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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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sich durch die langsame Verbrennung des Schwefelwasserstoffes
im Sauerstoffe der Luft niederschlägt. Hie und da ist eine
Pflanze an den Quellen mit Schwefel inkrustiert. Dieser
Niederschlag wird kaum bemerklich, wenn man das Wasser
von Mariara in einem offenen Gefäße erkalten läßt, ohne
Zweifel, weil die Quantität des entwickelten Gases sehr klein
ist und es sich nicht erneuert. Das erkaltete Wasser macht
in der Auflösung von salpetersaurem Kupfer keinen Nieder-
schlag; es ist geschmacklos und ganz trinkbar. Wenn es je
einige Salze enthält, etwa schwefelsaures Natron oder schwefel-
saure Bittererde, so können sie nur in sehr geringer Quantität
darin sein. Da wir fast gar keine Reagenzien bei uns hatten,
so füllten wir nur zwei Flaschen an der Quelle selbst und
schickten sie mit der nahrhaften Milch des sogenannten Kuh-
baumes (Vaca) über Porto Cabello und Havana an Furcroy
und Vauquelin nach Paris. Daß Wasser, die unmittelbar
aus dem Granitgebirge kommen, so rein sind, ist eine der
merkwürdigsten Erscheinungen auf beiden Kontinenten. 1 Wo
soll man aber das Schwefelwasserstoffgas herleiten? Von der
Zersetzung von Schwefeleisen oder Schwefelkiesschichten kann
es nicht kommen. Rührt es von Schwefelcalcium, Schwefel-
magnesium oder anderen erdigen Halbmetallen her, die das
Innere unseres Planeten unter der oxydierten Steinkruste
enthält?

In der Schlucht der heißen Wasser von Mariara, in den
kleinen Trichtern mit einer Temperatur von 56 bis 59°,
kommen zwei Wasserpflanzen vor, eine häutige, die Luftblasen
enthält, und eine mit parallelen Fasern. 2 Erstere hat große
Aehnlichkeit mit der Ulva labyrinthiformis Vandellis, die
in den europäischen warmen Quellen vorkommt. Auf der
Insel Amsterdam sah Barrow 3 Büsche von Lykopodium und
Marchantia an Stellen, wo die Temperatur des Bodens noch
weit höher war. So wirkt ein gewohnter Reiz auf die
Organe der Gewächse. Wasserinsekten kommen im Wasser

1 Auf dem alten Kontinent kommen in Portugal und am
Cantal in den Pyrenäen ebenso reine Wasser aus dem Granit.
Die Pisciarelli des Agnanosees in Italien sind 93° heiß. Sind
etwa diese reinen Wasser verdichtete Dämpfe?
2 Converfa?
3 Reise nach Cochinchina.

ſich durch die langſame Verbrennung des Schwefelwaſſerſtoffes
im Sauerſtoffe der Luft niederſchlägt. Hie und da iſt eine
Pflanze an den Quellen mit Schwefel inkruſtiert. Dieſer
Niederſchlag wird kaum bemerklich, wenn man das Waſſer
von Mariara in einem offenen Gefäße erkalten läßt, ohne
Zweifel, weil die Quantität des entwickelten Gaſes ſehr klein
iſt und es ſich nicht erneuert. Das erkaltete Waſſer macht
in der Auflöſung von ſalpeterſaurem Kupfer keinen Nieder-
ſchlag; es iſt geſchmacklos und ganz trinkbar. Wenn es je
einige Salze enthält, etwa ſchwefelſaures Natron oder ſchwefel-
ſaure Bittererde, ſo können ſie nur in ſehr geringer Quantität
darin ſein. Da wir faſt gar keine Reagenzien bei uns hatten,
ſo füllten wir nur zwei Flaſchen an der Quelle ſelbſt und
ſchickten ſie mit der nahrhaften Milch des ſogenannten Kuh-
baumes (Vaca) über Porto Cabello und Havana an Furcroy
und Vauquelin nach Paris. Daß Waſſer, die unmittelbar
aus dem Granitgebirge kommen, ſo rein ſind, iſt eine der
merkwürdigſten Erſcheinungen auf beiden Kontinenten. 1 Wo
ſoll man aber das Schwefelwaſſerſtoffgas herleiten? Von der
Zerſetzung von Schwefeleiſen oder Schwefelkiesſchichten kann
es nicht kommen. Rührt es von Schwefelcalcium, Schwefel-
magneſium oder anderen erdigen Halbmetallen her, die das
Innere unſeres Planeten unter der oxydierten Steinkruſte
enthält?

