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Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862.

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kaum ein Zweig z. B. der sogenannten home mission ohne mehr
oder weniger innige Beziehung oder zum Theil auch organische Ver-
bindung mit den Organen und Arbeiten des Revivals sein durfte.
Es genügt, hier z. B. auf die Predigten im Freien, in Theatern
und anderen profanen Localitäten und auf die sogenannten "Mitter-
nachtsversammlungen" (midnight meetings) zur Bekehrung der
Opfer der Prostitution hinzuweisen. Aber nicht blos auf diesen
Gebieten der inneren Mission ist die Revivalbewegung thätig, son-
dern auch aus den Stationen der äußeren oder Heidenmission unter
bekehrten Hindus und Südseeinsulanern wird von Gebetsversamm-
lungen u. s. w. ganz in dem Sinne und mit den Erscheinungen
berichtet, welche zu der Signatur des Revivals gerechnet werden.
Ja, die Jdee einer die entferntesten Enden der christlichen Welt
aller Zonen verbindenden Gebetsgemeinschaft zur Herbeiführung
einer allgemeinen Ausgießung des Heiligen Geistes, zu Stärkung,
Erweckung und Bekehrung aller im Glauben oder Wandel Schwachen,
Schlafenden oder Todten ist bekanntlich von Ostindien ausgegangen,
obgleich freilich das Moment der Fürbitte auch in die Ferne von
vorne herein sehr charakteristisch schon bei den amerikanischen und
irischen Revivals hervortrat und dann in London sich gleichsam
centralisirte. Endlich ist auch bei Gelegenheit der Elberfelder Er-
weckungen und neuerdings durch das Auftreten einiger der bedeu-
tendsten englischen Nevival-Notabilitäten in Paris, sowie durch
analoge Erscheinungen in Jtalien die Verbreitung der englischen
Propaganda auch auf dem Festlande constatirt. Das sind indessen
nur sehr schwache Anfänge, deren eventuelle Zukunft ganz entschieden
von der Frage bedingt wird, auf welche ich später um so ausführ-
licher zurückkommen muß, da sie für uns gerade die Hauptfrage ist,
nämlich: wie wird, soll, darf in Deutschland diese Sache namentlich
von den amtlich oder sonst dazu berufenen Organen und Vertretern
der Kirche behandelt werden? --

Wenden wir uns nach den britischen Jnseln zurück, so steht
zunächst fest, daß die Bewegung, weit entfernt -- wie man bei uns
ziemlich allgemein auch in specifisch christlichen Kreisen annimmt --
stille zu stehen oder gar zu schwinden, vielmehr seit ihrem ersten
Ausbruch in Jrland und bis auf diese Stunde keinen Augenblick
aufgehört hat, sowohl in Jrland, als noch viel mehr in Wales,

kaum ein Zweig z. B. der ſogenannten home mission ohne mehr
oder weniger innige Beziehung oder zum Theil auch organiſche Ver-
bindung mit den Organen und Arbeiten des Revivals ſein durfte.
Es genügt, hier z. B. auf die Predigten im Freien, in Theatern
und anderen profanen Localitäten und auf die ſogenannten „Mitter-
nachtsverſammlungen‟ (midnight meetings) zur Bekehrung der
Opfer der Proſtitution hinzuweiſen. Aber nicht blos auf dieſen
Gebieten der inneren Miſſion iſt die Revivalbewegung thätig, ſon-
dern auch aus den Stationen der äußeren oder Heidenmiſſion unter
bekehrten Hindus und Südſeeinſulanern wird von Gebetsverſamm-
lungen u. ſ. w. ganz in dem Sinne und mit den Erſcheinungen
berichtet, welche zu der Signatur des Revivals gerechnet werden.
Ja, die Jdee einer die entfernteſten Enden der chriſtlichen Welt
aller Zonen verbindenden Gebetsgemeinſchaft zur Herbeiführung
einer allgemeinen Ausgießung des Heiligen Geiſtes, zu Stärkung,
Erweckung und Bekehrung aller im Glauben oder Wandel Schwachen,
Schlafenden oder Todten iſt bekanntlich von Oſtindien ausgegangen,
obgleich freilich das Moment der Fürbitte auch in die Ferne von
vorne herein ſehr charakteriſtiſch ſchon bei den amerikaniſchen und
iriſchen Revivals hervortrat und dann in London ſich gleichſam
centraliſirte. Endlich iſt auch bei Gelegenheit der Elberfelder Er-
weckungen und neuerdings durch das Auftreten einiger der bedeu-
tendſten engliſchen Nevival-Notabilitäten in Paris, ſowie durch
analoge Erſcheinungen in Jtalien die Verbreitung der engliſchen
Propaganda auch auf dem Feſtlande conſtatirt. Das ſind indeſſen
nur ſehr ſchwache Anfänge, deren eventuelle Zukunft ganz entſchieden
von der Frage bedingt wird, auf welche ich ſpäter um ſo ausführ-
licher zurückkommen muß, da ſie für uns gerade die Hauptfrage iſt,
nämlich: wie wird, ſoll, darf in Deutſchland dieſe Sache namentlich
von den amtlich oder ſonſt dazu berufenen Organen und Vertretern
der Kirche behandelt werden? —

