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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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handelt sich da um eine Leidenschaft, welche einmal ent-
fesselt, den Verstand verwirrt, das Urtheil trübt, die Erin-
nerung auslöscht, den Willen schwächt, Pflichten und Rechte
mit Füßen zertritt, die zartesten Bande zerreißt, die Hölle
bevölkert; es handelt sich um eine Leidenschaft, welche
gegen alles ausschlägt, was ihr nur irgendwie in den
Weg tritt, welche das blutige Haupt des Propheten
sogar beim Gastmahle auftischt. Wer vermag da noch die
ganze Wahrheit zu beschützen? Wer wagt sie ohne Rück-
halt, ohne Schleier ganz zu enthüllen? Wer vermag
wenigstens die Auserwählten noch auf dem Himmelswege
zu bewahren? Die katholische Kirche allein; einzig der
hl. Vater. Denn sie allein haben eine unfehlbare Lehr-
gewalt; nur wenn sie in Sachen des Glaubens und der
Sitte das letzte Wort gesprochen haben beugt sich die
katholische Welt vor Gott und der einmal geoffenbarten Wahr-
heit. Und mit vollem Recht. Da müsset ihr nämlich noch
einen ganz eigenthümlichen Umstand beachten, um die un-
endliche Weisheit Jesu Christi in der ganzen Heilsordnung
immer mehr zu bewundern.

Er hat nämlich die Beschützung der Ehe einem
Hohenpriester und einem Priesterthum übergeben, denen
die Ehelosigkeit als heilige Pflicht auferlegt ist. Da nun
habet ihr das Spiel der Leidenschaften nicht zu fürchten.
Warum denn? Wir dürfen ja keine Weiber nehmen;
haben deßhalb mit keinen zu leben und können keine ent-
lassen. Daher kann uns nicht einmal die Versuchung
kommen, an der ewigen Weltordnung Gottes zu rütteln,
oder auch nur rütteln zu lassen. Um die Bedeutung dieser
Thatsache zu verstehen, werfet einen Blick auf die griechische
Kirche.

Sobald sie sich von Rom getrennt hatte, verlor sie
nach und nach Ansehen und Macht, daß sie die Ehelosig-
keit der Geistlichen und damit die Heiligkeit der Ehe nicht

handelt sich da um eine Leidenschaft, welche einmal ent-
fesselt, den Verstand verwirrt, das Urtheil trübt, die Erin-
nerung auslöscht, den Willen schwächt, Pflichten und Rechte
mit Füßen zertritt, die zartesten Bande zerreißt, die Hölle
bevölkert; es handelt sich um eine Leidenschaft, welche
gegen alles ausschlägt, was ihr nur irgendwie in den
Weg tritt, welche das blutige Haupt des Propheten
sogar beim Gastmahle auftischt. Wer vermag da noch die
ganze Wahrheit zu beschützen? Wer wagt sie ohne Rück-
halt, ohne Schleier ganz zu enthüllen? Wer vermag
wenigstens die Auserwählten noch auf dem Himmelswege
zu bewahren? Die katholische Kirche allein; einzig der
hl. Vater. Denn sie allein haben eine unfehlbare Lehr-
gewalt; nur wenn sie in Sachen des Glaubens und der
Sitte das letzte Wort gesprochen haben beugt sich die
katholische Welt vor Gott und der einmal geoffenbarten Wahr-
heit. Und mit vollem Recht. Da müsset ihr nämlich noch
einen ganz eigenthümlichen Umstand beachten, um die un-
endliche Weisheit Jesu Christi in der ganzen Heilsordnung
immer mehr zu bewundern.

Er hat nämlich die Beschützung der Ehe einem
Hohenpriester und einem Priesterthum übergeben, denen
die Ehelosigkeit als heilige Pflicht auferlegt ist. Da nun
habet ihr das Spiel der Leidenschaften nicht zu fürchten.
Warum denn? Wir dürfen ja keine Weiber nehmen;
haben deßhalb mit keinen zu leben und können keine ent-
lassen. Daher kann uns nicht einmal die Versuchung
kommen, an der ewigen Weltordnung Gottes zu rütteln,
oder auch nur rütteln zu lassen. Um die Bedeutung dieser
Thatsache zu verstehen, werfet einen Blick auf die griechische
Kirche.

Sobald sie sich von Rom getrennt hatte, verlor sie
nach und nach Ansehen und Macht, daß sie die Ehelosig-
keit der Geistlichen und damit die Heiligkeit der Ehe nicht

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[91/0103] handelt sich da um eine Leidenschaft, welche einmal ent- fesselt, den Verstand verwirrt, das Urtheil trübt, die Erin- nerung auslöscht, den Willen schwächt, Pflichten und Rechte mit Füßen zertritt, die zartesten Bande zerreißt, die Hölle bevölkert; es handelt sich um eine Leidenschaft, welche gegen alles ausschlägt, was ihr nur irgendwie in den Weg tritt, welche das blutige Haupt des Propheten sogar beim Gastmahle auftischt. Wer vermag da noch die ganze Wahrheit zu beschützen? Wer wagt sie ohne Rück- halt, ohne Schleier ganz zu enthüllen? Wer vermag wenigstens die Auserwählten noch auf dem Himmelswege zu bewahren? Die katholische Kirche allein; einzig der hl. Vater. Denn sie allein haben eine unfehlbare Lehr- gewalt; nur wenn sie in Sachen des Glaubens und der Sitte das letzte Wort gesprochen haben beugt sich die katholische Welt vor Gott und der einmal geoffenbarten Wahr- heit. Und mit vollem Recht. Da müsset ihr nämlich noch einen ganz eigenthümlichen Umstand beachten, um die un- endliche Weisheit Jesu Christi in der ganzen Heilsordnung immer mehr zu bewundern. Er hat nämlich die Beschützung der Ehe einem Hohenpriester und einem Priesterthum übergeben, denen die Ehelosigkeit als heilige Pflicht auferlegt ist. Da nun habet ihr das Spiel der Leidenschaften nicht zu fürchten. Warum denn? Wir dürfen ja keine Weiber nehmen; haben deßhalb mit keinen zu leben und können keine ent- lassen. Daher kann uns nicht einmal die Versuchung kommen, an der ewigen Weltordnung Gottes zu rütteln, oder auch nur rütteln zu lassen. Um die Bedeutung dieser Thatsache zu verstehen, werfet einen Blick auf die griechische Kirche. Sobald sie sich von Rom getrennt hatte, verlor sie nach und nach Ansehen und Macht, daß sie die Ehelosig- keit der Geistlichen und damit die Heiligkeit der Ehe nicht

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/103>, abgerufen am 21.05.2024.