Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

die Lehre; ihr verpflichtet euch das Lehrgeld zu bezahlen
und ihm das Kind für eine bestimmte Zeit zu überlassen;
er aber macht sich verbindlich, für euern Sohn zu sorgen
wie für sein Kind, und ihn das Handwerk gründlich zu
lehren.

Was ist nun die Ehe? Auch ein Vertrag; denn die
Brautleute verpflichten sich gegenseitig zu den Pflichten
und Rechten des ehelichen Lebens. Damit ihr euch aber
verpflichten könnet, müsset ihr euch verpflichten wollen und
diesen Willen durch Zeichen kundgeben. Nicht wahr?
Daher fragt dann die Kirche die Brautleute, ob sie einander
aus freiem Willen als Eheleute annehmen wollen.

Dieser Vertrag nun ist vor allem ein natürlicher;
warum? Er wurde geschlossen, bevor nur irgend eine
Gesellschaft bestand, bevor nur irgend ein kirchliches oder
bürgerliches Gesetz war, oder besser nur sein konnte.
Nicht wahr? Er wurde ja geschlossen zwischen Adam und
Eva, beruhte in der Verschiedenheit ihres Geschlechtes, in
ihrer Bestimmung, die Stammeltern des Menschengeschlechtes
zu werden.

Aber war dieser Vertrag nicht zugleich ein göttlicher?
Freilich. Denn im Paradies erscheint Gott nicht bloß als
der Erschaffer Evas, sondern auch als der erste Braut-
führer. Denn er selbst führt Eva zum Adam und segnet
beide. Daß Adam diese That Gottes verstand, bezeugt
seine Rede: "Das ist nun Bein von meinem Bein, Fleisch
von meinem Fleische. Darum wird der Mensch seinen
Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe an-
hangen, und es werden zwei in einem Fleische sein."

(Gen. 2, 23.) Was bedeutet also diese Gegenwart Gottes,
der die erste Braut dem ersten Bräutigam zuführt, und
beide segnet. Will er nur dies erste Paar segnen? Will
er etwa später den Ehevertrag der menschlichen Willkür
überlassen, oder für alle Zeiten an eine sittliche Ordnung

die Lehre; ihr verpflichtet euch das Lehrgeld zu bezahlen
und ihm das Kind für eine bestimmte Zeit zu überlassen;
er aber macht sich verbindlich, für euern Sohn zu sorgen
wie für sein Kind, und ihn das Handwerk gründlich zu
lehren.

Was ist nun die Ehe? Auch ein Vertrag; denn die
Brautleute verpflichten sich gegenseitig zu den Pflichten
und Rechten des ehelichen Lebens. Damit ihr euch aber
verpflichten könnet, müsset ihr euch verpflichten wollen und
diesen Willen durch Zeichen kundgeben. Nicht wahr?
Daher fragt dann die Kirche die Brautleute, ob sie einander
aus freiem Willen als Eheleute annehmen wollen.

Dieser Vertrag nun ist vor allem ein natürlicher;
warum? Er wurde geschlossen, bevor nur irgend eine
Gesellschaft bestand, bevor nur irgend ein kirchliches oder
bürgerliches Gesetz war, oder besser nur sein konnte.
Nicht wahr? Er wurde ja geschlossen zwischen Adam und
Eva, beruhte in der Verschiedenheit ihres Geschlechtes, in
ihrer Bestimmung, die Stammeltern des Menschengeschlechtes
zu werden.

Aber war dieser Vertrag nicht zugleich ein göttlicher?
Freilich. Denn im Paradies erscheint Gott nicht bloß als
der Erschaffer Evas, sondern auch als der erste Braut-
führer. Denn er selbst führt Eva zum Adam und segnet
beide. Daß Adam diese That Gottes verstand, bezeugt
seine Rede: „Das ist nun Bein von meinem Bein, Fleisch
von meinem Fleische. Darum wird der Mensch seinen
Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe an-
hangen, und es werden zwei in einem Fleische sein.“