Wenden wir uns nach den britiſchen Jnſeln zurück, ſo ſteht
zunächſt feſt, daß die Bewegung, weit entfernt — wie man bei uns
ziemlich allgemein auch in ſpecifiſch chriſtlichen Kreiſen annimmt —
ſtille zu ſtehen oder gar zu ſchwinden, vielmehr ſeit ihrem erſten
Ausbruch in Jrland und bis auf dieſe Stunde keinen Augenblick
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[9/0015] kaum ein Zweig z. B. der ſogenannten home mission ohne mehr oder weniger innige Beziehung oder zum Theil auch organiſche Ver- bindung mit den Organen und Arbeiten des Revivals ſein durfte. Es genügt, hier z. B. auf die Predigten im Freien, in Theatern und anderen profanen Localitäten und auf die ſogenannten „Mitter- nachtsverſammlungen‟ (midnight meetings) zur Bekehrung der Opfer der Proſtitution hinzuweiſen. Aber nicht blos auf dieſen Gebieten der inneren Miſſion iſt die Revivalbewegung thätig, ſon- dern auch aus den Stationen der äußeren oder Heidenmiſſion unter bekehrten Hindus und Südſeeinſulanern wird von Gebetsverſamm- lungen u. ſ. w. ganz in dem Sinne und mit den Erſcheinungen berichtet, welche zu der Signatur des Revivals gerechnet werden. Ja, die Jdee einer die entfernteſten Enden der chriſtlichen Welt aller Zonen verbindenden Gebetsgemeinſchaft zur Herbeiführung einer allgemeinen Ausgießung des Heiligen Geiſtes, zu Stärkung, Erweckung und Bekehrung aller im Glauben oder Wandel Schwachen, Schlafenden oder Todten iſt bekanntlich von Oſtindien ausgegangen, obgleich freilich das Moment der Fürbitte auch in die Ferne von vorne herein ſehr charakteriſtiſch ſchon bei den amerikaniſchen und iriſchen Revivals hervortrat und dann in London ſich gleichſam centraliſirte. Endlich iſt auch bei Gelegenheit der Elberfelder Er- weckungen und neuerdings durch das Auftreten einiger der bedeu- tendſten engliſchen Nevival-Notabilitäten in Paris, ſowie durch analoge Erſcheinungen in Jtalien die Verbreitung der engliſchen Propaganda auch auf dem Feſtlande conſtatirt. Das ſind indeſſen nur ſehr ſchwache Anfänge, deren eventuelle Zukunft ganz entſchieden von der Frage bedingt wird, auf welche ich ſpäter um ſo ausführ- licher zurückkommen muß, da ſie für uns gerade die Hauptfrage iſt, nämlich: wie wird, ſoll, darf in Deutſchland dieſe Sache namentlich von den amtlich oder ſonſt dazu berufenen Organen und Vertretern der Kirche behandelt werden? — Wenden wir uns nach den britiſchen Jnſeln zurück, ſo ſteht zunächſt feſt, daß die Bewegung, weit entfernt — wie man bei uns ziemlich allgemein auch in ſpecifiſch chriſtlichen Kreiſen annimmt — ſtille zu ſtehen oder gar zu ſchwinden, vielmehr ſeit ihrem erſten Ausbruch in Jrland und bis auf dieſe Stunde keinen Augenblick aufgehört hat, ſowohl in Jrland, als noch viel mehr in Wales,

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Zitationshilfe: Huber, Victor Aimé: Sieben Briefe über englisches Revival und deutsche Erweckung. Frankfurt (Main), 1862, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_revival_1862/15>, abgerufen am 26.04.2024.