Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht aus heiliger Auflehnungssucht gegen die de-
klamatorischen Beschreibungen der Rheinfarth,
diese Gegend nun wirklich mit der Schweiz zu
vergleichen. Durch einen besondern Umstand ver-
anlaßt, drang es sich mir aber doch, obschon oh-
ne alle Partheilichkeit, auf. Der Weg von Solo-
thurn nach Basel hat wirklich eine sonderbare
Aehnlichkeit von der Rheinfarth von Bingen nach
Coblenz, in so weit schroffe Felsen, und alte
Schlösser ihn karakterisiren. So wie man hier auf
dem Rhein, als der Tiefe eines Felsenthals fährt,
fährt man dort auf der Chaussee. Am Rhein sind
alle Fleckchen fruchtbarer Erde mühselig mit Re-
ben bepflanzt, auf der Schweizerstraße wächst auf
ihnen frei und fröhlich grünes Gras. Hier stehen
hart am Felsenufer rauchige Steinklumpen, wo
die Menschen aus schmutzigen Mauerlöchern her-
ausgucken; dort freundliche Hütten auf den klei-
nen Auen am klaren Bach. Dort fahre ich auf
staubigem, brennenden Felsweg, klimme herauf,
und klettre herab; hier gleitet der Nachen auf der
kräuselnden Fluth. Aber der Unterschied zwischen
den hohen Ufern, zwischen denen ich hier durch-
fahre, und den untern Stufen majestätischer
Bergreihen, zwischen denen ich dort hinschreite,

nicht aus heiliger Auflehnungsſucht gegen die de-
klamatoriſchen Beſchreibungen der Rheinfarth,
dieſe Gegend nun wirklich mit der Schweiz zu
vergleichen. Durch einen beſondern Umſtand ver-
anlaßt, drang es ſich mir aber doch, obſchon oh-
ne alle Partheilichkeit, auf. Der Weg von Solo-
thurn nach Baſel hat wirklich eine ſonderbare
Aehnlichkeit von der Rheinfarth von Bingen nach
Coblenz, in ſo weit ſchroffe Felſen, und alte
Schloͤſſer ihn karakteriſiren. So wie man hier auf
dem Rhein, als der Tiefe eines Felſenthals faͤhrt,
faͤhrt man dort auf der Chauſſee. Am Rhein ſind
alle Fleckchen fruchtbarer Erde muͤhſelig mit Re-
ben bepflanzt, auf der Schweizerſtraße waͤchſt auf
ihnen frei und froͤhlich gruͤnes Gras. Hier ſtehen
hart am Felſenufer rauchige Steinklumpen, wo
die Menſchen aus ſchmutzigen Mauerloͤchern her-
ausgucken; dort freundliche Huͤtten auf den klei-
nen Auen am klaren Bach. Dort fahre ich auf
ſtaubigem, brennenden Felsweg, klimme herauf,
und klettre herab; hier gleitet der Nachen auf der
kraͤuſelnden Fluth. Aber der Unterſchied zwiſchen
den hohen Ufern, zwiſchen denen ich hier durch-
fahre, und den untern Stufen majeſtaͤtiſcher
Bergreihen, zwiſchen denen ich dort hinſchreite,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="47"/>
nicht aus heiliger Auflehnungs&#x017F;ucht gegen die de-<lb/>
klamatori&#x017F;chen Be&#x017F;chreibungen der Rheinfarth,<lb/>
die&#x017F;e Gegend nun wirklich mit der Schweiz zu<lb/>
vergleichen. Durch einen be&#x017F;ondern Um&#x017F;tand ver-<lb/>
anlaßt, drang es &#x017F;ich mir aber doch, ob&#x017F;chon oh-<lb/>
ne alle Partheilichkeit, auf. Der Weg von Solo-<lb/>
thurn nach Ba&#x017F;el hat wirklich eine &#x017F;onderbare<lb/>
Aehnlichkeit von der Rheinfarth von Bingen nach<lb/>
Coblenz, in &#x017F;o weit &#x017F;chroffe Fel&#x017F;en, und alte<lb/>
Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er ihn karakteri&#x017F;iren. So wie man hier auf<lb/>
dem Rhein, als der Tiefe eines Fel&#x017F;enthals fa&#x0364;hrt,<lb/>
fa&#x0364;hrt man dort auf der Chau&#x017F;&#x017F;ee. Am Rhein &#x017F;ind<lb/>
alle Fleckchen fruchtbarer Erde mu&#x0364;h&#x017F;elig mit Re-<lb/>
ben bepflanzt, auf der Schweizer&#x017F;traße wa&#x0364;ch&#x017F;t auf<lb/>
ihnen frei und fro&#x0364;hlich gru&#x0364;nes Gras. Hier &#x017F;tehen<lb/>
hart am Fel&#x017F;enufer rauchige Steinklumpen, wo<lb/>
die Men&#x017F;chen aus &#x017F;chmutzigen Mauerlo&#x0364;chern her-<lb/>
ausgucken; dort freundliche Hu&#x0364;tten auf den klei-<lb/>
nen Auen am klaren Bach. Dort fahre ich auf<lb/>
&#x017F;taubigem, brennenden Felsweg, klimme herauf,<lb/>
und klettre herab; hier gleitet der Nachen auf der<lb/>
kra&#x0364;u&#x017F;elnden Fluth. Aber der Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen<lb/>
den hohen Ufern, zwi&#x017F;chen denen ich hier durch-<lb/>
fahre, und den untern Stufen maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;cher<lb/>
Bergreihen, zwi&#x017F;chen denen ich dort hin&#x017F;chreite,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0061] nicht aus heiliger Auflehnungsſucht gegen die de- klamatoriſchen Beſchreibungen der Rheinfarth, dieſe Gegend nun wirklich mit der Schweiz zu vergleichen. Durch einen beſondern Umſtand ver- anlaßt, drang es ſich mir aber doch, obſchon oh- ne alle Partheilichkeit, auf. Der Weg von Solo- thurn nach Baſel hat wirklich eine ſonderbare Aehnlichkeit von der Rheinfarth von Bingen nach Coblenz, in ſo weit ſchroffe Felſen, und alte Schloͤſſer ihn karakteriſiren. So wie man hier auf dem Rhein, als der Tiefe eines Felſenthals faͤhrt, faͤhrt man dort auf der Chauſſee. Am Rhein ſind alle Fleckchen fruchtbarer Erde muͤhſelig mit Re- ben bepflanzt, auf der Schweizerſtraße waͤchſt auf ihnen frei und froͤhlich gruͤnes Gras. Hier ſtehen hart am Felſenufer rauchige Steinklumpen, wo die Menſchen aus ſchmutzigen Mauerloͤchern her- ausgucken; dort freundliche Huͤtten auf den klei- nen Auen am klaren Bach. Dort fahre ich auf ſtaubigem, brennenden Felsweg, klimme herauf, und klettre herab; hier gleitet der Nachen auf der kraͤuſelnden Fluth. Aber der Unterſchied zwiſchen den hohen Ufern, zwiſchen denen ich hier durch- fahre, und den untern Stufen majeſtaͤtiſcher Bergreihen, zwiſchen denen ich dort hinſchreite,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/61
Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/61>, abgerufen am 24.11.2024.