wenden sich im 17. Jahrhundert verschiedene kaiserliche Mandate, welche damit ein Zeugnis für die "Kammerboten" ablegen.
2) Relaisstationen der Territorialherrn.
Nicht minder bedeutsam für die Entstehung der Reichs- lehenpost als die Gewerbsmässigkeit der Briefbeförderung durch die Stadtboten ist ein zweites Moment, das bisher noch gar nicht beachtet worden ist. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts nämlich werden für vorübergehende drin- gende Zwecke Relaisstationen gelegt, ein Staffetten- dienst eingerichtet, so von Karl V. 1522 bei der Mobil- machung gegen die Türken, und vom Papst bei Einbe- rufung des Tridentiner Konzils. Diese Einrichtung wird "Poste" genannt und gemeiniglich als eine Post im heutigen Sinne aufgefasst; das Wort "Poste" erfährt die gleiche weitgehende Interpretation, wie der Begriff des "Cursus publicus": wird irgendwo der Ausdruck "Cursus publicus" gebraucht, flugs wird auf dieser blossen Namensnennung gleich ein fertiger Plan, eine systematische Organisation aufgebaut. Ebenso geht es mit dem Ausdruck "poste". Nur als Beispiel für diese phantastische Kombinationen sei auf Rothschild "Histoire de la poste" 1873 S. 191 hin- gewiesen: derselbe giebt -- nach Beust's Vorgang -- die Worte des Reichstagsabschieds von 1524, wonach zwischen Nürnberg-Wien eine Post d. h. ein Alarmdienst wegen des Türkenkrieges eingerichtet werden solle, folgendermassen wieder: "En 1516 Maximilien I. confirme le privilege de la Tour et Taxis, mais a la condition (!) qu'il sera etabli un nouveau service entre Vienne et Bruxelles. es 1522 le prince Leonard (!) reunit (!) Vienne et Nuremberg par une nouvelle ligne de courriers." In dem Nürnberger Reichstagsabschied aber ist nur folgen- des zu lesen: "Nachdem (Griechisch Weissenburg 1522
wenden sich im 17. Jahrhundert verschiedene kaiserliche Mandate, welche damit ein Zeugnis für die »Kammerboten« ablegen.
2) Relaisstationen der Territorialherrn.
Nicht minder bedeutsam für die Entstehung der Reichs- lehenpost als die Gewerbsmässigkeit der Briefbeförderung durch die Stadtboten ist ein zweites Moment, das bisher noch gar nicht beachtet worden ist. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts nämlich werden für vorübergehende drin- gende Zwecke Relaisstationen gelegt, ein Staffetten- dienst eingerichtet, so von Karl V. 1522 bei der Mobil- machung gegen die Türken, und vom Papst bei Einbe- rufung des Tridentiner Konzils. Diese Einrichtung wird »Poste« genannt und gemeiniglich als eine Post im heutigen Sinne aufgefasst; das Wort »Poste« erfährt die gleiche weitgehende Interpretation, wie der Begriff des »Cursus publicus«: wird irgendwo der Ausdruck »Cursus publicus« gebraucht, flugs wird auf dieser blossen Namensnennung gleich ein fertiger Plan, eine systematische Organisation aufgebaut. Ebenso geht es mit dem Ausdruck »poste«. Nur als Beispiel für diese phantastische Kombinationen sei auf Rothschild »Histoire de la poste« 1873 S. 191 hin- gewiesen: derselbe giebt — nach Beust’s Vorgang — die Worte des Reichstagsabschieds von 1524, wonach zwischen Nürnberg-Wien eine Post d. h. ein Alarmdienst wegen des Türkenkrieges eingerichtet werden solle, folgendermassen wieder: »En 1516 Maximilien I. confirme le privilége de la Tour et Taxis, mais à la condition (!) qu’il sera établi un nouveau service entre Vienne et Bruxelles. es 1522 le prince Leonard (!) réunit (!) Vienne et Nuremberg par une nouvelle ligne de courriers.« In dem Nürnberger Reichstagsabschied aber ist nur folgen- des zu lesen: »Nachdem (Griechisch Weissenburg 1522
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Nicht minder bedeutsam für die Entstehung der Reichs-
lehenpost als die Gewerbsmässigkeit der Briefbeförderung
durch die Stadtboten ist ein zweites Moment, das bisher
noch gar nicht beachtet worden ist. Zu Anfang des
16. Jahrhunderts nämlich werden für vorübergehende drin-
gende Zwecke Relaisstationen gelegt, ein Staffetten-
dienst eingerichtet, so von Karl V. 1522 bei der Mobil-
machung gegen die Türken, und vom Papst bei Einbe-
rufung des Tridentiner Konzils. Diese Einrichtung wird
»Poste« genannt und gemeiniglich als eine Post im heutigen
Sinne aufgefasst; das Wort »Poste« erfährt die gleiche
weitgehende Interpretation, wie der Begriff des »Cursus
publicus«: wird irgendwo der Ausdruck »Cursus publicus«
gebraucht, flugs wird auf dieser blossen Namensnennung
gleich ein fertiger Plan, eine systematische Organisation
aufgebaut. Ebenso geht es mit dem Ausdruck »poste«.
Nur als Beispiel für diese phantastische Kombinationen
sei auf Rothschild »Histoire de la poste« 1873 S. 191 hin-
gewiesen: derselbe giebt — nach Beust’s Vorgang — die
Worte des Reichstagsabschieds von 1524, wonach zwischen
Nürnberg-Wien eine Post d. h. ein Alarmdienst wegen des
Türkenkrieges eingerichtet werden solle, folgendermassen
wieder: »En 1516 Maximilien I. confirme le privilége
de la Tour et Taxis, mais à la condition (!) qu’il sera
établi un nouveau service entre Vienne et Bruxelles.
es 1522 le prince Leonard (!) réunit (!) Vienne
et Nuremberg par une nouvelle ligne de courriers.« In
dem Nürnberger Reichstagsabschied aber ist nur folgen-
des zu lesen: »Nachdem (Griechisch Weissenburg 1522
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/75>, abgerufen am 16.02.2025.
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