißen Zone alles so heißt, was die Kräfte herstellt, die Nervenaufregung beschwichtigt oder überhaupt ein Gefühl von Wohlbehagen gibt. Wir selbst erprobten die heilsame Wirkung dieses Bades. Wir ließen unsere Hängematten an die Bäume, die das Wasser- becken beschatten, binden und verweilten einen ganzen Tag an diesem herrlichen Platze, wo es sehr viele Pflanzen gibt. In der Nähe des Banno de Mariara fanden wir den Volador oder Gyrocarpus. Die Flügelfrüchte dieses großen Baumes fliegen wie Federbälle, wenn sie sich vom Fruchtstiele trennen. Wenn wir die Aeste des Volador schüttelten, wimmelte es in der Luft von diesen Früchten und ihr gleichzeitiges Niederfallen gewährte den merkwürdigsten Anblick. Die zwei häutigen, gestreiften Flügel sind so gebogen, daß die Luft beim Nieder- fallen unter einem Winkel von 45° gegen sie drückt. Glück- licherweise waren die Früchte, die wir auflasen, reif. Wir schickten welche nach Europa und sie keimten in den Gärten zu Berlin, Paris und Malmaison. Die vielen Voladorpflanzen, die man jetzt in den Gewächshäusern sieht, kommen alle von dem einzigen Baume der Art, der bei Mariara steht. Die geographische Verteilung der verschiedenen Arten von Gyro- carpus, den Brown zu den Laurineen rechnet, ist eine sehr auffallende. Jacquin sah eine Art bei Cartagena das Indias; eine andere Art, die auf den Bergen an der Küste von Koro- mandel wächst, hat Roxburgh beschrieben; eine dritte und vierte kommen in der südlichen Halbkugel auf den Küsten von Neuholland vor.
von Mariara nicht vor. Man findet Fröſche darin, die, von Schlangen verfolgt, hineingeſprungen ſind und den Tod ge- funden haben.
Südlich von der Schlucht, in der Ebene, die ſich zum Seeufer erſtreckt, kommt eine andere ſchwefelwaſſerſtoffhaltige, nicht ſo warme und weniger Gas enthaltende Quelle zu Tage. Die Spalte, aus der das Waſſer läuft, liegt 12 m höher als die eben beſchriebenen Trichter. Der Thermometer ſtieg in der Spalte nur auf 42°. Das Waſſer ſammelt ſich in einem mit großen Bäumen umgebenen, faſt kreisrunden, 5 bis 6 m weiten und 1 m tiefen Becken. In dieſes Bad werfen ſich die unglücklichen Sklaven, wenn ſie gegen Sonnenuntergang, mit Staub bedeckt, ihr Tagewerk auf den benachbarten Indigo- und Zuckerfeldern vollbracht haben. Obgleich das Waſſer des Baño gewöhnlich 10 bis 14° wärmer iſt als die Luft, nennen es die Schwarzen doch erfriſchend, weil in der heißen Zone alles ſo heißt, was die Kräfte herſtellt, die Nervenaufregung beſchwichtigt oder überhaupt ein Gefühl von Wohlbehagen gibt. Wir ſelbſt erprobten die heilſame Wirkung dieſes Bades. Wir ließen unſere Hängematten an die Bäume, die das Waſſer- becken beſchatten, binden und verweilten einen ganzen Tag an dieſem herrlichen Platze, wo es ſehr viele Pflanzen gibt. In der Nähe des Baño de Mariara fanden wir den Volador oder Gyrocarpus. Die Flügelfrüchte dieſes großen Baumes fliegen wie Federbälle, wenn ſie ſich vom Fruchtſtiele trennen. Wenn wir die Aeſte des Volador ſchüttelten, wimmelte es in der Luft von dieſen Früchten und ihr gleichzeitiges Niederfallen gewährte den merkwürdigſten Anblick. Die zwei häutigen, geſtreiften Flügel ſind ſo gebogen, daß die Luft beim Nieder- fallen unter einem Winkel von 45° gegen ſie drückt. Glück- licherweiſe waren die Früchte, die wir auflaſen, reif. Wir ſchickten welche nach Europa und ſie keimten in den Gärten zu Berlin, Paris und Malmaiſon. Die vielen Voladorpflanzen, die man jetzt in den Gewächshäuſern ſieht, kommen alle von dem einzigen Baume der Art, der bei Mariara ſteht. Die geographiſche Verteilung der verſchiedenen Arten von Gyro- carpus, den Brown zu den Laurineen rechnet, iſt eine ſehr auffallende. Jacquin ſah eine Art bei Cartagena das Indias; eine andere Art, die auf den Bergen an der Küſte von Koro- mandel wächſt, hat Roxburgh beſchrieben; eine dritte und vierte kommen in der ſüdlichen Halbkugel auf den Küſten von Neuholland vor.
