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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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Anlage 15 zu oben S. 118.
Die Taxis'sche Post unmittelbar vor ihrer Auf-
hebung
.

Obiges zur geschichtlichen Richtigstellung. Noch in frischer
Erinnerung ist, dass das Taxis'sche Privatmonopol wie ein vor-
sintflutliches Petrefakt in den modernen Verkehr hereinragte.
Während heutzutage jedes Regal seine Existenzberechtigung nur
in dem gemeinnützigen Dienst finden kann, bestand der Zweck
dieses Privat-Monopols lediglich darin, dem Inhaber ein Jahres-
einkommen von einer (nach einigen sogar von zwei) Millionen M.
zu liefern. Schon gemäss dieser veralteten Zweckbestimmung
musste es als ein Hemmschuh jeder rationellen Fortentwicke-
lung, als ein parasitisches Gebilde am Staatskörper gelten. Na-
mentlich im fünften Jahrzehnt dieses Jahrhunderts häuften sich
mehr und mehr die Klagen über die Monopolpreise und son-
stigen Missbräuche der Taxis'schen Post, wie sie z. B. Braun,
Wiesbaden (F. V. 1865, H. 4) geschildert hat; eine Broschüre
aus dem Jahre 1865 "zur deutschen Postreform", Bremen, S. 52,
resumiert: "Allen Wünschen und Anträgen auf Verbesserung
des Postwesens und der Lage der Postbeamten stellt Taxis sei-
nen Generalpostmeister D. entgegen; zerrissen fallen alle Peti-
tionen zu Boden; mit völliger Nichtachtung der öffentlichen
Meinung betreibt Taxis sein Postinstitut; in dem Kampfe gegen
die auflebende Postreform greift Taxis zu Rüstzeug und Waffen,
welche ihre Wirkung gegen ihn selbst äussern. So rächt sich
schnell und unerbittlich ein System, welches ohne alle Rück-
sicht auf die Pflichten gegen das Gemeinwohl in eigennütziger
Weise nur egoistische Sonderinteressen verfolgt -- die Besei-
tigung der Taxis'schen Post ist überall nur noch eine Frage der
Zeit." Diese blosse "Zeitfrage" fand ihre Erledigung im Jahre

Anlage 15 zu oben S. 118.
Die Taxis’sche Post unmittelbar vor ihrer Auf-
hebung
.

Obiges zur geschichtlichen Richtigstellung. Noch in frischer
Erinnerung ist, dass das Taxis’sche Privatmonopol wie ein vor-
sintflutliches Petrefakt in den modernen Verkehr hereinragte.
Während heutzutage jedes Regal seine Existenzberechtigung nur
in dem gemeinnützigen Dienst finden kann, bestand der Zweck
dieses Privat-Monopols lediglich darin, dem Inhaber ein Jahres-
einkommen von einer (nach einigen sogar von zwei) Millionen M.
zu liefern. Schon gemäss dieser veralteten Zweckbestimmung
musste es als ein Hemmschuh jeder rationellen Fortentwicke-
lung, als ein parasitisches Gebilde am Staatskörper gelten. Na-
mentlich im fünften Jahrzehnt dieses Jahrhunderts häuften sich
mehr und mehr die Klagen über die Monopolpreise und son-
stigen Missbräuche der Taxis’schen Post, wie sie z. B. Braun,
Wiesbaden (F. V. 1865, H. 4) geschildert hat; eine Broschüre
aus dem Jahre 1865 »zur deutschen Postreform«, Bremen, S. 52,
resumiert: »Allen Wünschen und Anträgen auf Verbesserung
des Postwesens und der Lage der Postbeamten stellt Taxis sei-
nen Generalpostmeister D. entgegen; zerrissen fallen alle Peti-
tionen zu Boden; mit völliger Nichtachtung der öffentlichen
Meinung betreibt Taxis sein Postinstitut; in dem Kampfe gegen
die auflebende Postreform greift Taxis zu Rüstzeug und Waffen,
welche ihre Wirkung gegen ihn selbst äussern. So rächt sich
schnell und unerbittlich ein System, welches ohne alle Rück-
sicht auf die Pflichten gegen das Gemeinwohl in eigennütziger
Weise nur egoistische Sonderinteressen verfolgt — die Besei-
tigung der Taxis’schen Post ist überall nur noch eine Frage der
Zeit.« Diese blosse »Zeitfrage« fand ihre Erledigung im Jahre

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[[216]/0232] Anlage 15 zu oben S. 118. Die Taxis’sche Post unmittelbar vor ihrer Auf- hebung. Obiges zur geschichtlichen Richtigstellung. Noch in frischer Erinnerung ist, dass das Taxis’sche Privatmonopol wie ein vor- sintflutliches Petrefakt in den modernen Verkehr hereinragte. Während heutzutage jedes Regal seine Existenzberechtigung nur in dem gemeinnützigen Dienst finden kann, bestand der Zweck dieses Privat-Monopols lediglich darin, dem Inhaber ein Jahres- einkommen von einer (nach einigen sogar von zwei) Millionen M. zu liefern. Schon gemäss dieser veralteten Zweckbestimmung musste es als ein Hemmschuh jeder rationellen Fortentwicke- lung, als ein parasitisches Gebilde am Staatskörper gelten. Na- mentlich im fünften Jahrzehnt dieses Jahrhunderts häuften sich mehr und mehr die Klagen über die Monopolpreise und son- stigen Missbräuche der Taxis’schen Post, wie sie z. B. Braun, Wiesbaden (F. V. 1865, H. 4) geschildert hat; eine Broschüre aus dem Jahre 1865 »zur deutschen Postreform«, Bremen, S. 52, resumiert: »Allen Wünschen und Anträgen auf Verbesserung des Postwesens und der Lage der Postbeamten stellt Taxis sei- nen Generalpostmeister D. entgegen; zerrissen fallen alle Peti- tionen zu Boden; mit völliger Nichtachtung der öffentlichen Meinung betreibt Taxis sein Postinstitut; in dem Kampfe gegen die auflebende Postreform greift Taxis zu Rüstzeug und Waffen, welche ihre Wirkung gegen ihn selbst äussern. So rächt sich schnell und unerbittlich ein System, welches ohne alle Rück- sicht auf die Pflichten gegen das Gemeinwohl in eigennütziger Weise nur egoistische Sonderinteressen verfolgt — die Besei- tigung der Taxis’schen Post ist überall nur noch eine Frage der Zeit.« Diese blosse »Zeitfrage« fand ihre Erledigung im Jahre

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. [216]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/232>, abgerufen am 07.05.2024.