zuverlässig die Sünden gegen die Natur. -- Es ist wirklich höchst merkwürdig, dass eine Ausschweifung, die sich an und für sich ganz gleich scheint, in ihren Folgen dennoch so verschieden ist, je nachdem sie auf eine natürliche oder un- natürliche Art verrichtet wird, und da ich selbst vernünftige Menschen kenne, die sich von diesem Unterschied nicht recht überzeugen können, so ist es hier wohl ein schicklicher Ort, den Unter- schied etwas auseinander zu setzen, warum Onanie, bey beyden Geschlech- tern, so unendlich mehr schadet, als der naturgemässe Beyschlaf. Schrecklich ist das Gepräge, was die Natur einem sol- chen Sünder aufdrückt! Er ist eine ver- welkte Rose, ein in der Blüthe verdorr- ter Baum, eine wandelnde Leiche. Al- les Feuer und Leben wird durch dieses stumme Laster getödtet, und es bleibt nichts als Kraftlosigkeit, Unthätigkeit, Todtenblässe, Verwelken des Körpers und Niedergeschlagenheit der Seele zu- rück. Das Auge verliert seinen Glanz
zuverläſſig die Sünden gegen die Natur. — Es iſt wirklich höchſt merkwürdig, daſs eine Ausſchweifung, die ſich an und für ſich ganz gleich ſcheint, in ihren Folgen dennoch ſo verſchieden iſt, je nachdem ſie auf eine natürliche oder un- natürliche Art verrichtet wird, und da ich ſelbſt vernünftige Menſchen kenne, die ſich von dieſem Unterſchied nicht recht überzeugen können, ſo iſt es hier wohl ein ſchicklicher Ort, den Unter- ſchied etwas auseinander zu ſetzen, warum Onanie, bey beyden Geſchlech- tern, ſo unendlich mehr ſchadet, als der naturgemäſse Beyſchlaf. Schrecklich iſt das Gepräge, was die Natur einem ſol- chen Sünder aufdrückt! Er iſt eine ver- welkte Roſe, ein in der Blüthe verdorr- ter Baum, eine wandelnde Leiche. Al- les Feuer und Leben wird durch dieſes ſtumme Laſter getödtet, und es bleibt nichts als Kraftloſigkeit, Unthätigkeit, Todtenbläſſe, Verwelken des Körpers und Niedergeſchlagenheit der Seele zu- rück. Das Auge verliert ſeinen Glanz
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zuverläſſig die Sünden gegen die Natur.
— Es iſt wirklich höchſt merkwürdig,
daſs eine Ausſchweifung, die ſich an und
für ſich ganz gleich ſcheint, in ihren
Folgen dennoch ſo verſchieden iſt, je
nachdem ſie auf eine natürliche oder un-
natürliche Art verrichtet wird, und da
ich ſelbſt vernünftige Menſchen kenne,
die ſich von dieſem Unterſchied nicht
recht überzeugen können, ſo iſt es hier
wohl ein ſchicklicher Ort, den Unter-
ſchied etwas auseinander zu ſetzen,
warum Onanie, bey beyden Geſchlech-
tern, ſo unendlich mehr ſchadet, als der
naturgemäſse Beyſchlaf. Schrecklich iſt
das Gepräge, was die Natur einem ſol-
chen Sünder aufdrückt! Er iſt eine ver-
welkte Roſe, ein in der Blüthe verdorr-
ter Baum, eine wandelnde Leiche. Al-
les Feuer und Leben wird durch dieſes
ſtumme Laſter getödtet, und es bleibt
nichts als Kraftloſigkeit, Unthätigkeit,
Todtenbläſſe, Verwelken des Körpers
und Niedergeſchlagenheit der Seele zu-
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/374>, abgerufen am 25.11.2024.
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