sondern mehr das Zeichen und die Folge der herannahen- den Neuzeit, der gesteigerten Nachfrage nach Verkehrs- mitteln. Die Taxis erwiesen sich von jeher als gute Ge- schäftsleute und gewannen noch vom Weltverkehr, der die beste Schule für wirtschaftliche Einrichtungen bildet. Eine gute, findige, energische Geschäftsführung -- darin besteht die ganze Gemeinnützigkeit. Es wird immer übersehen, dass die Post von allem Anfang an einen selbständigen reellen Kapitalwert repräsentierte, als rentable Kapital-An- lage namentlich in Spanien (s. Oviedos Bericht v. 1490) längst anerkannt war, dementsprechend alle sogen. "Opfer" der Taxis nichts anderes als spekulative Kapital-Anlagen darstellen. Die Familie Taxis bezog ja bis 1570 einen aus- kömmlichen Gehalt von dem spanischen König und nament- lich nach 1595 aus dem "reformierten" Betrieb sehr be- deutende Rein-Einnahmen (s. unten Anlage XIV). Das ist eine Gemeinnützigkeit, die jedes andere Gewerbe auch aus- übt, ein Ruhmestitel, den jeder spekulative Kopf beanspruchen könnte; ein guter "Verdienst" ist noch lange nicht ein Ver- dienst um das Gemeinwohl. Mit der Aufnahme der Privatbe- förderung und allgemeinen Zugänglichkeit erlangte die Taxis'- sche Anstalt einen gemeinwirtschaftlichen, aber damit noch nicht einen gemeinnützigen Charakter. Beide Begriffe werden zwar -- wie auch heute noch -- schon in einem Erlass des Kurfürsten von Mainz von 1617, des Protektors der Taxis'schen Post, in taktisch kluger Weise miteinander ver- mengt. Heutzutage aber kommt noch dazu die anachro- nistische Begriffsverwechslung, wonach man gemeinnützigen Sinn, wie man ihn heutzutage bei einem gemeinwirtschaft- lichen, öffentlichen Institut als selbstverständlich voraussetzt, auch von einem mittelalterlichen, nutzbaren Domaniallehen erwartet. Gerade die Entstehungsgeschichte des Taxis'schen Lehens dürfte über den angeblich "gemeinwirtschaftlichen" Charakter der modernen Verkehrsmittel, womit deren Mo-
sondern mehr das Zeichen und die Folge der herannahen- den Neuzeit, der gesteigerten Nachfrage nach Verkehrs- mitteln. Die Taxis erwiesen sich von jeher als gute Ge- schäftsleute und gewannen noch vom Weltverkehr, der die beste Schule für wirtschaftliche Einrichtungen bildet. Eine gute, findige, energische Geschäftsführung — darin besteht die ganze Gemeinnützigkeit. Es wird immer übersehen, dass die Post von allem Anfang an einen selbständigen reellen Kapitalwert repräsentierte, als rentable Kapital-An- lage namentlich in Spanien (s. Oviedos Bericht v. 1490) längst anerkannt war, dementsprechend alle sogen. »Opfer« der Taxis nichts anderes als spekulative Kapital-Anlagen darstellen. Die Familie Taxis bezog ja bis 1570 einen aus- kömmlichen Gehalt von dem spanischen König und nament- lich nach 1595 aus dem »reformierten« Betrieb sehr be- deutende Rein-Einnahmen (s. unten Anlage XIV). Das ist eine Gemeinnützigkeit, die jedes andere Gewerbe auch aus- übt, ein Ruhmestitel, den jeder spekulative Kopf beanspruchen könnte; ein guter »Verdienst« ist noch lange nicht ein Ver- dienst um das Gemeinwohl. Mit der Aufnahme der Privatbe- förderung und allgemeinen Zugänglichkeit erlangte die Taxis’- sche Anstalt einen gemeinwirtschaftlichen, aber damit noch nicht einen gemeinnützigen Charakter. Beide Begriffe werden zwar — wie auch heute noch — schon in einem Erlass des Kurfürsten von Mainz von 1617, des Protektors der Taxis’schen Post, in taktisch kluger Weise miteinander ver- mengt. Heutzutage aber kommt noch dazu die anachro- nistische Begriffsverwechslung, wonach man gemeinnützigen Sinn, wie man ihn heutzutage bei einem gemeinwirtschaft- lichen, öffentlichen Institut als selbstverständlich voraussetzt, auch von einem mittelalterlichen, nutzbaren Domaniallehen erwartet. Gerade die Entstehungsgeschichte des Taxis’schen Lehens dürfte über den angeblich »gemeinwirtschaftlichen« Charakter der modernen Verkehrsmittel, womit deren Mo-
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sondern mehr das Zeichen und die Folge der herannahen-
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mitteln. Die Taxis erwiesen sich von jeher als gute Ge-
schäftsleute und gewannen noch vom Weltverkehr, der die
beste Schule für wirtschaftliche Einrichtungen bildet. Eine
gute, findige, energische Geschäftsführung — darin besteht
die ganze Gemeinnützigkeit. Es wird immer übersehen,
dass die Post von allem Anfang an einen selbständigen
reellen Kapitalwert repräsentierte, als rentable Kapital-An-
lage namentlich in Spanien (s. Oviedos Bericht v. 1490)
längst anerkannt war, dementsprechend alle sogen. »Opfer«
der Taxis nichts anderes als spekulative Kapital-Anlagen
darstellen. Die Familie Taxis bezog ja bis 1570 einen aus-
kömmlichen Gehalt von dem spanischen König und nament-
lich nach 1595 aus dem »reformierten« Betrieb sehr be-
deutende Rein-Einnahmen (s. unten Anlage XIV). Das ist
eine Gemeinnützigkeit, die jedes andere Gewerbe auch aus-
übt, ein Ruhmestitel, den jeder spekulative Kopf beanspruchen
könnte; ein guter »Verdienst« ist noch lange nicht ein Ver-
dienst um das Gemeinwohl. Mit der Aufnahme der Privatbe-
förderung und allgemeinen Zugänglichkeit erlangte die Taxis’-
sche Anstalt einen gemeinwirtschaftlichen, aber damit noch
nicht einen gemeinnützigen Charakter. Beide Begriffe werden
zwar — wie auch heute noch — schon in einem Erlass
des Kurfürsten von Mainz von 1617, des Protektors der
Taxis’schen Post, in taktisch kluger Weise miteinander ver-
mengt. Heutzutage aber kommt noch dazu die anachro-
nistische Begriffsverwechslung, wonach man gemeinnützigen
Sinn, wie man ihn heutzutage bei einem gemeinwirtschaft-
lichen, öffentlichen Institut als selbstverständlich voraussetzt,
auch von einem mittelalterlichen, nutzbaren Domaniallehen
erwartet. Gerade die Entstehungsgeschichte des Taxis’schen
Lehens dürfte über den angeblich »gemeinwirtschaftlichen«
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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/125>, abgerufen am 22.11.2024.
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