In der Schlucht der heißen Waſſer von Mariara, in den
kleinen Trichtern mit einer Temperatur von 56 bis 59°,
kommen zwei Waſſerpflanzen vor, eine häutige, die Luftblaſen
enthält, und eine mit parallelen Faſern. 2 Erſtere hat große
Aehnlichkeit mit der Ulva labyrinthiformis Vandellis, die
in den europäiſchen warmen Quellen vorkommt. Auf der
Inſel Amſterdam ſah Barrow 3 Büſche von Lykopodium und
Marchantia an Stellen, wo die Temperatur des Bodens noch
weit höher war. So wirkt ein gewohnter Reiz auf die
Organe der Gewächſe. Waſſerinſekten kommen im Waſſer

1 Auf dem alten Kontinent kommen in Portugal und am
Cantal in den Pyrenäen ebenſo reine Waſſer aus dem Granit.
Die Pisciarelli des Agnanoſees in Italien ſind 93° heiß. Sind
etwa dieſe reinen Waſſer verdichtete Dämpfe?
2 Converfa?
3 Reiſe nach Cochinchina.
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[220/0228] ſich durch die langſame Verbrennung des Schwefelwaſſerſtoffes im Sauerſtoffe der Luft niederſchlägt. Hie und da iſt eine Pflanze an den Quellen mit Schwefel inkruſtiert. Dieſer Niederſchlag wird kaum bemerklich, wenn man das Waſſer von Mariara in einem offenen Gefäße erkalten läßt, ohne Zweifel, weil die Quantität des entwickelten Gaſes ſehr klein iſt und es ſich nicht erneuert. Das erkaltete Waſſer macht in der Auflöſung von ſalpeterſaurem Kupfer keinen Nieder- ſchlag; es iſt geſchmacklos und ganz trinkbar. Wenn es je einige Salze enthält, etwa ſchwefelſaures Natron oder ſchwefel- ſaure Bittererde, ſo können ſie nur in ſehr geringer Quantität darin ſein. Da wir faſt gar keine Reagenzien bei uns hatten, ſo füllten wir nur zwei Flaſchen an der Quelle ſelbſt und ſchickten ſie mit der nahrhaften Milch des ſogenannten Kuh- baumes (Vaca) über Porto Cabello und Havana an Furcroy und Vauquelin nach Paris. Daß Waſſer, die unmittelbar aus dem Granitgebirge kommen, ſo rein ſind, iſt eine der merkwürdigſten Erſcheinungen auf beiden Kontinenten. 1 Wo ſoll man aber das Schwefelwaſſerſtoffgas herleiten? Von der Zerſetzung von Schwefeleiſen oder Schwefelkiesſchichten kann es nicht kommen. Rührt es von Schwefelcalcium, Schwefel- magneſium oder anderen erdigen Halbmetallen her, die das Innere unſeres Planeten unter der oxydierten Steinkruſte enthält? In der Schlucht der heißen Waſſer von Mariara, in den kleinen Trichtern mit einer Temperatur von 56 bis 59°, kommen zwei Waſſerpflanzen vor, eine häutige, die Luftblaſen enthält, und eine mit parallelen Faſern. 2 Erſtere hat große Aehnlichkeit mit der Ulva labyrinthiformis Vandellis, die in den europäiſchen warmen Quellen vorkommt. Auf der Inſel Amſterdam ſah Barrow 3 Büſche von Lykopodium und Marchantia an Stellen, wo die Temperatur des Bodens noch weit höher war. So wirkt ein gewohnter Reiz auf die Organe der Gewächſe. Waſſerinſekten kommen im Waſſer 1 Auf dem alten Kontinent kommen in Portugal und am Cantal in den Pyrenäen ebenſo reine Waſſer aus dem Granit. Die Pisciarelli des Agnanoſees in Italien ſind 93° heiß. Sind etwa dieſe reinen Waſſer verdichtete Dämpfe? 2 Converfa? 3 Reiſe nach Cochinchina.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/228>, abgerufen am 23.11.2024.