Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

(an dem aber die übrige Aussenwelt das "profanum vul-
gus" keinen bestimmungsgemässen Anteil hatte).

Die Organisation eines regelmässigen Botendienstes
und die Route, für welche eine solche erfolgte, war ge-
geben: einmal durch die Pilgerzüge nach berühmten Wall-
fahrtsorten
z. B. zwischen Bordeaux und Jerusalem,
oder (s. Itineraris von da l'Herba und Codogno) zwischen
Loreto und S. Jago di Compostela; sodann durch das In-
stitut, welches für die Nachrichtenvermittlung durch den
Botendienst ausgeschaltet wurde: es sind das die regel-
mässig die städtischen Messen aufsuchenden Kaufmanns-
züge, endlich durch den ständigen Tauschverkehr, den
die binnenländischen Handelsstädte mit den Seestädten
unterhielten.

Zuerst wohl stellte sich das Bedürfnis für einen Boten-
dienst bei den frühesten Kulturzentren, nämlich den Klö-
stern
ein, und zwar bei den Stammsitzen der verschiedenen
Orden, der Benediktiner-Klöster im Verkehr mit ihren Able-
gern und Sukkursalen, ferner zwischen den reichen Abteien
und ihren in der ganzen Welt zerstreuten Besitzungen, sodann
zwischen den Deutschordensrittern und ihren weit entlegenen
Komthureien, endlich zwischen den Gebetsbrüderschaften
(s. unten Anlage V) untereinander. Aufschlüsse über die
früheste Zeit dürften die Urkundensammlungen der Abteien
von St. Denis und Cluny erteilen, welche Besitzungen und
demgemäss regelmässige Verbindungen nicht nur in allen
Teilen Frankreichs, sondern auch in Italien, Spanien, Eng-
land und in Deutschland hatten.

Aber noch während der Kreuzzüge begann auch der
Handel die Anfänge eines Botendienstes einzurichten. Es
ist dies eine naturgemässe Entwickelung, welche fast von
allen Schriftstellern nicht fest genug im Auge behalten
wird; namentlich bei den französischen Schriftstellern findet
sie zu wenig Beachtung. Durchgängig nämlich wissen

(an dem aber die übrige Aussenwelt das »profanum vul-
gus« keinen bestimmungsgemässen Anteil hatte).

Die Organisation eines regelmässigen Botendienstes
und die Route, für welche eine solche erfolgte, war ge-
geben: einmal durch die Pilgerzüge nach berühmten Wall-
fahrtsorten
z. B. zwischen Bordeaux und Jerusalem,
oder (s. Itineraris von da l’Herba und Codogno) zwischen
Loreto und S. Jago di Compostela; sodann durch das In-
stitut, welches für die Nachrichtenvermittlung durch den
Botendienst ausgeschaltet wurde: es sind das die regel-
mässig die städtischen Messen aufsuchenden Kaufmanns-
züge, endlich durch den ständigen Tauschverkehr, den
die binnenländischen Handelsstädte mit den Seestädten
unterhielten.

Zuerst wohl stellte sich das Bedürfnis für einen Boten-
dienst bei den frühesten Kulturzentren, nämlich den Klö-
stern
ein, und zwar bei den Stammsitzen der verschiedenen
Orden, der Benediktiner-Klöster im Verkehr mit ihren Able-
gern und Sukkursalen, ferner zwischen den reichen Abteien
und ihren in der ganzen Welt zerstreuten Besitzungen, sodann
zwischen den Deutschordensrittern und ihren weit entlegenen
Komthureien, endlich zwischen den Gebetsbrüderschaften
(s. unten Anlage V) untereinander. Aufschlüsse über die
früheste Zeit dürften die Urkundensammlungen der Abteien
von St. Denis und Cluny erteilen, welche Besitzungen und
demgemäss regelmässige Verbindungen nicht nur in allen
Teilen Frankreichs, sondern auch in Italien, Spanien, Eng-
land und in Deutschland hatten.

