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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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mehr behaupten konnte. Welche Ausdehnung dies Uebel
im Laufe der Zeit genommen, beklagte Fürst Cusa, als er
vor etwa 35 Jahren in der Ständeversammlung der
Moldau-Walachai folgendes sprach: "Die Familie und
mithin die Gesellschaft kann nur unter der Bedingung be-
stehen, daß die Ehe kein Spiel sei, in dem die Brautleute
sich nehmen und trennen unter den eitelsten Vorwänden.
Welchen Namen soll man jenen Frauenzimmern beilegen,
welche am Morgen sich scheiden und am Abend wieder
heirathen, welche in ihrem zartesten Alter die Reihe jener
Verbindungen durchgemacht haben, welche ein kirchliches
oder vielmehr bis zum Uebermaaße nachsichtiges und
schwaches Gesetz duldet? Durch diese Ehescheidung wird
die öffentliche Sittlichkeit verletzt, die Erziehung der Kinder
vernachläßiget."
So Fürst Cusa.

Wohin ist also die griechische Kirche gekommen? Die
Ehe ist nur mehr ein Spiel. Was trennt die Eheleute?
Die eitelsten Vorwände. Aber wie? Scheiden am Morgen
abends wieder heirathen. Wer treibt's derart? Etwa
ausgereifte und ältere Sünder und Wüstlinge? Mädchen
im zarten Alter. Wer ist verletzt? Die öffentliche Sitt-
lichkeit. Aber, besitzen denn die Griechen nicht die 7
heiligen Sakramente? Allerdings! Glauben sie nicht an
Himmel und Hölle? Freilich. Haben sie nicht die zehn
Gebote und das Evangelium? Auch das. Aber was
fehlt ihnen denn? Sie haben nicht den Alten im Vatikan,
in dessen Händen die Sittlichkeit der Menschen ihre
Sicherheit findet - und finden muß, Ja, ja, finden muß!

Sehet einmal! Das dl. Sakrament der Ehe ist eine
wahre Lebensfrage für die Kirche. Denn so lange Mann
und Weib dies hl. Sakrament nach Gottes Anordnung
empfangen, können sie aller Tröstungen der hl. Religion
bis zum christlichen Begräbniß und zum Opfer für die
Abgestorbenen theilhaftig werden; sollte die Jugend so ver-

mehr behaupten konnte. Welche Ausdehnung dies Uebel
im Laufe der Zeit genommen, beklagte Fürst Cusa, als er
vor etwa 35 Jahren in der Ständeversammlung der
Moldau-Walachai folgendes sprach: „Die Familie und
mithin die Gesellschaft kann nur unter der Bedingung be-
stehen, daß die Ehe kein Spiel sei, in dem die Brautleute
sich nehmen und trennen unter den eitelsten Vorwänden.
Welchen Namen soll man jenen Frauenzimmern beilegen,
welche am Morgen sich scheiden und am Abend wieder
heirathen, welche in ihrem zartesten Alter die Reihe jener
Verbindungen durchgemacht haben, welche ein kirchliches
oder vielmehr bis zum Uebermaaße nachsichtiges und
schwaches Gesetz duldet? Durch diese Ehescheidung wird
die öffentliche Sittlichkeit verletzt, die Erziehung der Kinder
vernachläßiget.“
So Fürst Cusa.

Wohin ist also die griechische Kirche gekommen? Die
Ehe ist nur mehr ein Spiel. Was trennt die Eheleute?
Die eitelsten Vorwände. Aber wie? Scheiden am Morgen
abends wieder heirathen. Wer treibt's derart? Etwa
ausgereifte und ältere Sünder und Wüstlinge? Mädchen
im zarten Alter. Wer ist verletzt? Die öffentliche Sitt-
lichkeit. Aber, besitzen denn die Griechen nicht die 7
heiligen Sakramente? Allerdings! Glauben sie nicht an
Himmel und Hölle? Freilich. Haben sie nicht die zehn
Gebote und das Evangelium? Auch das. Aber was
fehlt ihnen denn? Sie haben nicht den Alten im Vatikan,
in dessen Händen die Sittlichkeit der Menschen ihre
Sicherheit findet – und finden muß, Ja, ja, finden muß!

Sehet einmal! Das dl. Sakrament der Ehe ist eine
wahre Lebensfrage für die Kirche. Denn so lange Mann
und Weib dies hl. Sakrament nach Gottes Anordnung
empfangen, können sie aller Tröstungen der hl. Religion
bis zum christlichen Begräbniß und zum Opfer für die
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[92/0104] mehr behaupten konnte. Welche Ausdehnung dies Uebel im Laufe der Zeit genommen, beklagte Fürst Cusa, als er vor etwa 35 Jahren in der Ständeversammlung der Moldau-Walachai folgendes sprach: „Die Familie und mithin die Gesellschaft kann nur unter der Bedingung be- stehen, daß die Ehe kein Spiel sei, in dem die Brautleute sich nehmen und trennen unter den eitelsten Vorwänden. Welchen Namen soll man jenen Frauenzimmern beilegen, welche am Morgen sich scheiden und am Abend wieder heirathen, welche in ihrem zartesten Alter die Reihe jener Verbindungen durchgemacht haben, welche ein kirchliches oder vielmehr bis zum Uebermaaße nachsichtiges und schwaches Gesetz duldet? Durch diese Ehescheidung wird die öffentliche Sittlichkeit verletzt, die Erziehung der Kinder vernachläßiget.“ So Fürst Cusa. Wohin ist also die griechische Kirche gekommen? Die Ehe ist nur mehr ein Spiel. Was trennt die Eheleute? Die eitelsten Vorwände. Aber wie? Scheiden am Morgen abends wieder heirathen. Wer treibt's derart? Etwa ausgereifte und ältere Sünder und Wüstlinge? Mädchen im zarten Alter. Wer ist verletzt? Die öffentliche Sitt- lichkeit. Aber, besitzen denn die Griechen nicht die 7 heiligen Sakramente? Allerdings! Glauben sie nicht an Himmel und Hölle? Freilich. Haben sie nicht die zehn Gebote und das Evangelium? Auch das. Aber was fehlt ihnen denn? Sie haben nicht den Alten im Vatikan, in dessen Händen die Sittlichkeit der Menschen ihre Sicherheit findet – und finden muß, Ja, ja, finden muß! Sehet einmal! Das dl. Sakrament der Ehe ist eine wahre Lebensfrage für die Kirche. Denn so lange Mann und Weib dies hl. Sakrament nach Gottes Anordnung empfangen, können sie aller Tröstungen der hl. Religion bis zum christlichen Begräbniß und zum Opfer für die Abgestorbenen theilhaftig werden; sollte die Jugend so ver-

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/104>, abgerufen am 27.11.2024.