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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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Intensität der magnetischen Kraft; so wirken vielleicht auch
die Erdbeben nicht gleichmäßig auf die uns umgebende Luft.

Es ist schwerlich in Zweifel zu ziehen, daß in weiter
Ferne von den Schlünden noch thätiger Vulkane der durch
Erdstöße geborstene und erschütterte Boden zuweilen Gase in
die Luft ausströmen läßt. Wie schon oben angeführt, brachen
in Cumana aus dem trockensten Boden Flammen und mit
schweflichter Säure vermischte Dämpfe hervor. An anderen
Orten spie ebendaselbst der Boden Wasser und Erdpech aus.
In Riobamba bricht eine brennbare Schlammmasse, Moya
genannt, aus Spalten, die sich wieder schließen, und türmt
sich zu ansehnlichen Hügeln auf. 31 km von Lissabon, bei
Colares, sah man während des furchtbaren Erdbebens vom
1. November 1755 Flammen und eine dicke Rauchsäule aus
der Felswand bei Alvidras, und nach einigen Augenzeugen
aus dem Meere selbst hervorbrechen. Der Rauch dauerte
mehrere Tage und wurde desto stärker, je lauter das unter-
irdische Getöse war, das die Stöße begleitete.

In die Atmosphäre ausströmende elastische Flüssigkeiten
können lokal auf den Barometer wirken, freilich nicht durch
ihre Masse, die im Verhältnis zur ganzen Luftmasse sehr un-
bedeutend ist, sondern weil sich, sobald ein großer Ausbruch
erfolgt, wahrscheinlich ein aufsteigender Strom bildet, der den
Luftdruck vermindert. Ich bin geneigt, anzunehmen, daß bei
den meisten Erdbeben der erschütterte Boden nichts von sich
gibt, und daß, wenn wirklich Gase und Dämpfe ausströmen,
dies weit nicht so oft vor den Stößen als während derselben
und hernach stattfindet. Aus diesem letzteren Umstand erklärt
sich eine Erscheinung, die schwerlich abzuleugnen ist, ich meine den
rätselhaften Einfluß, den die Erdbeben im tropischen Amerika
auf das Klima und den Eintritt der nassen und der trockenen
Jahreszeit äußern. Wenn die Erde erst im Moment der Er-
schütterung selbst eine Veränderung in der Luft hervorbringt,
so sieht man ein, warum so selten ein auffallender meteoro-
logischer Vorgang als Vorbote dieser großen Umwälzungen in
der Natur erscheint.

Für die Annahme, daß bei den Erdbeben in Cumana
elastische Flüssigkeiten durch die Erdoberfläche zu entweichen
suchen, scheint das furchtbare Getöse zu sprechen, das man
während der Erdstöße auf der Ebene der Charas am Rande
der Brunnen vernimmt. Zuweilen werden Wasser und Sand
über 6,5 m hoch emporgeschleudert. Aehnliche Erscheinungen

Intenſität der magnetiſchen Kraft; ſo wirken vielleicht auch
die Erdbeben nicht gleichmäßig auf die uns umgebende Luft.

Es iſt ſchwerlich in Zweifel zu ziehen, daß in weiter
Ferne von den Schlünden noch thätiger Vulkane der durch
Erdſtöße geborſtene und erſchütterte Boden zuweilen Gaſe in
die Luft ausſtrömen läßt. Wie ſchon oben angeführt, brachen
in Cumana aus dem trockenſten Boden Flammen und mit
ſchweflichter Säure vermiſchte Dämpfe hervor. An anderen
Orten ſpie ebendaſelbſt der Boden Waſſer und Erdpech aus.
In Riobamba bricht eine brennbare Schlammmaſſe, Moya
genannt, aus Spalten, die ſich wieder ſchließen, und türmt
ſich zu anſehnlichen Hügeln auf. 31 km von Liſſabon, bei
Colares, ſah man während des furchtbaren Erdbebens vom
1. November 1755 Flammen und eine dicke Rauchſäule aus
der Felswand bei Alvidras, und nach einigen Augenzeugen
aus dem Meere ſelbſt hervorbrechen. Der Rauch dauerte
mehrere Tage und wurde deſto ſtärker, je lauter das unter-
irdiſche Getöſe war, das die Stöße begleitete.

