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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Das Wetter, obschon es nicht recht freundlich
war, erlaubte uns, den ganzen Tag auf dem Ver-
decke zu sein; allein mein Plan, recht viel auf dem
Schiffe zu schreiben, recht still in mich gekehrt der
Gegend zu genießen, war ganz unausführbar.
Oft gelang es mir zwar, mich von den widrigen
Tönen und Gestalten um mich her, ganz abzu-
ziehen, und dann schaute ich um mich, und war
bei euch, und schweifte in der Vergangenheit um-
her, deren reiche Erinnerung sich vielfach an die
Gegenwart anknüpfte. -- Ja, ich hätte wahr-
scheinlich bei den günstigsten Umständen die Feder
nicht angerührt, nur mit mehr Ruhe und Genuß
hätte ich geschwärmt. Gewiß giebt es kein siche-
reres Mittel jeden Eindruck zu schwächen, als
wenn wir jeden vorkommenden Gegenstand mit
einem größern ähnlicher Gattung vergleichen. Mir
hat mancher Reisebeschreiber damit böse Laune ge-
macht, wenn er den plauischen Grund eine Alpen-
gegend, und die Elbe eine Silberfluth nannte.
Eine Menge solcher Vergleiche und Exklamationen
vom Ungeheuern, Majestätischen, Himmelhohen
und Grausenvollen, drängten sich mir bei unserer
Annäherung nach Bingen in das Gedächtniß, und
ich mußte recht eigentlich über mich wachen, um

Das Wetter, obſchon es nicht recht freundlich
war, erlaubte uns, den ganzen Tag auf dem Ver-
decke zu ſein; allein mein Plan, recht viel auf dem
Schiffe zu ſchreiben, recht ſtill in mich gekehrt der
Gegend zu genießen, war ganz unausfuͤhrbar.
Oft gelang es mir zwar, mich von den widrigen
Toͤnen und Geſtalten um mich her, ganz abzu-
ziehen, und dann ſchaute ich um mich, und war
bei euch, und ſchweifte in der Vergangenheit um-
her, deren reiche Erinnerung ſich vielfach an die
Gegenwart anknuͤpfte. — Ja, ich haͤtte wahr-
ſcheinlich bei den guͤnſtigſten Umſtaͤnden die Feder
nicht angeruͤhrt, nur mit mehr Ruhe und Genuß
haͤtte ich geſchwaͤrmt. Gewiß giebt es kein ſiche-
reres Mittel jeden Eindruck zu ſchwaͤchen, als
wenn wir jeden vorkommenden Gegenſtand mit
einem groͤßern aͤhnlicher Gattung vergleichen. Mir
hat mancher Reiſebeſchreiber damit boͤſe Laune ge-
macht, wenn er den plauiſchen Grund eine Alpen-
gegend, und die Elbe eine Silberfluth nannte.
Eine Menge ſolcher Vergleiche und Exklamationen
vom Ungeheuern, Majeſtaͤtiſchen, Himmelhohen
und Grauſenvollen, draͤngten ſich mir bei unſerer
Annaͤherung nach Bingen in das Gedaͤchtniß, und
ich mußte recht eigentlich uͤber mich wachen, um

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[46/0060] Das Wetter, obſchon es nicht recht freundlich war, erlaubte uns, den ganzen Tag auf dem Ver- decke zu ſein; allein mein Plan, recht viel auf dem Schiffe zu ſchreiben, recht ſtill in mich gekehrt der Gegend zu genießen, war ganz unausfuͤhrbar. Oft gelang es mir zwar, mich von den widrigen Toͤnen und Geſtalten um mich her, ganz abzu- ziehen, und dann ſchaute ich um mich, und war bei euch, und ſchweifte in der Vergangenheit um- her, deren reiche Erinnerung ſich vielfach an die Gegenwart anknuͤpfte. — Ja, ich haͤtte wahr- ſcheinlich bei den guͤnſtigſten Umſtaͤnden die Feder nicht angeruͤhrt, nur mit mehr Ruhe und Genuß haͤtte ich geſchwaͤrmt. Gewiß giebt es kein ſiche- reres Mittel jeden Eindruck zu ſchwaͤchen, als wenn wir jeden vorkommenden Gegenſtand mit einem groͤßern aͤhnlicher Gattung vergleichen. Mir hat mancher Reiſebeſchreiber damit boͤſe Laune ge- macht, wenn er den plauiſchen Grund eine Alpen- gegend, und die Elbe eine Silberfluth nannte. Eine Menge ſolcher Vergleiche und Exklamationen vom Ungeheuern, Majeſtaͤtiſchen, Himmelhohen und Grauſenvollen, draͤngten ſich mir bei unſerer Annaͤherung nach Bingen in das Gedaͤchtniß, und ich mußte recht eigentlich uͤber mich wachen, um

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/60>, abgerufen am 24.11.2024.