Nachfolger der Taxis als der Begründer der Reichspost steht: gewiss war Dr. Stephan der für die Errichtung der Reichspostanstalt befähigte und berufene Mann. Aber wir erinnern uns doch dabei, dass es nicht schwer fiel, mit stetig wachsenden Mitteln und bei stetiger Hochkonjuktur, in der die Post mit dem enormen Anwachsen des Verkehrs, trotz zeitweilig geringer Rentabilität steht -- etwas zu schaffen und zu erreichen. Ein anderer Vergleich, der vielleicht zutreffender erscheint, bietet sich in der Verwal- tung irgend einer aufstrebenden Stadt dar: aller Orten werden einer solchen, sobald sie eine Neuerung einführt, Kompli- mente gemacht, und doch wird sie von einer Zeit getragen, in der die Mittel und Köpfe nur zuströmen, in der sich alles von selbst macht und man sich nur nicht in den Weg zu stellen braucht. In gleicher Lage, wie ein solcher Orts- vorstand ein Jahrzehnt lang, befanden sich die Taxis mit der aufkommenden Geldwirtschaft, im grossen und ganzen Jahrhunderte lang. Und doch werden die besonderen Ver- dienste des Taxis'schen Hauses ebenso wie die der gross- städtischen Verwaltung noch in fernen Tagen gerühmt werden.
Allerdings war es ein bedeutsamer Fortschritt, dass die Taxis einen internationalen Briefkurs zu Stande brachten, ja schon für sich, innerhalb ihrer Familie, einen Art Welt- postverein darstellten, und dies zu einer Zeit, da jeder Reichs- stand eifersüchtig darauf hielt, dass kein fremder Kurier durch sein Gebiet nach dem angrenzenden Lande transi- tierte. Allerdings mögen ferner die Nachkommen des Franz v. Taxis an den Hauptplätzen des damaligen Weltverkehrs sich einen weiteren Blick angeeignet haben; auch ist an- zuerkennen, dass schon Mitte des 16. Jahrhunderts, und für Deutschland von 1595 an die Durchführung der Postorgani- sation eine beachtenswerte, für jene Zeiten eisenbahnähn- liche Schnelligkeit zeigt. Aber dies ist weniger das Ver- dienst der Familie oder gar nur eines einzelnen Mannes,
Nachfolger der Taxis als der Begründer der Reichspost steht: gewiss war Dr. Stephan der für die Errichtung der Reichspostanstalt befähigte und berufene Mann. Aber wir erinnern uns doch dabei, dass es nicht schwer fiel, mit stetig wachsenden Mitteln und bei stetiger Hochkonjuktur, in der die Post mit dem enormen Anwachsen des Verkehrs, trotz zeitweilig geringer Rentabilität steht — etwas zu schaffen und zu erreichen. Ein anderer Vergleich, der vielleicht zutreffender erscheint, bietet sich in der Verwal- tung irgend einer aufstrebenden Stadt dar: aller Orten werden einer solchen, sobald sie eine Neuerung einführt, Kompli- mente gemacht, und doch wird sie von einer Zeit getragen, in der die Mittel und Köpfe nur zuströmen, in der sich alles von selbst macht und man sich nur nicht in den Weg zu stellen braucht. In gleicher Lage, wie ein solcher Orts- vorstand ein Jahrzehnt lang, befanden sich die Taxis mit der aufkommenden Geldwirtschaft, im grossen und ganzen Jahrhunderte lang. Und doch werden die besonderen Ver- dienste des Taxis’schen Hauses ebenso wie die der gross- städtischen Verwaltung noch in fernen Tagen gerühmt werden.
Allerdings war es ein bedeutsamer Fortschritt, dass die Taxis einen internationalen Briefkurs zu Stande brachten, ja schon für sich, innerhalb ihrer Familie, einen Art Welt- postverein darstellten, und dies zu einer Zeit, da jeder Reichs- stand eifersüchtig darauf hielt, dass kein fremder Kurier durch sein Gebiet nach dem angrenzenden Lande transi- tierte. Allerdings mögen ferner die Nachkommen des Franz v. Taxis an den Hauptplätzen des damaligen Weltverkehrs sich einen weiteren Blick angeeignet haben; auch ist an- zuerkennen, dass schon Mitte des 16. Jahrhunderts, und für Deutschland von 1595 an die Durchführung der Postorgani- sation eine beachtenswerte, für jene Zeiten eisenbahnähn- liche Schnelligkeit zeigt. Aber dies ist weniger das Ver- dienst der Familie oder gar nur eines einzelnen Mannes,
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Nachfolger der Taxis als der Begründer der Reichspost
steht: gewiss war Dr. Stephan der für die Errichtung der
Reichspostanstalt befähigte und berufene Mann. Aber wir
erinnern uns doch dabei, dass es nicht schwer fiel, mit
stetig wachsenden Mitteln und bei stetiger Hochkonjuktur,
in der die Post mit dem enormen Anwachsen des Verkehrs,
trotz zeitweilig geringer Rentabilität steht — etwas zu
schaffen und zu erreichen. Ein anderer Vergleich, der
vielleicht zutreffender erscheint, bietet sich in der Verwal-
tung irgend einer aufstrebenden Stadt dar: aller Orten werden
einer solchen, sobald sie eine Neuerung einführt, Kompli-
mente gemacht, und doch wird sie von einer Zeit getragen,
in der die Mittel und Köpfe nur zuströmen, in der sich
alles von selbst macht und man sich nur nicht in den Weg
zu stellen braucht. In gleicher Lage, wie ein solcher Orts-
vorstand ein Jahrzehnt lang, befanden sich die Taxis mit
der aufkommenden Geldwirtschaft, im grossen und ganzen
Jahrhunderte lang. Und doch werden die besonderen Ver-
dienste des Taxis’schen Hauses ebenso wie die der gross-
städtischen Verwaltung noch in fernen Tagen gerühmt werden.
Allerdings war es ein bedeutsamer Fortschritt, dass
die Taxis einen internationalen Briefkurs zu Stande brachten,
ja schon für sich, innerhalb ihrer Familie, einen Art Welt-
postverein darstellten, und dies zu einer Zeit, da jeder Reichs-
stand eifersüchtig darauf hielt, dass kein fremder Kurier
durch sein Gebiet nach dem angrenzenden Lande transi-
tierte. Allerdings mögen ferner die Nachkommen des Franz
v. Taxis an den Hauptplätzen des damaligen Weltverkehrs
sich einen weiteren Blick angeeignet haben; auch ist an-
zuerkennen, dass schon Mitte des 16. Jahrhunderts, und für
Deutschland von 1595 an die Durchführung der Postorgani-
sation eine beachtenswerte, für jene Zeiten eisenbahnähn-
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/124>, abgerufen am 30.07.2024.
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