In die Atmoſphäre ausſtrömende elaſtiſche Flüſſigkeiten
können lokal auf den Barometer wirken, freilich nicht durch
ihre Maſſe, die im Verhältnis zur ganzen Luftmaſſe ſehr un-
bedeutend iſt, ſondern weil ſich, ſobald ein großer Ausbruch
erfolgt, wahrſcheinlich ein aufſteigender Strom bildet, der den
Luftdruck vermindert. Ich bin geneigt, anzunehmen, daß bei
den meiſten Erdbeben der erſchütterte Boden nichts von ſich
gibt, und daß, wenn wirklich Gaſe und Dämpfe ausſtrömen,
dies weit nicht ſo oft vor den Stößen als während derſelben
und hernach ſtattfindet. Aus dieſem letzteren Umſtand erklärt
ſich eine Erſcheinung, die ſchwerlich abzuleugnen iſt, ich meine den
rätſelhaften Einfluß, den die Erdbeben im tropiſchen Amerika
auf das Klima und den Eintritt der naſſen und der trockenen
Jahreszeit äußern. Wenn die Erde erſt im Moment der Er-
ſchütterung ſelbſt eine Veränderung in der Luft hervorbringt,
ſo ſieht man ein, warum ſo ſelten ein auffallender meteoro-
logiſcher Vorgang als Vorbote dieſer großen Umwälzungen in
der Natur erſcheint.

Für die Annahme, daß bei den Erdbeben in Cumana
elaſtiſche Flüſſigkeiten durch die Erdoberfläche zu entweichen
ſuchen, ſcheint das furchtbare Getöſe zu ſprechen, das man
während der Erdſtöße auf der Ebene der Charas am Rande
der Brunnen vernimmt. Zuweilen werden Waſſer und Sand
über 6,5 m hoch emporgeſchleudert. Aehnliche Erſcheinungen

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[176/0192] Intenſität der magnetiſchen Kraft; ſo wirken vielleicht auch die Erdbeben nicht gleichmäßig auf die uns umgebende Luft. Es iſt ſchwerlich in Zweifel zu ziehen, daß in weiter Ferne von den Schlünden noch thätiger Vulkane der durch Erdſtöße geborſtene und erſchütterte Boden zuweilen Gaſe in die Luft ausſtrömen läßt. Wie ſchon oben angeführt, brachen in Cumana aus dem trockenſten Boden Flammen und mit ſchweflichter Säure vermiſchte Dämpfe hervor. An anderen Orten ſpie ebendaſelbſt der Boden Waſſer und Erdpech aus. In Riobamba bricht eine brennbare Schlammmaſſe, Moya genannt, aus Spalten, die ſich wieder ſchließen, und türmt ſich zu anſehnlichen Hügeln auf. 31 km von Liſſabon, bei Colares, ſah man während des furchtbaren Erdbebens vom 1. November 1755 Flammen und eine dicke Rauchſäule aus der Felswand bei Alvidras, und nach einigen Augenzeugen aus dem Meere ſelbſt hervorbrechen. Der Rauch dauerte mehrere Tage und wurde deſto ſtärker, je lauter das unter- irdiſche Getöſe war, das die Stöße begleitete. In die Atmoſphäre ausſtrömende elaſtiſche Flüſſigkeiten können lokal auf den Barometer wirken, freilich nicht durch ihre Maſſe, die im Verhältnis zur ganzen Luftmaſſe ſehr un- bedeutend iſt, ſondern weil ſich, ſobald ein großer Ausbruch erfolgt, wahrſcheinlich ein aufſteigender Strom bildet, der den Luftdruck vermindert. Ich bin geneigt, anzunehmen, daß bei den meiſten Erdbeben der erſchütterte Boden nichts von ſich gibt, und daß, wenn wirklich Gaſe und Dämpfe ausſtrömen, dies weit nicht ſo oft vor den Stößen als während derſelben und hernach ſtattfindet. Aus dieſem letzteren Umſtand erklärt ſich eine Erſcheinung, die ſchwerlich abzuleugnen iſt, ich meine den rätſelhaften Einfluß, den die Erdbeben im tropiſchen Amerika auf das Klima und den Eintritt der naſſen und der trockenen Jahreszeit äußern. Wenn die Erde erſt im Moment der Er- ſchütterung ſelbſt eine Veränderung in der Luft hervorbringt, ſo ſieht man ein, warum ſo ſelten ein auffallender meteoro- logiſcher Vorgang als Vorbote dieſer großen Umwälzungen in der Natur erſcheint. Für die Annahme, daß bei den Erdbeben in Cumana elaſtiſche Flüſſigkeiten durch die Erdoberfläche zu entweichen ſuchen, ſcheint das furchtbare Getöſe zu ſprechen, das man während der Erdſtöße auf der Ebene der Charas am Rande der Brunnen vernimmt. Zuweilen werden Waſſer und Sand über 6,5 m hoch emporgeſchleudert. Aehnliche Erſcheinungen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/192>, abgerufen am 22.11.2024.