Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.Wir hatten jetzt noch den steilsten Teil des Berges, der Wenn der Zuckerhut mit Schnee bedeckt ist, wie bei Ein- Auf der Spitze des Piton angelangt, wunderten wir uns 1 La Caldera oder der Kessel des Piks. Der Name erinnert
an die Oules der Pyrenäen. Wir hatten jetzt noch den ſteilſten Teil des Berges, der Wenn der Zuckerhut mit Schnee bedeckt iſt, wie bei Ein- Auf der Spitze des Piton angelangt, wunderten wir uns 1 La Caldera oder der Keſſel des Piks. Der Name erinnert
an die Oules der Pyrenäen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0102" n="86"/> <p>Wir hatten jetzt noch den ſteilſten Teil des Berges, der<lb/> die Spitze bildet, den Piton, zu erſteigen. Der Abhang dieſes<lb/> kleinen, mit vulkaniſcher Aſche und Bimsſteinſtücken bedeckten<lb/> Kegels iſt ſo ſchroff, daß es faſt unmöglich wäre, auf den<lb/> Gipfel zu gelangen, wenn man nicht einem alten Lavaſtrom<lb/> nachginge, der aus dem Krater gefloſſen ſcheint und deſſen<lb/> Trümmer dem Zahn der Zeit getrotzt haben. Dieſe Trümmer<lb/> bilden eine verſchlackte Felswand, die ſich mitten durch die<lb/> loſe Aſche hinzieht. Wir erſtiegen den Piton, indem wir<lb/> uns an dieſen Schlacken anklammerten, die ſcharfe Kanten<lb/> haben und, halb verwittert, wie ſie ſind, uns nicht ſelten in<lb/> der Hand blieben. Wir brauchten gegen eine halbe Stunde,<lb/> um einen Hügel zu erſteigen, deſſen ſenkrechte Höhe kaum<lb/> 175 <hi rendition="#aq">m</hi> beträgt. Der Veſuv, der dreimal niedriger iſt als<lb/> der Vulkan von Tenerifa, läuft in einen faſt dreimal höheren<lb/> Aſchenkegel aus, der aber nicht ſo ſteil und zugänglicher iſt.<lb/> Unter allen Vulkanen, die ich beſucht, iſt nur der Jorullo in<lb/> Mexiko noch ſchwerer zu beſteigen, weil der ganze Berg mit<lb/> loſer Aſche bedeckt iſt.</p><lb/> <p>Wenn der Zuckerhut mit Schnee bedeckt iſt, wie bei Ein-<lb/> tritt des Winters, ſo kann die Steilheit des Abhanges den<lb/> Reiſenden in die größte Gefahr bringen. Legros zeigte uns<lb/> die Stelle, wo Kapitän Baudin auf ſeiner Reiſe nach Tene-<lb/> rifa beinahe ums Leben gekommen wäre. Mutig hatte er<lb/> gegen Ende Dezembers 1797 mit den Naturforſchern Advenier,<lb/> Mauger und Riedl<hi rendition="#aq">é</hi> die Beſteigung des Gipfels des Vul-<lb/> kanes unternommen. In der halben Höhe des Kegels fiel er<lb/> und rollte bis zur kleinen Ebene Rambleta hinunter; zum<lb/> Glück machte ein mit Schnee bedeckter Lavahaufen, daß er<lb/> nicht noch weiter mit beſchleunigter Geſchwindigkeit hinabflog.<lb/> Wie man mir verſichert, iſt ein Reiſender, der den mit feſtem<lb/> Raſen bedeckten Abhang des Col de Balme hinabgerollt war,<lb/> erſtickt gefunden worden.</p><lb/> <p>Auf der Spitze des Piton angelangt, wunderten wir uns<lb/> nicht wenig, daß wir kaum Platz fanden, bequem niederzuſitzen.<lb/> Wir ſtanden vor einer kleinen kreisförmigen Mauer aus por-<lb/> phyrartiger Lava mit Pechſteinbaſis; dieſe Mauer hinderte<lb/> uns in den Krater hinabzuſehen. <note place="foot" n="1">La Caldera oder der Keſſel des Piks. Der Name erinnert<lb/> an die <hi rendition="#g">Oules</hi> der Pyrenäen.</note> Der Wind blies ſo heftig<lb/> aus Weſt, daß wir uns kaum auf den Beinen halten konnten.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0102]
Wir hatten jetzt noch den ſteilſten Teil des Berges, der
die Spitze bildet, den Piton, zu erſteigen. Der Abhang dieſes
kleinen, mit vulkaniſcher Aſche und Bimsſteinſtücken bedeckten
Kegels iſt ſo ſchroff, daß es faſt unmöglich wäre, auf den
Gipfel zu gelangen, wenn man nicht einem alten Lavaſtrom
nachginge, der aus dem Krater gefloſſen ſcheint und deſſen
Trümmer dem Zahn der Zeit getrotzt haben. Dieſe Trümmer
bilden eine verſchlackte Felswand, die ſich mitten durch die
loſe Aſche hinzieht. Wir erſtiegen den Piton, indem wir
uns an dieſen Schlacken anklammerten, die ſcharfe Kanten
haben und, halb verwittert, wie ſie ſind, uns nicht ſelten in
der Hand blieben. Wir brauchten gegen eine halbe Stunde,
um einen Hügel zu erſteigen, deſſen ſenkrechte Höhe kaum
175 m beträgt. Der Veſuv, der dreimal niedriger iſt als
der Vulkan von Tenerifa, läuft in einen faſt dreimal höheren
Aſchenkegel aus, der aber nicht ſo ſteil und zugänglicher iſt.
Unter allen Vulkanen, die ich beſucht, iſt nur der Jorullo in
Mexiko noch ſchwerer zu beſteigen, weil der ganze Berg mit
loſer Aſche bedeckt iſt.
Wenn der Zuckerhut mit Schnee bedeckt iſt, wie bei Ein-
tritt des Winters, ſo kann die Steilheit des Abhanges den
Reiſenden in die größte Gefahr bringen. Legros zeigte uns
die Stelle, wo Kapitän Baudin auf ſeiner Reiſe nach Tene-
rifa beinahe ums Leben gekommen wäre. Mutig hatte er
gegen Ende Dezembers 1797 mit den Naturforſchern Advenier,
Mauger und Riedlé die Beſteigung des Gipfels des Vul-
kanes unternommen. In der halben Höhe des Kegels fiel er
und rollte bis zur kleinen Ebene Rambleta hinunter; zum
Glück machte ein mit Schnee bedeckter Lavahaufen, daß er
nicht noch weiter mit beſchleunigter Geſchwindigkeit hinabflog.
Wie man mir verſichert, iſt ein Reiſender, der den mit feſtem
Raſen bedeckten Abhang des Col de Balme hinabgerollt war,
erſtickt gefunden worden.
Auf der Spitze des Piton angelangt, wunderten wir uns
nicht wenig, daß wir kaum Platz fanden, bequem niederzuſitzen.
Wir ſtanden vor einer kleinen kreisförmigen Mauer aus por-
phyrartiger Lava mit Pechſteinbaſis; dieſe Mauer hinderte
uns in den Krater hinabzuſehen. 1 Der Wind blies ſo heftig
aus Weſt, daß wir uns kaum auf den Beinen halten konnten.
1 La Caldera oder der Keſſel des Piks. Der Name erinnert
an die Oules der Pyrenäen.
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