Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

musste, war es natürlich, dass ich ihn nicht
blos medizinisch, sondern auch moralisch
behandelte. Wer kann vom menschlichen
Leben schreiben, ohne mit der moralischen
Welt in Verbindung gesezt zu werden, der
es so eigenthümlich zugehört? Im Gegen-
theil habe ich bey dieser Arbeit es mehr als
je empfunden, dass sich der Mensch und
sein höherer moralischer Zweck auch phy-
sisch schlechterdings nicht trennen lassen,
und ich darf es vielleicht dieser Schrift als
ein kleines Verdienst anrechnen, dass sie
nicht allein die Wahrheit und den Werth
der moralischen Gesetze in den Augen vieler
dadurch erhöht, dass sie ihnen die Unent-
behrlichkeit derselben auch zur physischen
Erhaltung und Verlängerung des Lebens
zeigt, sondern dass sie auch mit unwider-
leglichen Gründen darthut, dass schon das
Physische im Menschen auf seine höhere
moralische Bestimmung berechnet ist, dass
dieses einen wesentlichen Unterschied der
menschlichen Natur von der thierischen
macht, und dass ohne moralische Kultur

muſste, war es natürlich, daſs ich ihn nicht
blos mediziniſch, ſondern auch moraliſch
behandelte. Wer kann vom menſchlichen
Leben ſchreiben, ohne mit der moraliſchen
Welt in Verbindung geſezt zu werden, der
es ſo eigenthümlich zugehört? Im Gegen-
theil habe ich bey dieſer Arbeit es mehr als
je empfunden, daſs ſich der Menſch und
ſein höherer moraliſcher Zweck auch phy-
ſiſch ſchlechterdings nicht trennen laſſen,
und ich darf es vielleicht dieſer Schrift als
ein kleines Verdienſt anrechnen, daſs ſie
nicht allein die Wahrheit und den Werth
der moraliſchen Geſetze in den Augen vieler
dadurch erhöht, daſs ſie ihnen die Unent-
behrlichkeit derſelben auch zur phyſiſchen
Erhaltung und Verlängerung des Lebens
zeigt, ſondern daſs ſie auch mit unwider-
leglichen Gründen darthut, daſs ſchon das
Phyſiſche im Menſchen auf ſeine höhere
moraliſche Beſtimmung berechnet iſt, daſs
dieſes einen weſentlichen Unterſchied der
menſchlichen Natur von der thieriſchen
macht, und daſs ohne moraliſche Kultur

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p> <hi rendition="#i"><pb facs="#f0016" n="XII"/>
mu&#x017F;ste, war es natürlich, da&#x017F;s ich ihn nicht<lb/>
blos medizini&#x017F;ch, &#x017F;ondern auch morali&#x017F;ch<lb/>
behandelte. Wer kann vom men&#x017F;chlichen<lb/>
Leben &#x017F;chreiben, ohne mit der morali&#x017F;chen<lb/>
Welt in Verbindung ge&#x017F;ezt zu werden, der<lb/>
es &#x017F;o eigenthümlich zugehört? Im Gegen-<lb/>
theil habe ich bey die&#x017F;er Arbeit es mehr als<lb/>
je empfunden, da&#x017F;s &#x017F;ich der Men&#x017F;ch und<lb/>
&#x017F;ein höherer morali&#x017F;cher Zweck auch phy-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;ch &#x017F;chlechterdings nicht trennen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und ich darf es vielleicht die&#x017F;er Schrift als<lb/>
ein kleines Verdien&#x017F;t anrechnen, da&#x017F;s &#x017F;ie<lb/>
nicht allein die Wahrheit und den Werth<lb/>
der morali&#x017F;chen Ge&#x017F;etze in den Augen vieler<lb/>
dadurch erhöht, da&#x017F;s &#x017F;ie ihnen die Unent-<lb/>
behrlichkeit der&#x017F;elben auch zur phy&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Erhaltung und Verlängerung des Lebens<lb/>
zeigt, &#x017F;ondern da&#x017F;s &#x017F;ie auch mit unwider-<lb/>
leglichen Gründen darthut, da&#x017F;s &#x017F;chon das<lb/>
Phy&#x017F;i&#x017F;che im Men&#x017F;chen auf &#x017F;eine höhere<lb/>
morali&#x017F;che Be&#x017F;timmung berechnet i&#x017F;t, da&#x017F;s<lb/>
die&#x017F;es einen we&#x017F;entlichen Unter&#x017F;chied der<lb/>
men&#x017F;chlichen Natur von der thieri&#x017F;chen<lb/>
macht, und da&#x017F;s ohne morali&#x017F;che Kultur<lb/></hi> </p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XII/0016] muſste, war es natürlich, daſs ich ihn nicht blos mediziniſch, ſondern auch moraliſch behandelte. Wer kann vom menſchlichen Leben ſchreiben, ohne mit der moraliſchen Welt in Verbindung geſezt zu werden, der es ſo eigenthümlich zugehört? Im Gegen- theil habe ich bey dieſer Arbeit es mehr als je empfunden, daſs ſich der Menſch und ſein höherer moraliſcher Zweck auch phy- ſiſch ſchlechterdings nicht trennen laſſen, und ich darf es vielleicht dieſer Schrift als ein kleines Verdienſt anrechnen, daſs ſie nicht allein die Wahrheit und den Werth der moraliſchen Geſetze in den Augen vieler dadurch erhöht, daſs ſie ihnen die Unent- behrlichkeit derſelben auch zur phyſiſchen Erhaltung und Verlängerung des Lebens zeigt, ſondern daſs ſie auch mit unwider- leglichen Gründen darthut, daſs ſchon das Phyſiſche im Menſchen auf ſeine höhere moraliſche Beſtimmung berechnet iſt, daſs dieſes einen weſentlichen Unterſchied der menſchlichen Natur von der thieriſchen macht, und daſs ohne moraliſche Kultur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/16
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/16>, abgerufen am 24.04.2024.