Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

Bild:
<< vorherige Seite
Als nun der König ward gestochen
Bekam der Hund eins an den Knochen:
Damit verfluchte sie die Kegel
Und hieß den Schieber einen Flegel.

XV. Bey so bestalten Sachen/ halte ich
diese Vermehrung der Reime vor überflüs-
sig/ und werde mir nicht die Mühe neh-
men/ dieselben dem nachfolgenden Reim-
Register einzuverleiben.

XVI. Was die Versetzung der Reime be-
trifft/ so haben sich vor weniger Zeit Leute
gefunden/ welche den Reim lieber zum An-
fange/ als zum Ausgange der Zeilen ha-
ben gebrauchen wollen. z. e.

1. Richtet niemals fremde Verse/
Tichtet lieber etwas bessers.
2. Last die Tugend ungetadelt/
Haßt hingegen alle Laster.
3. Laster sind der Seelen Wunden/
Ja sie bringen gar den Todt:
Pflaster aber sind die Sprüche/
Da uns GOtt zur Busse rufft.

XVII. Nun wil ich zwar dem Erfinder
die Ehre der curiosität nicht disputirlich
machen: Doch weil ich zur Zeit nicht sehe/
was bey solcher Art dem Schreiber oder
dem Leser vor ein Vortheil zuwächst/ so be-
gehre ich keine nachzumachen.

XVIII. Wolte man vorwenden/ daß der
Vers solcher gestalt um so viel desto künst-

licher
b
Als nun der Koͤnig ward geſtochen
Bekam der Hund eins an den Knochen:
Damit verfluchte ſie die Kegel
Und hieß den Schieber einen Flegel.

XV. Bey ſo beſtalten Sachen/ halte ich
dieſe Vermehrung der Reime vor uͤberfluͤſ-
ſig/ und werde mir nicht die Muͤhe neh-
men/ dieſelben dem nachfolgenden Reim-
Regiſter einzuverleiben.

XVI. Was die Verſetzung der Reime be-
trifft/ ſo haben ſich vor weniger Zeit Leute
gefunden/ welche den Reim lieber zum An-
fange/ als zum Ausgange der Zeilen ha-
ben gebrauchen wollen. z. e.

1. Richtet niemals fremde Verſe/
Tichtet lieber etwas beſſers.
2. Laſt die Tugend ungetadelt/
Haßt hingegen alle Laſter.
3. Laſter ſind der Seelen Wunden/
Ja ſie bringen gar den Todt:
Pflaſter aber ſind die Spruͤche/
Da uns GOtt zur Buſſe rufft.

XVII. Nun wil ich zwar dem Erfinder
die Ehre der curioſitaͤt nicht diſputirlich
machen: Doch weil ich zur Zeit nicht ſehe/
was bey ſolcher Art dem Schreiber oder
dem Leſer vor ein Vortheil zuwaͤchſt/ ſo be-
gehre ich keine nachzumachen.

XVIII. Wolte man vorwenden/ daß der
Vers ſolcher geſtalt um ſo viel deſto kuͤnſt-

licher
b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <list>
          <item>
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0021" n="17"/>
              <l>Als nun der Ko&#x0364;nig ward ge&#x017F;tochen</l><lb/>
              <l>Bekam der Hund eins an den Knochen:</l><lb/>
              <l>Damit verfluchte &#x017F;ie die Kegel</l><lb/>
              <l>Und hieß den Schieber einen Flegel.</l>
            </lg>
          </item>
        </list><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">XV.</hi> Bey &#x017F;o be&#x017F;talten Sachen/ halte ich<lb/>
die&#x017F;e Vermehrung der Reime vor u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig/ und werde mir nicht die Mu&#x0364;he neh-<lb/>
men/ die&#x017F;elben dem nachfolgenden Reim-<lb/>
Regi&#x017F;ter einzuverleiben.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">XVI.</hi> Was die Ver&#x017F;etzung der Reime be-<lb/>
trifft/ &#x017F;o haben &#x017F;ich vor weniger Zeit Leute<lb/>
gefunden/ welche den Reim lieber zum An-<lb/>
fange/ als zum Ausgange der Zeilen ha-<lb/>
ben gebrauchen wollen. z. e.</p><lb/>
        <list>
          <item>1. <hi rendition="#fr">Richtet</hi> niemals fremde Ver&#x017F;e/<lb/><hi rendition="#fr">Tichtet</hi> lieber etwas be&#x017F;&#x017F;ers.</item><lb/>
          <item>2. <hi rendition="#fr">La&#x017F;t</hi> die Tugend ungetadelt/<lb/><hi rendition="#fr">Haßt</hi> hingegen alle La&#x017F;ter.</item><lb/>
          <item>3. <hi rendition="#fr">La&#x017F;ter</hi> &#x017F;ind der Seelen Wunden/<lb/><hi rendition="#fr">Ja</hi> &#x017F;ie bringen gar den Todt:<lb/><hi rendition="#fr">Pfla&#x017F;ter</hi> aber &#x017F;ind die Spru&#x0364;che/<lb/><hi rendition="#fr">Da</hi> uns GOtt zur Bu&#x017F;&#x017F;e rufft.</item>
        </list><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Nun wil ich zwar dem Erfinder<lb/>
die Ehre der <hi rendition="#aq">curio&#x017F;i</hi>ta&#x0364;t nicht <hi rendition="#aq">di&#x017F;putir</hi>lich<lb/>
machen: Doch weil ich zur Zeit nicht &#x017F;ehe/<lb/>
was bey &#x017F;olcher Art dem Schreiber oder<lb/>
dem Le&#x017F;er vor ein Vortheil zuwa&#x0364;ch&#x017F;t/ &#x017F;o be-<lb/>
gehre ich keine nachzumachen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">XVIII.</hi> Wolte man vorwenden/ daß der<lb/>
Vers &#x017F;olcher ge&#x017F;talt um &#x017F;o viel de&#x017F;to ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b</fw><fw place="bottom" type="catch">licher</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0021] Als nun der Koͤnig ward geſtochen Bekam der Hund eins an den Knochen: Damit verfluchte ſie die Kegel Und hieß den Schieber einen Flegel. XV. Bey ſo beſtalten Sachen/ halte ich dieſe Vermehrung der Reime vor uͤberfluͤſ- ſig/ und werde mir nicht die Muͤhe neh- men/ dieſelben dem nachfolgenden Reim- Regiſter einzuverleiben. XVI. Was die Verſetzung der Reime be- trifft/ ſo haben ſich vor weniger Zeit Leute gefunden/ welche den Reim lieber zum An- fange/ als zum Ausgange der Zeilen ha- ben gebrauchen wollen. z. e. 1. Richtet niemals fremde Verſe/ Tichtet lieber etwas beſſers. 2. Laſt die Tugend ungetadelt/ Haßt hingegen alle Laſter. 3. Laſter ſind der Seelen Wunden/ Ja ſie bringen gar den Todt: Pflaſter aber ſind die Spruͤche/ Da uns GOtt zur Buſſe rufft. XVII. Nun wil ich zwar dem Erfinder die Ehre der curioſitaͤt nicht diſputirlich machen: Doch weil ich zur Zeit nicht ſehe/ was bey ſolcher Art dem Schreiber oder dem Leſer vor ein Vortheil zuwaͤchſt/ ſo be- gehre ich keine nachzumachen. XVIII. Wolte man vorwenden/ daß der Vers ſolcher geſtalt um ſo viel deſto kuͤnſt- licher b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/21
Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/21>, abgerufen am 27.11.2024.