Aber noch während der Kreuzzüge begann auch der
Handel die Anfänge eines Botendienstes einzurichten. Es
ist dies eine naturgemässe Entwickelung, welche fast von
allen Schriftstellern nicht fest genug im Auge behalten
wird; namentlich bei den französischen Schriftstellern findet
sie zu wenig Beachtung. Durchgängig nämlich wissen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0069" n="53"/>
(an dem aber die übrige Aussenwelt das »profanum vul-<lb/>
gus« keinen bestimmungsgemässen Anteil hatte).</p><lb/>
          <p>Die Organisation eines <hi rendition="#g">regelmässigen</hi> Botendienstes<lb/>
und die <hi rendition="#g">Route,</hi> für welche eine solche erfolgte, war ge-<lb/>
geben: einmal durch die Pilgerzüge nach berühmten <hi rendition="#g">Wall-<lb/>
fahrtsorten</hi> z. B. zwischen Bordeaux und Jerusalem,<lb/>
oder (s. Itineraris von da l&#x2019;Herba und Codogno) zwischen<lb/>
Loreto und S. Jago di Compostela; sodann durch das In-<lb/>
stitut, welches für die Nachrichtenvermittlung durch den<lb/>
Botendienst ausgeschaltet wurde: es sind das die regel-<lb/>
mässig die <hi rendition="#g">städtischen</hi> Messen aufsuchenden Kaufmanns-<lb/>
züge, endlich durch den ständigen Tauschverkehr, den<lb/>
die binnenländischen Handelsstädte mit den <hi rendition="#g">Seestädten</hi><lb/>
unterhielten.</p><lb/>
          <p>Zuerst wohl stellte sich das Bedürfnis für einen Boten-<lb/>
dienst bei den frühesten Kulturzentren, nämlich den <hi rendition="#g">Klö-<lb/>
stern</hi> ein, und zwar bei den Stammsitzen der verschiedenen<lb/>
Orden, der Benediktiner-Klöster im Verkehr mit ihren Able-<lb/>
gern und Sukkursalen, ferner zwischen den reichen Abteien<lb/>
und ihren in der ganzen Welt zerstreuten Besitzungen, sodann<lb/>
zwischen den Deutschordensrittern und ihren weit entlegenen<lb/>
Komthureien, endlich zwischen den Gebetsbrüderschaften<lb/>
(s. unten Anlage V) untereinander. Aufschlüsse über die<lb/>
früheste Zeit dürften die Urkundensammlungen der Abteien<lb/>
von St. Denis und Cluny erteilen, welche Besitzungen und<lb/>
demgemäss regelmässige Verbindungen nicht nur in allen<lb/>
Teilen Frankreichs, sondern auch in Italien, Spanien, Eng-<lb/>
land und in Deutschland hatten.</p><lb/>
          <p>Aber noch während der Kreuzzüge begann auch der<lb/><hi rendition="#g">Handel</hi> die Anfänge eines Botendienstes einzurichten. Es<lb/>
ist dies eine naturgemässe Entwickelung, welche fast von<lb/>
allen Schriftstellern nicht fest genug im Auge behalten<lb/>
wird; namentlich bei den französischen Schriftstellern findet<lb/>
sie zu wenig Beachtung. Durchgängig nämlich wissen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0069] (an dem aber die übrige Aussenwelt das »profanum vul- gus« keinen bestimmungsgemässen Anteil hatte). Die Organisation eines regelmässigen Botendienstes und die Route, für welche eine solche erfolgte, war ge- geben: einmal durch die Pilgerzüge nach berühmten Wall- fahrtsorten z. B. zwischen Bordeaux und Jerusalem, oder (s. Itineraris von da l’Herba und Codogno) zwischen Loreto und S. Jago di Compostela; sodann durch das In- stitut, welches für die Nachrichtenvermittlung durch den Botendienst ausgeschaltet wurde: es sind das die regel- mässig die städtischen Messen aufsuchenden Kaufmanns- züge, endlich durch den ständigen Tauschverkehr, den die binnenländischen Handelsstädte mit den Seestädten unterhielten. Zuerst wohl stellte sich das Bedürfnis für einen Boten- dienst bei den frühesten Kulturzentren, nämlich den Klö- stern ein, und zwar bei den Stammsitzen der verschiedenen Orden, der Benediktiner-Klöster im Verkehr mit ihren Able- gern und Sukkursalen, ferner zwischen den reichen Abteien und ihren in der ganzen Welt zerstreuten Besitzungen, sodann zwischen den Deutschordensrittern und ihren weit entlegenen Komthureien, endlich zwischen den Gebetsbrüderschaften (s. unten Anlage V) untereinander. Aufschlüsse über die früheste Zeit dürften die Urkundensammlungen der Abteien von St. Denis und Cluny erteilen, welche Besitzungen und demgemäss regelmässige Verbindungen nicht nur in allen Teilen Frankreichs, sondern auch in Italien, Spanien, Eng- land und in Deutschland hatten. Aber noch während der Kreuzzüge begann auch der Handel die Anfänge eines Botendienstes einzurichten. Es ist dies eine naturgemässe Entwickelung, welche fast von allen Schriftstellern nicht fest genug im Auge behalten wird; namentlich bei den französischen Schriftstellern findet sie zu wenig Beachtung. Durchgängig nämlich wissen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/69
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/69>, abgerufen am 06.05.2024.