(Gen. 2, 23.) Was bedeutet also diese Gegenwart Gottes,
der die erste Braut dem ersten Bräutigam zuführt, und
beide segnet. Will er nur dies erste Paar segnen? Will
er etwa später den Ehevertrag der menschlichen Willkür
überlassen, oder für alle Zeiten an eine sittliche Ordnung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="10">
        <p><pb facs="#f0098" xml:id="H891_001_1896_pb0086_0001" n="86"/>
die Lehre; ihr verpflichtet euch das Lehrgeld zu bezahlen<lb/>
und ihm das Kind für eine bestimmte Zeit zu überlassen;<lb/>
er aber macht sich verbindlich, für euern Sohn zu sorgen<lb/>
wie für sein Kind, und ihn das Handwerk gründlich zu<lb/>
lehren.</p>
        <p>Was ist nun die Ehe? Auch ein Vertrag; denn die<lb/>
Brautleute verpflichten sich gegenseitig zu den Pflichten<lb/>
und Rechten des ehelichen Lebens. Damit ihr euch aber<lb/>
verpflichten könnet, müsset ihr euch verpflichten wollen und<lb/>
diesen Willen durch Zeichen kundgeben. Nicht wahr?<lb/>
Daher fragt dann die Kirche die Brautleute, ob sie einander<lb/>
aus freiem Willen als Eheleute annehmen wollen.</p>
        <p>Dieser Vertrag nun ist vor allem ein natürlicher;<lb/>
warum? Er wurde geschlossen, bevor nur irgend eine<lb/>
Gesellschaft bestand, bevor nur irgend ein kirchliches oder<lb/>
bürgerliches Gesetz war, oder besser nur sein konnte.<lb/>
Nicht wahr? Er wurde ja geschlossen zwischen Adam und<lb/>
Eva, beruhte in der Verschiedenheit ihres Geschlechtes, in<lb/>
ihrer Bestimmung, die Stammeltern des Menschengeschlechtes<lb/>
zu werden.</p>
        <p>Aber war dieser Vertrag nicht zugleich ein göttlicher?<lb/>
Freilich. Denn im Paradies erscheint Gott nicht bloß als<lb/>
der Erschaffer Evas, sondern auch als der erste Braut-<lb/>
führer. Denn er selbst führt Eva zum Adam und segnet<lb/>
beide. Daß Adam diese That Gottes verstand, bezeugt<lb/>
seine Rede: <q>&#x201E;Das ist nun Bein von meinem Bein, Fleisch<lb/>
von meinem Fleische. Darum wird der Mensch seinen<lb/>
Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe an-<lb/>
hangen, und es werden zwei in einem Fleische sein.&#x201C;</q><lb/>
(Gen. 2, 23.) Was bedeutet also diese Gegenwart Gottes,<lb/>
der die erste Braut dem ersten Bräutigam zuführt, und<lb/>
beide segnet. Will er nur dies erste Paar segnen? Will<lb/>
er etwa später den Ehevertrag der menschlichen Willkür<lb/>
überlassen, oder für alle Zeiten an eine sittliche Ordnung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0098] die Lehre; ihr verpflichtet euch das Lehrgeld zu bezahlen und ihm das Kind für eine bestimmte Zeit zu überlassen; er aber macht sich verbindlich, für euern Sohn zu sorgen wie für sein Kind, und ihn das Handwerk gründlich zu lehren. Was ist nun die Ehe? Auch ein Vertrag; denn die Brautleute verpflichten sich gegenseitig zu den Pflichten und Rechten des ehelichen Lebens. Damit ihr euch aber verpflichten könnet, müsset ihr euch verpflichten wollen und diesen Willen durch Zeichen kundgeben. Nicht wahr? Daher fragt dann die Kirche die Brautleute, ob sie einander aus freiem Willen als Eheleute annehmen wollen. Dieser Vertrag nun ist vor allem ein natürlicher; warum? Er wurde geschlossen, bevor nur irgend eine Gesellschaft bestand, bevor nur irgend ein kirchliches oder bürgerliches Gesetz war, oder besser nur sein konnte. Nicht wahr? Er wurde ja geschlossen zwischen Adam und Eva, beruhte in der Verschiedenheit ihres Geschlechtes, in ihrer Bestimmung, die Stammeltern des Menschengeschlechtes zu werden. Aber war dieser Vertrag nicht zugleich ein göttlicher? Freilich. Denn im Paradies erscheint Gott nicht bloß als der Erschaffer Evas, sondern auch als der erste Braut- führer. Denn er selbst führt Eva zum Adam und segnet beide. Daß Adam diese That Gottes verstand, bezeugt seine Rede: „Das ist nun Bein von meinem Bein, Fleisch von meinem Fleische. Darum wird der Mensch seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe an- hangen, und es werden zwei in einem Fleische sein.“ (Gen. 2, 23.) Was bedeutet also diese Gegenwart Gottes, der die erste Braut dem ersten Bräutigam zuführt, und beide segnet. Will er nur dies erste Paar segnen? Will er etwa später den Ehevertrag der menschlichen Willkür überlassen, oder für alle Zeiten an eine sittliche Ordnung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/98
Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/98>, abgerufen am 15.05.2024.