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von Mariara nicht vor. Man findet Fröſche darin, die, von
Schlangen verfolgt, hineingeſprungen ſind und den Tod ge-
funden haben.
Südlich von der Schlucht, in der Ebene, die ſich zum
Seeufer erſtreckt, kommt eine andere ſchwefelwaſſerſtoffhaltige,
nicht ſo warme und weniger Gas enthaltende Quelle zu Tage.
Die Spalte, aus der das Waſſer läuft, liegt 12 m höher als
die eben beſchriebenen Trichter. Der Thermometer ſtieg in
der Spalte nur auf 42°. Das Waſſer ſammelt ſich in einem
mit großen Bäumen umgebenen, faſt kreisrunden, 5 bis 6 m
weiten und 1 m tiefen Becken. In dieſes Bad werfen ſich
die unglücklichen Sklaven, wenn ſie gegen Sonnenuntergang,
mit Staub bedeckt, ihr Tagewerk auf den benachbarten Indigo-
und Zuckerfeldern vollbracht haben. Obgleich das Waſſer des
Baño gewöhnlich 10 bis 14° wärmer iſt als die Luft, nennen
es die Schwarzen doch erfriſchend, weil in der heißen Zone
alles ſo heißt, was die Kräfte herſtellt, die Nervenaufregung
beſchwichtigt oder überhaupt ein Gefühl von Wohlbehagen gibt.
Wir ſelbſt erprobten die heilſame Wirkung dieſes Bades. Wir
ließen unſere Hängematten an die Bäume, die das Waſſer-
becken beſchatten, binden und verweilten einen ganzen Tag an
dieſem herrlichen Platze, wo es ſehr viele Pflanzen gibt. In
der Nähe des Baño de Mariara fanden wir den Volador oder
Gyrocarpus. Die Flügelfrüchte dieſes großen Baumes fliegen
wie Federbälle, wenn ſie ſich vom Fruchtſtiele trennen. Wenn
wir die Aeſte des Volador ſchüttelten, wimmelte es in der
Luft von dieſen Früchten und ihr gleichzeitiges Niederfallen
gewährte den merkwürdigſten Anblick. Die zwei häutigen,
geſtreiften Flügel ſind ſo gebogen, daß die Luft beim Nieder-
fallen unter einem Winkel von 45° gegen ſie drückt. Glück-
licherweiſe waren die Früchte, die wir auflaſen, reif. Wir
ſchickten welche nach Europa und ſie keimten in den Gärten zu
Berlin, Paris und Malmaiſon. Die vielen Voladorpflanzen,
die man jetzt in den Gewächshäuſern ſieht, kommen alle von
dem einzigen Baume der Art, der bei Mariara ſteht. Die
geographiſche Verteilung der verſchiedenen Arten von Gyro-
carpus, den Brown zu den Laurineen rechnet, iſt eine ſehr
auffallende. Jacquin ſah eine Art bei Cartagena das Indias;
eine andere Art, die auf den Bergen an der Küſte von Koro-
mandel wächſt, hat Roxburgh beſchrieben; eine dritte und
vierte kommen in der ſüdlichen Halbkugel auf den Küſten von
Neuholland vor.
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/229>, abgerufen am 18.07.2024.
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