Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.10° 16' 11" der Breite; die Angabe der geschätztesten Karten Am 12. setzten wir unsere Reise nach dem Kloster Caripe, Nachdem wir noch lange bergan gestiegen waren, kamen 1 Don Matthias Yturburi, ein geborener Biscayer.
10° 16′ 11″ der Breite; die Angabe der geſchätzteſten Karten Am 12. ſetzten wir unſere Reiſe nach dem Kloſter Caripe, Nachdem wir noch lange bergan geſtiegen waren, kamen 1 Don Matthias Yturburi, ein geborener Biscayer.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0264" n="248"/> 10° 16′ 11″ der Breite; die Angabe der geſchätzteſten Karten<lb/> iſt alſo um ¼ Grad unrichtig. Die Neigung der Magnet-<lb/> nadel fand ich gleich 42,60° und die Intenſität der mag-<lb/> netiſchen Kraft gleich 228 Schwingungen in zehn Zeitminuten;<lb/> die Intenſität war demnach um neun Schwingungen oder 1/25<lb/> geringer als in Ferrol.</p><lb/> <p>Am 12. ſetzten wir unſere Reiſe nach dem Kloſter Caripe,<lb/> dem Hauptort der Chaymasmiſſionen, fort. Wir zogen der<lb/> geraden Straße den Umweg über die Berge Cocollar und<lb/> Turimiquiri vor, die nicht viel höher ſind als der Jura. Der<lb/> Weg läuft zuerſt oſtwärts 13,5 <hi rendition="#aq">km</hi> über die Hochebene von<lb/> Cumanacoa, den alten Seeboden, und biegt dann nach Süd<lb/> ab. Wir kamen durch das kleine indianiſche Dorf Aricagua,<lb/> das, von bewaldeten Hügeln umgeben, ſehr freundlich daliegt.<lb/> Von hier an ging es bergauf, und wir hatten über vier Stunden<lb/> zu ſteigen. Dieſes Stück des Weges iſt ſehr angreifend; man<lb/> ſetzt 22mal über den Pututucuar, ein reißendes Bergwaſſer<lb/> voll Kalkſteinblöcken. Hat man auf der <hi rendition="#g">Cueſta del Cocollar</hi><lb/> 650 <hi rendition="#aq">m</hi> Meereshöhe erreicht, ſo ſieht man zu ſeiner Ueber-<lb/> raſchung faſt keine Wälder oder auch nur große Bäume mehr.<lb/> Man geht über eine ungeheure, mit Gräſern bewachſene Hoch-<lb/> ebene. Nur Mimoſen mit halbkugeliger Krone und 1 bis<lb/> 1,3 <hi rendition="#aq">m</hi> hohem Stamme unterbrechen die öde Einförmigkeit<lb/> der Savannen. Ihre Aeſte ſind gegen den Boden geneigt oder<lb/> breiten ſich ſchirmartig aus. Ueberall, wo Abhänge oder halb<lb/> mit Erde bedeckte Geſteinmaſſen ſich zeigen, breitet die Cluſia<lb/> oder der Cupey mit den großen Nymphäenblüten ſein herr-<lb/> liches Grün aus. Die Wurzeln dieſes Baumes haben zu-<lb/> weilen 24 <hi rendition="#aq">cm</hi> Durchmeſſer und gehen oft ſchon 5 <hi rendition="#aq">m</hi> über<lb/> dem Boden vom Stamme ab.</p><lb/> <p>Nachdem wir noch lange bergan geſtiegen waren, kamen<lb/> wir auf einer kleinen Ebene zum <hi rendition="#g">Hato del Cocollar</hi>. Es<lb/> iſt dies ein Hof, der 793 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch ganz allein auf dem Plateau<lb/> liegt. In dieſer Einſamkeit blieben wir drei Tage, vortrefflich<lb/> verpflegt von dem Eigentümer, <note place="foot" n="1">Don Matthias Yturburi, ein geborener Biscayer.</note> der vom Hafen von Cumana<lb/> an unſer Begleiter geweſen war. Wir fanden daſelbſt bei<lb/> der reichen Weide Milch, vortreffliches Fleiſch und vor allem<lb/> ein herrliches Klima. Bei Tag ſtieg der hundertteilige Thermo-<lb/> meter nicht über 22 oder 23°, kurz vor Sonnenuntergang fiel<lb/> er auf 19, und bei Nacht zeigte er kaum 14°. Bei Nacht war<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0264]
10° 16′ 11″ der Breite; die Angabe der geſchätzteſten Karten
iſt alſo um ¼ Grad unrichtig. Die Neigung der Magnet-
nadel fand ich gleich 42,60° und die Intenſität der mag-
netiſchen Kraft gleich 228 Schwingungen in zehn Zeitminuten;
die Intenſität war demnach um neun Schwingungen oder 1/25
geringer als in Ferrol.
Am 12. ſetzten wir unſere Reiſe nach dem Kloſter Caripe,
dem Hauptort der Chaymasmiſſionen, fort. Wir zogen der
geraden Straße den Umweg über die Berge Cocollar und
Turimiquiri vor, die nicht viel höher ſind als der Jura. Der
Weg läuft zuerſt oſtwärts 13,5 km über die Hochebene von
Cumanacoa, den alten Seeboden, und biegt dann nach Süd
ab. Wir kamen durch das kleine indianiſche Dorf Aricagua,
das, von bewaldeten Hügeln umgeben, ſehr freundlich daliegt.
Von hier an ging es bergauf, und wir hatten über vier Stunden
zu ſteigen. Dieſes Stück des Weges iſt ſehr angreifend; man
ſetzt 22mal über den Pututucuar, ein reißendes Bergwaſſer
voll Kalkſteinblöcken. Hat man auf der Cueſta del Cocollar
650 m Meereshöhe erreicht, ſo ſieht man zu ſeiner Ueber-
raſchung faſt keine Wälder oder auch nur große Bäume mehr.
Man geht über eine ungeheure, mit Gräſern bewachſene Hoch-
ebene. Nur Mimoſen mit halbkugeliger Krone und 1 bis
1,3 m hohem Stamme unterbrechen die öde Einförmigkeit
der Savannen. Ihre Aeſte ſind gegen den Boden geneigt oder
breiten ſich ſchirmartig aus. Ueberall, wo Abhänge oder halb
mit Erde bedeckte Geſteinmaſſen ſich zeigen, breitet die Cluſia
oder der Cupey mit den großen Nymphäenblüten ſein herr-
liches Grün aus. Die Wurzeln dieſes Baumes haben zu-
weilen 24 cm Durchmeſſer und gehen oft ſchon 5 m über
dem Boden vom Stamme ab.
Nachdem wir noch lange bergan geſtiegen waren, kamen
wir auf einer kleinen Ebene zum Hato del Cocollar. Es
iſt dies ein Hof, der 793 m hoch ganz allein auf dem Plateau
liegt. In dieſer Einſamkeit blieben wir drei Tage, vortrefflich
verpflegt von dem Eigentümer, 1 der vom Hafen von Cumana
an unſer Begleiter geweſen war. Wir fanden daſelbſt bei
der reichen Weide Milch, vortreffliches Fleiſch und vor allem
ein herrliches Klima. Bei Tag ſtieg der hundertteilige Thermo-
meter nicht über 22 oder 23°, kurz vor Sonnenuntergang fiel
er auf 19, und bei Nacht zeigte er kaum 14°. Bei Nacht war
1 Don Matthias Yturburi, ein geborener Biscayer.
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